Eine Woche nachdem die Taliban in Kabul einmarschiert sind bleibt die Lage unübersichtlich. Die Aussichten für die Bevölkerung sind schwierig, gerade auch mit Blick auf die Zeit, wenn die letzten amerikanischen Truppen abgezogen sein werden. Vor Ort bleiben wird das UNHCR, das Flüchtlingshilfswerk der UNO. «Aktuell haben wir 200 Mitarbeitende in Afghanistan. Zusammen mit 13 nationalen NGO-Partnern können wir so Hilfeleistung vor Ort erbringen», sagt Anja Klug, UNHCR-Vertreterin für die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein.
Seit Anfang des Jahres wurden mehr als 550’000 Afghaninnen und Afghanen aufgrund der Konflikte und der Unsicherheit innerhalb des Landes vertrieben.
Anja Klug, UNHCR-Vertreterin für die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein.
Das UNHCR-Team ist Teil der UN-Vertretung in Afghanistan. Es hat den Lead in der Bereitstellung von Notunterkünften im Land. «Das Team ist gut vorbereitet, um vor Ort zu bleiben», sagt Anja Klug. So kann das UNHCR für die Menschen in Afghanistan in diesem herausfordernden und sich stetig verändernden Umfeld direkt humanitäre Hilfe leisten.
Grosse Flüchtlingsbewegungen
Während aktuell insbesondere die Menschen im Fokus stehen, die über den Flughafen Kabul verlassen wollen, sind in im ganzen Land grössere Flüchtlingsströme unterwegs. «Seit Anfang des Jahres wurden mehr als 550’000 Afghaninnen und Afghanen aufgrund der Konflikte und der Unsicherheit innerhalb des Landes vertrieben», ordnet Anja Klug ein. «Zivilisten gelang bislang nur vereinzelt die Flucht in die Nachbarländer Afghanistans. Und die Lage entwickelt sich rasant weiter», sagt sie. Allein in der Provinz Kabul sollen 120’000 Binnenvertrieben angekommen sein. UNHCR engagiert sich, um die Bedürfnisse dieser Menschen zu ermitteln. Dabei hilft das Team vor Ort mit Notunterkünften und weiteren Hilfsgütern. Insbesondere setzt es sich auch dafür ein, Frauen den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie der Gesundheitsversorgung weiter zu ermöglichen.

Prinzip der Nichtzurückweisung
Ein Hauptanliegen des UNHCR bleibt, dass die Afghaninnen und Afghanen, die auf der Flucht sind, einen sicheren Ort erreichen können und dass die Grenzen zu Nachbarländern offen bleiben. Aber Anja Klug richtet sich auch an die Länder in der ganzen Welt: «Weltweit werden Möglichkeiten zur Neuansiedlung von Afghaninnen und Afghanen im Rahmen des UNHCR-Programms von den teilnehmenden Regierungen festgelegt. Neben der Neuansiedlung ermutigt UNHCR Staaten wie die Schweiz, Anträge auf Familienzusammenführung von Afghanen, die bereits Verbindungen zu diesem Land haben, zu prüfen und nach Möglichkeit eine flexiblere und beschleunigte Bearbeitung anzuwenden.» Und sie erinnert an die rechtliche und moralische Verantwortung. «UNHCR verlangt, dass das Prinzip der Nichtzurückweisung jederzeit respektiert wird», sagt Anja Klug und ergänzt: «Das heisst, dass Menschen nicht in Gefahrensituationen zurückgebracht werden dürfen.»
Mehr Informationen zum Engagement der UNHCR in Afghanistan.