Laut der ZEWO-Spendenprognose 2023 zeichnet sich bei den Spendenvolumen ein Wachstumstrend ab. Wie hat sich das Spendenvolumen bei Pro Juventute in den vergangenen Jahren entwickelt?
In den Jahren 2020 und 2021 konnten wir erfreulicherweise eine Zunahme bei den Spenden verzeichnen. In den letzten beiden Jahren haben sich die Einnahmen auf diesem Niveau stabilisiert und betragen rund 17 Millionen Franken im Jahr. Rund die Hälfte unserer Spenden stammen von Privatpersonen, wofür ich als Direktorin von Pro Juventute in Zeiten steigender Unsicherheiten und zum Teil auch steigender Preise sehr dankbar bin. Ebenfalls stabil ist die Zusammenarbeit mit Unternehmen und Förderstiftungen, die zusammen rund einen Viertel der Spenden ausmachen. Die öffentliche Hand beteiligt sich an rund 23 Prozent unserer Einnahmen, der Rest entfällt auf Legate und Zuwendungen der Kirche.
Wie wirken sich Krisen wie die Pandemie oder der Krieg in der Ukraine auf die Spendeneinnahmen aus?
Als eine der grössten und ältesten Stiftungen für Kinder und Jugendliche in der Schweiz trat Pro Juventute während der Corona-Pandemie als Fürsprecherin der jungen Generation auf. Das war nötig, denn die Pandemie war mit Schulschliessungen, Kontaktbeschränkungen sowie den zeitweiligen Schliessungen von ausserschulischen Einrichtungen eine Herausforderung für Heranwachsende. Wir spürten dies in den Beratungszahlen der Notrufnummer 147, die sich im Vergleich zu vor der Pandemie um 70 Prozent erhöht haben. Inzwischen erleben wir eine Situation der Multikrise, die Kinder und Jugendliche beschäftigt. Während der Pandemie verzeichneten wir einen Zuwachs der Spenden und eine gestiegene Solidarität unserer Spender:innen, was uns sehr freut.
Unsere Zielgruppe erfordert von uns, innovativ zu sein und Angebote auf ihre Lebenswelt anzupassen. Dafür braucht es grosse Investitionen in Digitalisierung sowie in eine Präsenz auf den digitalen Plattformen
Nicole Platel, Direktorin Pro Juventute Schweiz
Wir haben jedoch gespürt, dass sich zum Beispiel mit dem Ukrainekrieg der Fokus der Spender:innen wieder verändert; wir haben keinen weiteren Zuwachs verzeichnet. Es geht uns da wie vielen Spendenorganisationen in der Schweiz: Manche Krisen unterstützen die eigenen Anliegen, andere lenken davon ab. Grundsätzlich sind wir mit unseren Aktivitäten eher krisenresistent. Dafür sind wir sehr dankbar.
Welche Rolle spielen bei Pro Juventute Legate und Grossspender:innen?
Rund fünf Prozent unserer Einnahmen stammen aus Legaten. Wir profitieren hier sicher von unserer langen Geschichte und grossen Bekanntheit bei vielen Menschen, die zum Beispiel für uns Briefmarken verkauft haben. Stiftungen sind für uns ein sehr wichtiger Sektor; in den letzten Jahren haben wir von Stiftungen, aber auch einzelnen Unternehmen Gelder für Innovationsprojekte erhalten. Diese Offenheit ist für uns sehr wichtig. Unsere Zielgruppe, die Kinder und Jugendlichen, erfordert von uns, innovativ zu sein und Angebote auf ihre Lebenswelt anzupassen. Dafür braucht es grosse Investitionen in Digitalisierung sowie in eine Präsenz auf den digitalen Plattformen, wo sich Jugendlichen bewegen, aktuell vor allem TikTok. Diese Bereiche sind ressourcenintensive und langfristige Engagements.
Welche Kanäle nutzen Sie für den Kontakt zu potenziellen Spender:innen?
Wir nutzen eine Fülle an Kanälen, möchten aber unsere Administrativkosten auch möglichst tief halten. Über Aktivitäten der Stiftung berichten wir zum Beispiel im «Futura», dem Magazin für unsere Spender:innen. Den Unternehmen und Stiftungen stehen Kontaktpersonen von Pro Juventute zur Verfügung. Um neue Spender:innen zu gewinnen, setzen wir, wie viele andere auch, auf Informationsstände und Door-to-Door-Kampagnen.
Wie stark nutzt Pro Juventute digitale Kanäle und KI?
Die digitalen Kanäle spielen für Pro Juventute eine verstärkte Rolle. In diesem Bereich besteht sicher noch Potenzial. Wir konnten erste Erfolge während der Corona-Pandemie im Herbst/Winter 2021 verzeichnen. Die Neuentwicklungen im Bereich von Künstlicher Intelligenz verfolgen wir gerade auch als Kinder- und Jugendorganisation aufmerksam.
«Spenden» ist der Themenschwerpunkt der aktuellen Ausgabe von The Philanthropist.