Vergangene Woche hat der Bundesrat ein im Auftrag des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) erstelltes Rechtsgutachten von Professor Oliver Diggelmann zur Verfolgung der Jenischen und Sinti zur Kenntnis genommen. Der Bundesrat anerkennt, «dass die im Rahmen des ‹Hilfswerks für die Kinder der Landstrasse› erfolgte Verfolgung der Jenischen und Sinti nach Massgabe des heutigen Völkerrechts als ‹Verbrechen gegen die Menschlichkeit› zu bezeichnen ist», schreibt er in einer Mitteilung. Für das begangenen Unrecht bekräftigt er die 2013 ausgesprochene Entschuldigung. Auslöser für das Gutachten waren das Ersuchen der «Union des Associations et des Représentants des Nomades Suisses» (UARNS) um Anerkennung eines Völkermoders an den Schweizer Jenischen und Sinti sowie jenes der Radgenossenschaft der Landstrasse um Anerkennung eines «kulturellen Genozids».
Bereitschaft für weiteren Dialog und Aufarbeitung
In einer Stellungnahme begrüsst Pro Juventute das unabhängige Gutachten. Sie anerkennt, dass «Hilfswerks Kinder der Landstrasse» ein dunkles Kapitel in ihrer Geschichte darstellt. Pro Juventute bittet die Betroffenen und ihre Familien erneut um Entschuldigung für das Leid, das sie verursacht hat und das immer noch nachwirkt. «Wir erkennen an, dass die Kindswegnahmen bei jenischen Familien zwischen 1926 und 1973 auf diskriminierenden Annahmen basierten, dass sie die Rechte von Kindern und ihren Familien in fundamentaler Weise verletzt haben und nun auch als ‹Verbrechen gegen die Menschlichkeit› zu bezeichnen sind.» Pro Juventute zeigt sich bereit, sich am Dialog und der weiteren Aufarbeitung mit den Betroffenen und den Behörden zu beteiligen.