Alexander Seifert, Hochschule für Soziale Arbeit, Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW

Studie «Digi­tal Seni­ors 2025»: Fast alle Senior:innen sind online

Pro Senectute Schweiz hat die Studie «Digital Seniors 2025» publiziert. Studienleiter Alexander Seifert, Hochschule für Soziale Arbeit, Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW, ordnet die Erkenntnisse ein.

Seit 2010 unter­sucht Pro Senec­tute Schweiz alle fünf Jahre die digi­tale Teil­habe älte­rer Menschen. Die Onlinen­ut­zung von Menschen über 65 ist seit­her von 38 Prozent auf 89 Prozent gestie­gen. Erwar­ten Sie, dass dieser Anteil weiter steigt und in fünf Jahren prak­tisch alle digi­tal unter­wegs sein werden?

Ich gehe davon aus, dass in den nächs­ten fünf Jahren noch mehr Menschen ab 65 Jahren das Inter­net regel­mäs­sig nutzen werden. Der Trend zur Digi­ta­li­sie­rung hat auch diese Alters­gruppe erreicht und wir beob­ach­ten eine stetig wach­sende Offen­heit gegen­über digi­ta­len Ange­bo­ten. Gleich­zei­tig dürfen wir nicht über­se­hen, dass die tech­ni­sche Entwick­lung in rasan­tem Tempo weiter voran­schrei­tet, beispiels­weise im Bereich der Künst­li­chen Intel­li­genz oder der digi­ta­len Assis­tenz­sys­teme. Das bedeu­tet: Auch wenn künf­tig die Mehr­heit der älte­ren Menschen online ist, wird der Umgang mit neuen, komple­xe­ren Tech­no­lo­gien für viele eine Heraus­for­de­rung blei­ben. Deshalb sind und blei­ben digi­tale Kompe­ten­zen in allen Alters­grup­pen ein zentra­les Thema. Nur so können wir eine inklu­sive digi­tale Gesell­schaft gestal­ten, in der niemand aufgrund fehlen­der Kennt­nisse abge­hängt wird.

Auch wenn künf­tig die Mehr­heit der älte­ren Menschen online ist, wird der Umgang mit neuen, komple­xe­ren Tech­no­lo­gien für viele eine Heraus­for­de­rung bleiben.

Alex­an­der Seifert, Hoch­schule für Soziale Arbeit, Fach­hoch­schule Nord­west­schweiz FHNW

Während Senior:innen digi­tale Geräte häufi­ger nutzen als vor fünf und zehn Jahren sinkt die Nutzung von Compu­tern auf den Wert von 2010. Hat Sie das über­rascht und wie erklä­ren Sie das?

Das hat mich ehrlich gesagt weni­ger über­rascht. Seit Jahren beob­ach­ten wir einen klaren Trend: Der statio­näre Compu­ter wird zuneh­mend durch mobile Endge­räte wie Smart­phones, Laptops oder Tablets ersetzt – und das gilt auch für ältere Menschen. Für viele ist es einfa­cher, sich in ein intui­tiv bedien­ba­res Gerät wie ein Tablet einzu­ar­bei­ten, als ein komple­xes Betriebs­sys­tem auf einem klas­si­schen Desk­top-Compu­ter zu erler­nen. Ausser­dem ist es heute nicht mehr zwin­gend erfor­der­lich, einen statio­nä­ren Compu­ter zu besit­zen. Viele alltäg­li­che Aufga­ben wie Online-Banking, Reise­bu­chun­gen oder Video­te­le­fo­nie lassen sich bequem und sicher über mobile Geräte erledigen.

Email und Info­su­che führen die Rang­liste der häufigs­ten Inter­net­an­wen­dun­gen an, Verkauf liegt am Ende. Unter­schei­det sich die Inter­net­nut­zung der Senior:innen von jener jünge­rer Menschen?

Ja, die Inter­net­nut­zung unter­schei­det sich deut­lich zwischen den verschie­de­nen Gene­ra­tio­nen. Während E‑Mails und die gezielte Infor­ma­ti­ons­su­che bei Perso­nen ab 65 Jahren – wie bei den jünge­ren Schweizer:innen – zu den am häufigs­ten genutz­ten Anwen­dun­gen zählen, zeigen sich Unter­schiede vor allem in den Berei­chen Online-Handel, Unter­hal­tung und soziale Medien. Jüngere Menschen – insbe­son­dere im Alter zwischen 18 und 30 Jahren – nutzen das Inter­net deut­lich häufi­ger für den Kauf und Verkauf von Waren, für On-Demand-Ange­bote wie Strea­ming­dienste, Media­the­ken oder Musik­platt­for­men sowie für soziale Netz­werke wie Insta­gram. Diese Ange­bote sind oft stär­ker in den Alltag jünge­rer Menschen inte­griert, während ältere Nutzer:innen tenden­zi­ell selek­ti­ver online sind.

