Nicole Platel, Direktorin Pro Juventute, Bild: zVg Pro Juventute

«Während der Pande­mie ist die Soli­da­ri­tät gestiegen»

Der aktuelle Schwerpunkt von The Philanthropist dreht sich um das Thema Spenden. Zu diesem Anlass haben wir verschiedenen gemeinnützigen Organisationen fünf Fragen gestellt, um Einblick in ihre individuellen Erfahrungen zu erhalten. Für Pro Juventute ist uns Direktorin Nicole Platel Rede und Antwort gestanden.

Laut der ZEWO-Spen­den­pro­gnose 2023 zeich­net sich bei den Spen­den­vo­lu­men ein Wachs­tums­trend ab. Wie hat sich das Spen­den­vo­lu­men bei Pro Juven­tute in den vergan­ge­nen Jahren entwickelt?

In den Jahren 2020 und 2021 konn­ten wir erfreu­li­cher­weise eine Zunahme bei den Spen­den verzeich­nen. In den letz­ten beiden Jahren haben sich die Einnah­men auf diesem Niveau stabi­li­siert und betra­gen rund 17 Millio­nen Fran­ken im Jahr. Rund die Hälfte unse­rer Spen­den stam­men von Privat­per­so­nen, wofür ich als Direk­to­rin von Pro Juven­tute in Zeiten stei­gen­der Unsi­cher­hei­ten und zum Teil auch stei­gen­der Preise sehr dank­bar bin. Eben­falls stabil ist die Zusam­men­ar­beit mit Unter­neh­men und Förder­stif­tun­gen, die zusam­men rund einen Vier­tel der Spen­den ausma­chen. Die öffent­li­che Hand betei­ligt sich an rund 23 Prozent unse­rer Einnah­men, der Rest entfällt auf Legate und Zuwen­dun­gen der Kirche. 

Wie wirken sich Krisen wie die Pande­mie oder der Krieg in der Ukraine auf die Spen­den­ein­nah­men aus?

Als eine der gröss­ten und ältes­ten Stif­tun­gen für Kinder und Jugend­li­che in der Schweiz trat Pro Juven­tute während der Corona-Pande­mie als Fürspre­che­rin der jungen Gene­ra­tion auf. Das war nötig, denn die Pande­mie war mit Schul­schlies­sun­gen, Kontakt­be­schrän­kun­gen sowie den zeit­wei­li­gen Schlies­sun­gen von ausser­schu­li­schen Einrich­tun­gen eine Heraus­for­de­rung für Heran­wach­sende. Wir spür­ten dies in den Bera­tungs­zah­len der Notruf­num­mer 147, die sich im Vergleich zu vor der Pande­mie um 70 Prozent erhöht haben. Inzwi­schen erle­ben wir eine Situa­tion der Multi­krise, die Kinder und Jugend­li­che beschäf­tigt. Während der Pande­mie verzeich­ne­ten wir einen Zuwachs der Spen­den und eine gestie­gene Soli­da­ri­tät unse­rer Spender:innen, was uns sehr freut. 

Unsere Ziel­gruppe erfor­dert von uns, inno­va­tiv zu sein und Ange­bote auf ihre Lebens­welt anzu­pas­sen. Dafür braucht es grosse Inves­ti­tio­nen in Digi­ta­li­sie­rung sowie in eine Präsenz auf den digi­ta­len Plattformen

Nicole Platel, Direk­to­rin Pro Juven­tute Schweiz

Wir haben jedoch gespürt, dass sich zum Beispiel mit dem Ukrai­ne­krieg der Fokus der Spender:innen wieder verän­dert; wir haben keinen weite­ren Zuwachs verzeich­net. Es geht uns da wie vielen Spen­den­or­ga­ni­sa­tio­nen in der Schweiz: Manche Krisen unter­stüt­zen die eige­nen Anlie­gen, andere lenken davon ab. Grund­sätz­lich sind wir mit unse­ren Akti­vi­tä­ten eher krisen­re­sis­tent. Dafür sind wir sehr dankbar. 

Welche Rolle spie­len bei Pro Juven­tute Legate und Grossspender:innen?

Rund fünf Prozent unse­rer Einnah­men stam­men aus Lega­ten. Wir profi­tie­ren hier sicher von unse­rer langen Geschichte und gros­sen Bekannt­heit bei vielen Menschen, die zum Beispiel für uns Brief­mar­ken verkauft haben. Stif­tun­gen sind für uns ein sehr wich­ti­ger Sektor; in den letz­ten Jahren haben wir von Stif­tun­gen, aber auch einzel­nen Unter­neh­men Gelder für Inno­va­ti­ons­pro­jekte erhal­ten. Diese Offen­heit ist für uns sehr wich­tig. Unsere Ziel­gruppe, die Kinder und Jugend­li­chen, erfor­dert von uns, inno­va­tiv zu sein und Ange­bote auf ihre Lebens­welt anzu­pas­sen. Dafür braucht es grosse Inves­ti­tio­nen in Digi­ta­li­sie­rung sowie in eine Präsenz auf den digi­ta­len Platt­for­men, wo sich Jugend­li­chen bewe­gen, aktu­ell vor allem TikTok. Diese Berei­che sind ressour­cen­in­ten­sive und lang­fris­tige Engagements.

Welche Kanäle nutzen Sie für den Kontakt zu poten­zi­el­len Spender:innen? 

Wir nutzen eine Fülle an Kanä­len, möch­ten aber unsere Admi­nis­tra­tiv­kos­ten auch möglichst tief halten. Über Akti­vi­tä­ten der Stif­tung berich­ten wir zum Beispiel im «Futura», dem Maga­zin für unsere Spender:innen. Den Unter­neh­men und Stif­tun­gen stehen Kontakt­per­so­nen von Pro Juven­tute zur Verfü­gung. Um neue Spender:innen zu gewin­nen, setzen wir, wie viele andere auch, auf Infor­ma­ti­ons­stände und Door-to-Door-Kampagnen. 

Wie stark nutzt Pro Juven­tute digi­tale Kanäle und KI?

Die digi­ta­len Kanäle spie­len für Pro Juven­tute eine verstärkte Rolle. In diesem Bereich besteht sicher noch Poten­zial. Wir konn­ten erste Erfolge während der Corona-Pande­mie im Herbst/Winter 2021 verzeich­nen. Die Neuent­wick­lun­gen im Bereich von Künst­li­cher Intel­li­genz verfol­gen wir gerade auch als Kinder- und Jugend­or­ga­ni­sa­tion aufmerksam. 


«Spen­den» ist der Themen­schwer­punkt der aktu­el­len Ausgabe von The Philanthropist.

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