Markus Niederhäuser ist Leiter Weiterbildung am Institut für Angewandte Medienwissenschaft der ZHAW und Dozent, Forscher und Berater zu Themen der Organisationskommunikation, Bild: zVg ZHAW

Trend­stu­die digi­tale Trans­for­ma­tion: Tech­no­lo­gi­sches Know-How gewinnt in der Kommu­ni­ka­tion an Bedeutung

Die ZHAW/IAM hat Mitte April die Trendstudie Schweiz 2022 «Kommunikation in der digitalen Transformation» veröffentlicht. Sie soll Kommunikationsprofis in NPOs, grossen privaten und öffentlichen Unternehmen sowie in Verwaltungen einen Überblick über den Stand der technologischen Transformation geben. The Philanthropist hat Markus Niederhäuser, Leiter Weiterbildung am Institut für Angewandte Medienwissenschaft (IAM) der ZHAW und Co-Autor der Studie, zu den Ergebnissen befragt.

Sie haben für Ihre Trend­stu­die Schweiz 2022 «Kommu­ni­ka­tion in der digi­ta­len Trans­for­ma­tion» unter­schied­li­che Orga­ni­sa­tio­nen, Kommu­ni­ka­ti­ons­pro­fis in NPOs, gros­sen priva­ten und öffent­li­chen Unter­neh­men sowie in Verwal­tun­gen befragt. In welchen der befrag­ten Organisationen/Branchen ist neben der tech­no­lo­gi­schen Trans­for­ma­tion, die Kultur oder die Ände­rung der Haltung zur Digi­ta­li­sie­rung am weites­ten fortgeschritten?

Unsere Daten bezie­hen sich auf die Antwor­ten von 133 quan­ti­ta­tiv befrag­ten Kommu­ni­ka­ti­ons­lei­te­rin­nen und ‑leitern (CCOs) sowie auf 12 Inter­views mit ausge­wähl­ten Exper­tin­nen und Exper­ten. Rund 50 Prozent der befrag­ten CCOs reprä­sen­tie­ren grös­sere private Unter­neh­men. Die andere Hälfte verteilt sich auf Verwal­tung, NPOs, staats­nahe Betriebe sowie Verbände. In Bezug auf einzelne Orga­ni­sa­ti­ons­ty­pen kann man wegen den klei­nen Fall­zah­len nur Tenden­zen festhalten. 

So schei­nen grosse klas­si­sche Wirt­schafts­un­ter­neh­men einen höhe­ren Trans­for­ma­ti­ons­grad aufzu­wei­sen als klei­nere Orga­ni­sa­tio­nen aus dem Non-Profit-Bereich. Die Daten zeigen, dass rund zwei Drit­tel aller befrag­ten Orga­ni­sa­tio­nen den Trans­for­ma­ti­ons­grad der Kommu­ni­ka­ti­ons­ab­tei­lung mit einem mitt­le­ren Wert beur­tei­len. Die digi­tale Trans­for­ma­tion ist also in vollem Gange. 

Kommu­ni­ka­ti­ons­pro­zesse können durch Auto­ma­ti­sie­rung und Künst­li­che Intel­li­genz beschleu­nigt werden. 

Markus Nieder­häu­ser, Co-Autor der Trendstudie

Der Bericht zeigt, dass insbe­son­dere Schnel­lig­keit an Bedeu­tung gewinnt. Wie gelingt die rich­tige Balance zwischen der Schnel­lig­keit in der Kommu­ni­ka­tion und der Präzi­sion bei der Botschaft?

Dies ist in der Tat eine grosse Heraus­for­de­rung für die Kommu­ni­ka­ti­ons­ver­ant­wort­li­chen. Ich möchte hier zwei Entwick­lun­gen nennen, die das Problem zu lösen versu­chen. Erstens haben viele Orga­ni­sa­tio­nen in den letz­ten Jahren einen Corpo­rate News­room einge­rich­tet. Dabei wird der Fokus auf eine stra­te­gisch abge­stimmte Theme­nagenda mit defi­nier­ten Kern­bot­schaf­ten gelegt. Die daraus entwi­ckel­ten Geschich­ten können dann über die verschie­de­nen Kommu­ni­ka­ti­ons­ka­näle an die Ziel­grup­pen ausge­spielt werden. Zwei­tens können die Kommu­ni­ka­ti­ons­pro­zesse durch Auto­ma­ti­sie­rung und Künst­li­che Intel­li­genz (KI) beschleu­nigt werden. Unsere Studie hat gezeigt, dass Auto­ma­ti­sie­rung vor allem in der Analyse bereits breite Anwen­dung findet. Die neus­ten Entwick­lun­gen um soge­nannte gene­ra­tive KI-Anwen­dun­gen wie ChatGPT könn­ten zu einem Auto­ma­ti­sie­rungs- und Effi­zi­enz­schub auch in der Text- und Bilder­stel­lung führen. Aller­dings gibt es dabei noch viele recht­li­che Unsi­cher­hei­ten. Zudem muss die Quali­tät und die «Präzi­sion der Botschaft» zwin­gend von Menschen über­prüft werden.

Der Bericht zeigt auch, dass die Kommunikationsspezialist:innen in den Betrie­ben die Digi­ta­li­sie­rung voran­trei­ben soll­ten. Was wird für Kommunikationsspezialist:innen künf­tig wich­ti­ger sein; tech­no­lo­gi­sche Hand­fer­tig­kei­ten oder die Kommu­ni­ka­ti­ons­kom­pe­ten­zen in allen Disziplinen?

Es steht ausser Frage, dass tech­no­lo­gi­sches Know-how für Kommu­ni­ka­ti­ons­ver­ant­wort­li­che enorm an Bedeu­tung gewinnt. Trotz­dem würde ich eine Lanze brechen für die urei­gene Aufgabe der Kommu­ni­ka­tion: nämlich über gutes Storytel­ling die Themen der Orga­ni­sa­tion mit den Lebens­wel­ten der Ziel­grup­pen zu verknüp­fen. Unsere Unter­su­chung hat auch gezeigt, dass die Kommu­ni­ka­ti­ons­ver­ant­wort­li­chen im kultu­rel­len Wandel der Orga­ni­sa­tion eine Schlüs­sel­rolle spie­len soll­ten – im Zusam­men­spiel mit der HR-Abtei­lung und der Unter­neh­mens­füh­rung. Ohne Zwei­fel eine Herku­les­auf­gabe.      

Sie haben vor allem CCOs von gros­sen Unter­neh­men befragt. Gibt es Erkennt­nisse, wie eine kleine gemein­nüt­zige Orga­ni­sa­tion mit wenig finan­zi­el­len und perso­nel­len Ressour­cen handeln soll?

In unse­ren Weiter­bil­dun­gen – bspw. im CAS Digi­tale Trans­for­ma­tion und Kommu­ni­ka­tion – sitzen in der Regel Kommu­ni­ka­ti­ons­pro­fis von gros­sen Unter­neh­men neben solchen von klei­nen und Kleinst­or­ga­ni­sa­tio­nen. Wir kennen also die entspre­chen­den Heraus­for­de­run­gen gut. Unsere Erfah­rung ist, dass viele Teil­neh­men­den trotz wenig Ressour­cen tolle Kommu­ni­ka­ti­ons­ar­beit machen. Für inno­va­tive Ideen braucht es nicht unbe­dingt die gros­sen Budgets. 

Alle Mitar­bei­ten­den einer Orga­ni­sa­tion sind ja poten­zi­elle Kommu­ni­ka­to­rin­nen und Kommunikatoren. 

Markus Nieder­häu­ser, Co-Autor der Trendstudie

Um hier noch einen weite­ren Weg aufzu­zei­gen: Alle Mitar­bei­ten­den einer Orga­ni­sa­tion sind ja poten­zi­elle Kommu­ni­ka­to­rin­nen und Kommu­ni­ka­to­ren. Wenn man diese entspre­chend befä­higt und auch moti­viert, über ihre Social-Media-Kanäle über die Themen der Orga­ni­sa­tion zu reden, gewinnt man unglaub­lich an Schub­kraft und Reichweite.


Trend­stu­die

Das Forschungs­pro­jekt «Kommu­ni­ka­tion in der digi­ta­len Trans­for­ma­tion» des Insti­tuts für Ange­wandte Medi­en­wis­sen­schaft der ZHAW ist als Trend­stu­die ange­legt und unter­sucht seit 2018 alle zwei Jahre den Zustand und den Entwick­lungs­be­darf der Unter­neh­mens­kom­mu­ni­ka­tion in der digi­ta­len Trans­for­ma­tion. Für die Trend­stu­die 2022 wurden 133 CCOs befragt sowie 12 Gesprä­che mit Expert:innen geführt. 

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