Der gerin­gere Anteil an Internetnutzer:innen im sehr hohen Alter – etwa ab 85 Jahren – lässt sich vor allem damit erklä­ren, dass viele dieser Menschen während ihres Berufs­le­bens kaum oder gar nicht mit digi­ta­len Tech­no­lo­gien wie dem Inter­net in Kontakt gekom­men sind.

Je älter die Menschen sind, um so tiefer ist der Anteil jener, die das Inter­net nutzen. Sinkt der Anteil, weil die Menschen mit dem Alter aufhö­ren, diese Tech­no­lo­gie zu nutzen oder ist er tiefer, weil bei den älte­ren Senior:innen der Anteil jener grös­ser ist, die bereits im Beruf gar nie digi­tal unter­wegs waren?

Der gerin­gere Anteil an Internetnutzer:innen im sehr hohen Alter – etwa ab 85 Jahren – lässt sich vor allem damit erklä­ren, dass viele dieser Menschen während ihres Berufs­le­bens kaum oder gar nicht mit digi­ta­len Tech­no­lo­gien wie dem Inter­net in Kontakt gekom­men sind. Die Digi­ta­li­sie­rung setzte in vielen Berufs­fel­dern erst später ein, sodass diese Gene­ra­tion schlicht weni­ger Berüh­rungs­punkte mit digi­ta­len Medien hatte. Einige haben sich im höhe­ren Alter dennoch digi­tale Kompe­ten­zen ange­eig­net, aber das trifft nicht auf alle zu. Hinzu kommt eine persön­li­che Abwä­gung: Wer ein erfüll­tes sozia­les Leben führt und beispiels­weise regel­mäs­sig Freund:innen vor Ort im Verein trifft, stellt sich mögli­cher­weise die Frage, wozu zusätz­lich digi­tale Kommu­ni­ka­tion notwen­dig ist. Die Entschei­dung, das Inter­net nicht zu nutzen, ist also oft auch Ausdruck einer bewuss­ten Lebens­ge­stal­tung und nicht nur ein Zeichen von tech­ni­scher Überforderung.

Die Entschei­dung, das Inter­net nicht zu nutzen, ist also oft auch Ausdruck einer bewuss­ten Lebens­ge­stal­tung und nicht nur ein Zeichen von tech­ni­scher Überforderung.

Wie offen sind ältere Menschen für neue Technologien? 

Grund­sätz­lich sind auch ältere Menschen offen für neue Tech­no­lo­gien, denn Offen­heit ist keine Frage des Alters. Natür­lich gibt es in jeder Alters­gruppe Menschen, die neuen Entwick­lun­gen skep­tisch gegen­über­ste­hen. Bei Jünge­ren spielt häufig der beruf­li­che Kontext eine Rolle, in dem ein gewis­ser Druck besteht, sich mit den neues­ten Tech­no­lo­gien ausein­an­der­zu­set­zen. Im höhe­ren Alter hinge­gen besteht mehr Frei­heit in der Auswahl. Hier entschei­det oft der konkrete persön­li­che Nutzen. Eine neue Tech­no­lo­gie muss also durch ihren Mehr­wert über­zeu­gen und nicht allein durch ihre Neuheit. Gleich­zei­tig wird deut­lich: Digi­tale Kompe­ten­zen entwi­ckeln sich zuneh­mend zu einer lebens­lan­gen Lern­auf­gabe. Deshalb ist es wich­tig, alle Alters­grup­pen – auch im hohen Alter – in der digi­ta­len Bildung zu berück­sich­ti­gen und gezielt zu unterstützen.

Es geht also nicht nur um Tech­nik, sondern vor allem um Beglei­tung und Vertrauen.

Was hindert sie daran, neue Kanäle zu nutzen?

Für viele ältere Menschen ist es nicht selbst­ver­ständ­lich, neue digi­tale Kanäle einfach zu über­neh­men. Oft fehlt ein klar erkenn­ba­rer Mehr­wert. Wenn beispiels­weise deut­lich wird, dass man durch eine Video­ver­bin­dung nicht nur mit der Enke­lin in England tele­fo­nie­ren, sondern sie auch sehen kann, steigt die Moti­va­tion zur Nutzung einer Video­te­le­fo­nie erheb­lich. Gleich­zei­tig mangelt es häufig an Infor­ma­tio­nen und konkre­ten Einbli­cken in die Vorteile tech­ni­scher Lösun­gen. Wenn niemand zeigt, wie etwas funk­tio­niert und wozu es gut ist, bleibt der Zugang abstrakt. Zudem ist verläss­li­cher Support wich­tig, also Perso­nen, an die man sich bei Fragen wenden kann. Ohne diese Unter­stüt­zung blei­ben viele digi­tale Kanäle schwer zugäng­lich und damit auch weni­ger inter­es­sant. Es geht also nicht nur um Tech­nik, sondern vor allem um Beglei­tung und Vertrauen.


Studie «Digi­tal Seni­ors 2025»

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