Die Schweiz ist Fairtrade-Weltmeisterin. Nirgendwo sonst auf der Welt ist der Konsum von Fairtrade-Produkten pro Kopf höher: konkret 112 Franken im Jahr 2024. Damit leisten Schweizer Unternehmen und unsere Bevölkerung einen wirkungsvollen Beitrag an die Stärkung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Bauern und Arbeiterinnen in Asien, Afrika und Lateinamerika.
Das bedeutet im Einzelnen: Zertifizierte Produzentinnen und Produzenten in Ländern des Globalen Südens konnten im letzten Jahr mehr Produkte wie Bananen, Kaffee, Kakao und Blumen zu Fairtrade-Bedingungen in die Schweiz verkaufen und erhielten zusätzlich über 13 Mio. USD an Fairtrade-Prämien, um selbstbestimmte lokale Entwicklungsprojekte umzusetzen. Dies sind wichtige Massnahmen im aktuell schwierigen Kontext hoher Produktionskosten, spürbarer Inflation und klimatischer Verschlechterungen. Und auch die signifikanten Preissteigerungen auf internationalen Märkten, insbesondere für Kakao und Kaffee, kommen wegen komplexer und intransparenter Handelsstrukturen nur teilweise bei Bäuerinnen und Arbeitern an.
Auch die neuen europäischen Gesetze zur Nachverfolgbarkeit von globalen Lieferketten, Einhaltung hoher Produktionsstandards, Bewertung von Risiken und Abliefern von Reportings bergen sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Die Sorgfaltspflicht bezüglich Menschenrechte und Umwelt kann nicht einfach von Nord nach Süd delegiert werden. Sonst fallen viele Bauern und Arbeiterinnen aus dem System und rutschen mit ihren Familien unweigerlich in die Armut ab.
Auch nützt es wenig, Kinderarbeit lediglich dadurch zu bekämpfen, indem man noch mehr Auditoren in die Produzentenländer schickt. Es braucht einen ganzheitlicheren Ansatz und vor allem die Unterstützung von Kooperativen, damit sie die Gesetze erfüllen können. Armut ist der wichtigste Treiber für Kinderarbeit und muss mit einem Bündel von Massnahmen wie Sensibilisierung, Ausbildung, existenzsichernde Einkommen und zielführende Projekte angegangen werden.
Ein Beispiel wie so ein zielführendes Projekt aussehen kann? In der Kooperative SOCAMEA in Côte d’Ivoire erhielten 125 Schulkinder Fahrräder, da ihr Schulweg zu lang und zu beschwerlich war und sie so öfter zu spät oder gar nicht zur Schule kamen. Eine Befragung der Eltern zeigte kürzlich, dass sich die Schulpräsenz ihrer Kinder verbessert hat.
In Phasen wirtschaftlicher Instabilität zeigen sich die Grundsätze des fairen Handels als stabilisierend, denn sie fördern eine ganzheitliche Nachhaltigkeit. Dazu gehören soziale, ökonomische und ökologische Standards, garantierte Mindestpreise als Sicherheitsnetz gegen Marktpreisschwankungen, transparente Handelsbeziehungen und zusätzliche Fairtrade-Prämien für Handlungsspielraum vor Ort. Ich glaube dran: The Future is fair.

Zur Person
Kathrin Amacker ist Präsidentin der Stiftung Fairtrade Max Havelaar Schweiz. Sie ist eine erfahrene Führungspersönlichkeit, war in leitenden Funktionen von börsenkotierten und staatsnahen Unternehmen tätig und ist ehemalige Nationalrätin. Heute ist sie Mitglied in Verwaltungsräten, Stiftungsräten und Vorständen, u. a. bei der Universität Basel, und als Präsidentin der Schweizer Branchenorganisation für Plastikrecycling RecyPac.


