Förderungen sind von einem asymmetrischen Machtverhältnis geprägt: Die eine Seite hat Mittel und Erwartungen, die andere Seite benötigt Ressourcen und steht unter Erfolgsdruck. Das zeigt sich auch im Berichtswesen. Für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit braucht es Vertrauen und Wertschätzung bei geringem administrativem Mehraufwand. Diese Qualitäten können Stiftungen durch direkten Austausch während der gesamten Förderungsdauer sicherstellen.
Warum Oral Reporting?
Die SKKG möchte eine gute Partnerin sein, die Zusammenarbeit stärken, aus den Projekten lernen und den Akteur:innen Zeit sparen. Damit reagiert sie auch auf die Grantee-Befragung des CEPS aus 2019. Unter anderem hat sie entschieden, auf schriftliche Projektberichte zu verzichten und Oral Reportings einzuführen. Gemeinsam mit Lea Buck, Azurit Foundation, und Michaela Wintrich, Unternehmerstiftung für Chancengerechtigkeit, wurde ein Arbeitspapier entwickelt, das das Instrument beschreibt. Das Dokument ist öffentlich und kann online eingesehen werden, die Förderungsempfänger:innen kennen es von Anfang an. Wer mag, kann Änderungs- und Ergänzungsvorschläge machen: www.oralreporting.info
Oral Reporting über Oral Reporting
Seit einem Jahr sammelt die SKKG damit Erfahrungen, 28 Gespräche sind bereits geführt worden. Es zeigt sich: Die Gespräche fördern gegenseitiges Vertrauen und ermöglichen eine positive Fehlerkultur. Für diesen Beitrag wagen wir einen Selbstversuch und testen drei Fragen aus dem Arbeitspapier im Gespräch mit uns selbst. Über den QR-Code kann das gesamte Reporting zwischen Christine Müller Stalder, SKKG, und Theresa Gehringer, SKKG, nachgehört werden.
Info:
We love Kulturerbe: Die Förderung der SKKG richtet sich an Institutionen und Projekte, die sich mit der Partizipation im Kulturerbe beschäftigen. Bei der Förderung sind uns eine kooperative Haltung, Innovation und Mut zum Risiko, Transparenz und Wirksamkeit wichtig. www.skkg.ch
Frage 1: Wie geht’s, wie steht’s?
Auch bei uns ist im Frühjahr der klassische Moment, um auf die Förderungen des vergangenen Jahres zurückzuschauen. Mit derzeit über 30 Förderungsempfänger:innen kommt der Oral-Reporting- Fragebogen fast jede Woche zum Einsatz. Wir planen in der Regel 90 Minuten ein, passen uns dabei aber bei jedem Gespräch an die Bedürfnisse der geförderten Organisation an. Wir führen die Gespräche entweder vor Ort, bei uns in Winterthur oder digital. Im Anschluss bereiten wir das Protokoll für und mit dem Feedback unserer Gesprächspartner:innen auf. Damit sparen wir unseren Förderungsempfänger:innen viel Zeit. Wir selbst können uns mit der Wirkung unserer Förderung nochmals intensiv auseinandersetzen. Oral Reporting ist also ein Instrument, mit dem wir viel und trotz des Mehraufwands auf unserer Seite sehr gerne arbeiten. Die Rückmeldungen sind durchwegs positiv: überrascht, dass wir uns als Stiftung so viel Zeit nehmen und uns auch für Dinge interessieren, die ausserhalb des geförderten Vorhabens liegen; begeistert, ein Gegenüber zu haben, mit dem das Vorhaben reflektiert und weiterentwickelt werden kann; und dankbar, dass wir ihnen damit Anerkennung und Wertschätzung für ihre Arbeit entgegenbringen.
Frage 2: Was habt ihr gestern, heute, morgen realisieren können?
An dieser Stelle interessieren wir uns normalerweise für die erreichten Outputs und Outcomes. Wir selbst können durch die Oral Reportings eine engere und vertrauensvolle Beziehung zu den Museen aufbauen und hören auch von alltäglichen, internen oder strategischen Chancen und Herausforderungen. Wir verstehen das als «Magie des Gesprächs». Für uns ist das in zweifacher Hinsicht wert-voll: Es ermöglicht uns, Förderungsmittel noch gezielter und wirkungsvoller einzusetzen und durch die enge Anbindung auch mit Expertisen zu unterstützen. Wir lenken den Fokus im Gespräch auf das, was unsere Förderung ermöglicht und auslöst, und nicht auf die Dinge, die wir als Geldgeberin vermeintlich in Reports hören wollen.
Frage 3: Was würde euchwirklich helfen?
Unsere Lieblingsfrage als gute Fee! Die häufigste Antwort: mehr finanzielle Ressourcen! Doch nach kurzer Denkpause kommen ihnen noch ganz andere Ideen in den Sinn. So wie auch uns zum Oral Reporting. Der Methode würde es helfen, wenn sie von mehr Institutionen genutzt würde. Warum nicht auch gemeinsam? Dies, damit diejenigen Ressourcen aufseiten der Empfänger:innen freigesetzt werden können, die zurzeit noch durch die Erstellung vieler separater Berichte gebunden sind. Ausserdem hilft das mündliche Reporting, neue Themen in ihrer Komplexität aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Diesen grossen Erfahrungsschatz möchten wir gerne mit der Community teilen und das Format Oral Reporting weiterentwickeln.
Zu den Personen:
Christine Müller, Rahel Stauffiger und Theresa Gehringer sind Mitarbeiterinnen der SKKG. Sie beschäftigen sich mit der Partizipation im Kulturerbe, wobei Rahel Stauffiger als Leiterin sich vertieft mit Prozessen befasst und Christine Müller und Theresa Gehringer die Förderzusammenarbeit mitgestalten. Zusammen mit den Förderungsempfänger:innen diskutieren sie neue Ansätze.
Ressourcen:
Das Gespräch in voller Länge und der Fragebogen: www.oralreporting.info
Mitarbeiten am Oral Reporting Arbeitspapier: