Im SoziÂalÂbeÂreich engaÂgieÂren sich verschieÂdene Akteure. Welche Vorteile bringt das und was können die verschieÂdeÂnen Akteure voneinÂanÂder lernen? Welche GemeinÂsamÂkeiÂten zwischen den FördeÂrern braucht es, damit eine KoopeÂraÂtion erfolgÂreich ist?
Die moderne Schweiz ist seit 150 Jahren geprägt vom SubsiÂdiaÂriÂtätsÂprinÂzip. Dieser «GesellÂschaftsÂverÂtrag» wurde als GrundÂsatz in die BundesÂverÂfasÂsung von 1848 aufgeÂnomÂmen. Er regelt das ZusamÂmenÂspiel zwischen Staat, Markt und ZivilÂgeÂsellÂschaft, stärkt die SelbstÂbeÂstimÂmung sowie die EigenÂverÂantÂworÂtung. Das poliÂtiÂsche, gesellÂschaftÂliÂche und soziale Modell der Schweiz basiert damit auf dem freiÂwilÂliÂgen EngaÂgeÂment der BevölÂkeÂrung.
FreiÂwilÂligÂkeit und ZivilÂgeÂsellÂschaft versteÂhen sich in der Schweiz nicht als GegenÂsatz zum Staat, sondern als ErgänÂzung, allenÂfalls als KorrekÂtiv und als InnoÂvaÂtiÂonsÂort. Während der Staat in erster Linie für den VollÂzug der gesetzÂliÂchen GrundÂlaÂgen verantÂwortÂlich ist, liegt die InnoÂvaÂtiÂonsÂkraft für neue Impulse oft bei der ZivilÂgeÂsellÂschaft. Diese gestalÂtet den gesellÂschaftÂliÂchen Wandel aktiv mit. EinwohÂneÂrinÂnen und EinwohÂner unseÂres Landes handeln als ZivilÂgeÂsellÂschaft öffentÂlich, gemeinÂnütÂzig und selbstÂorÂgaÂniÂsiert. Sie agieÂren dabei nicht als FamiÂliÂenÂmitÂglieÂder, ArbeitÂnehÂmende oder StaatsÂanÂgeÂstellte, sondern in der Rolle als «CitoyÂenne» oder «Citoyen», zum Beispiel als VereinsÂmitÂglieÂder oder Stifterinnen.
Die Frage, wer in unseÂrer GesellÂschaft welche AufgaÂben überÂnimmt, ist – mit Ausnahme gewisÂser KernÂaufÂgaÂben des StaaÂtes – nicht fest gereÂgelt und wird immer wieder neu gestellt. Oft sieht die ZivilÂgeÂsellÂschaft Lücken im System, ergreift die InitiaÂtive und lanciert dazu eine AktiÂviÂtät, die nicht selten nach einiÂgen Jahren von der öffentÂliÂchen Hand überÂnomÂmen wird. Zum Beispiel wurden MittagsÂtiÂsche für Kinder oft von FrauÂenÂverÂeiÂnen durchÂgeÂführt. InzwiÂschen sind diese bspw. im Kanton Zürich gesetzÂlich veranÂkert. Oder die öffentÂliÂche Hand deleÂgiert AufgaÂben mit einem LeisÂtungsÂaufÂtrag an die ZivilÂgeÂsellÂschaft. WohinÂgeÂgen der Markt vor allem dann eingreift, wenn er damit etwas verdieÂnen kann, wie bspw. private Kinderkrippen.
Die Kultur des GegenÂübers kennen
Oft spielt die ZivilÂgeÂsellÂschaft den InnoÂvaÂtiÂonsÂmoÂtor. Ihre Akteure können RisiÂken eingeÂhen, vergleichsÂweise schnell agieÂren und etwa ein PilotÂvorÂhaÂben aufbauen, auswerÂten und skalieÂren. FörderÂstifÂtunÂgen sind ein Teil der ZivilÂgeÂsellÂschaft. Sie haben im Rahmen ihres StifÂtungsÂzwecks die MöglichÂkeit, neue InitiaÂtiÂven unbüÂroÂkraÂtisch zu unterÂstütÂzen und VorhaÂben zu ermögÂliÂchen, die noch nicht mehrÂfach getesÂtet und instiÂtuÂtioÂnaÂliÂsiert sind. Die öffentÂliÂche Hand braucht für ihr Handeln jedoch eine gesetzÂliÂche GrundÂlage und ist der ÖffentÂlichÂkeit gegenÂüber rechenÂschaftsÂpflichÂtig. Sie kann weniÂger RisiÂken eingeÂhen. Die Prozesse sind deshalb oft langÂsam und aus Sicht der ZivilÂgeÂsellÂschaft auch oft etwas träge. Aber auch die Mission, die SteueÂrung und die AufgaÂben diffeÂrieÂren stark. AngeÂsichts der KompleÂxiÂtät der HerausÂforÂdeÂrunÂgen ist das ZusamÂmenÂspiel verschieÂdeÂner Akteure wichÂtig und unabÂdingÂbar. Dies gelingt umso besser, je mehr Wissen über die Kultur des GegenÂübers vorhanÂden ist. Dies ist die Basis der oft zitierÂten «AugenÂhöhe» in KoopeÂraÂtioÂnen. Egal wer mit wem zusamÂmenÂarÂbeiÂtet – StifÂtunÂgen unterÂeinÂanÂder, mit ihren FörderÂpartÂnern, mit Staat oder WirtÂschaft –, die KenntÂnis der Rolle des GegenÂübers, das respektÂvolle VerständÂnis für dessen Mission, LegiÂtiÂmaÂtion und KompeÂtenz ermögÂliÂchen erst den MehrÂwert des MiteinÂanÂders. Viele FörderÂorÂgaÂniÂsaÂtioÂnen, die im soziaÂlen Bereich tätig sind, suchen Projekte, die innoÂvaÂtiv sind und am Anfang ihrer EntwickÂlung stehen. Dabei geht vergesÂsen, dass soziale Projekte oft eine längere LaufÂzeit haben. Darum ist es wichÂtig, auch KonsoÂliÂdieÂrungs- und TransÂforÂmaÂtiÂonsÂproÂzesse zu fördern.
Neue, gemeinÂsame Betrachtungsweise
FörderÂstifÂtunÂgen und ‑orgaÂniÂsaÂtioÂnen sollÂten miteinÂanÂder darüber nachÂdenÂken, was «FördeÂrung im SoziÂalÂbeÂreich» eigentÂlich heisst. EinerÂseits, indem der Blick auf das einzelne VorhaÂben in den HinterÂgrund rückt zugunsÂten einer neuen BetrachÂtungsÂweise zur Frage, ob es die zu unterÂstütÂzende OrgaÂniÂsaÂtion geneÂrell braucht. Oder was die FördeÂrer konkret dazu beitraÂgen können, dass die unterÂstützte OrgaÂniÂsaÂtion wirkungsÂoriÂenÂtiert und effiÂziÂent agieÂren und ihre AufgaÂben erfülÂlen kann. AndeÂrerÂseits sind aber auch neue, gemeinÂsame FörderÂmoÂdelle zu diskuÂtieÂren, wie zum Beispiel gemeinÂsame FinanÂzieÂrunÂgen (grösÂsere HebelÂwirÂkung) oder auch NachÂfolÂgeÂfiÂnanÂzieÂrunÂgen (StifÂtunÂgen überÂnehÂmen nachÂeinÂanÂder die FinanÂzieÂrung einzelÂner ProjektÂphaÂsen).
Damit die ZusamÂmenÂarÂbeit gelingt, braucht es ein gemeinÂsaÂmes Ziel, eine klare DefiÂniÂtion der Rollen, ZuverÂläsÂsigÂkeit, einen sorgÂfälÂtiÂgen Umgang unterÂeinÂanÂder, eine transÂpaÂrente KommuÂniÂkaÂtion, WirkungsÂoriÂenÂtieÂrung und vor allem viel Vertrauen. Vertrauen passiert nicht einfach so, es muss erarÂbeiÂtet und immer wieder gemeinÂsam weiterÂentÂwiÂckelt werden. Es ist eine InvesÂtiÂtion in die ZusamÂmenÂarÂbeit, die sich lohnt, zum MehrÂwert aller. Vertrauen ist die GrundÂlage jeder guten KoopeÂraÂtion und wenn diese gelingt, dann ist der MehrÂwert für alle gross: Kontrolle ist gut, Vertrauen noch viel besser.