THE PHILANTHROPIST: Wozu lancieÂren die ZKB und StiftungSchweiz den PerforÂmanceÂindex fĂĽr Stiftungen?
CHRISTOPH WEBER: Der Index wird helfen, TransÂpaÂrenz herzuÂstelÂlen. Welche Rendite ist möglich, mit welcher AnlaÂgeÂstraÂteÂgie kann ich arbeiÂten und was sind die UnterÂschiede zwischen einzelÂnen StifÂtunÂgen? Diese Themen gewinÂnen zunehÂmend an Bedeutung.
TP: Weshalb gerade jetzt?
CW: In der Schweiz gibt es in der BabyÂbooÂmer-GeneÂraÂtion viele vermöÂgende PersoÂnen. Wir sind jetzt in der Phase, in der die BabyÂbooÂmer sich mit dem VererÂben auseinÂanÂderÂsetÂzen. Rund 80 bis 90 MilliÂarÂden FranÂken werden sie jährÂlich vererÂben. Und diese GeneÂraÂtion hat selbst nicht unbeÂdingt viele Kinder. Die BabyÂbooÂmer stelÂlen sich die Frage, wie können wir das vorhanÂdene VermöÂgen sinnÂvoll fĂĽr die Zukunft invesÂtieÂren. Dies fĂĽhrt innerÂhalb der FamiÂlie zu DiskusÂsioÂnen, wie sie das Geld beispielsÂweise in StifÂtungsÂproÂjekte ĂĽberÂfĂĽhÂren können. Dieser Markt wird wachÂsen. Ein nachÂhalÂtiÂges Thema, das uns ĂĽber die nächsÂten 10 bis 20 Jahre erhalÂten bleiÂben wird.
TP: Und hier hilft der Index?
CW: Diese Menschen wollen etwas Gutes tun. Als Bank sind wir in Kontakt mit diesen KundinÂnen und Kunden. Wir können sie unterÂstĂĽtÂzen. Sie wollen spenÂden. Wir helfen, möglichst viel Wert und eine gute Rendite zu geneÂrieÂren. Dabei ist TransÂpaÂrenz entscheiÂdend. Wie bei den PensiÂonsÂkasÂsen haben wir nun einen Index fĂĽr StifÂtunÂgen, der dies ermöglicht.

TP: Sind StifÂtunÂgen und PensiÂonsÂkasÂsen bei ihren AnlaÂgen vergleichbar?
CW: Es gibt viele ĂĽberÂeinÂstimÂmende BedĂĽrfniskriterien.
TP: Was wären diese?
CW: Beide sind auf LangÂfrisÂtigÂkeit ausgeÂlegt. Beide wollen VermöÂgensÂerÂhalt, beide wollen SicherÂheit. PensiÂonsÂkasÂsen sind stark reguÂliert. StifÂtunÂgen kennen RegeÂlunÂgen gemäss ihren Stiftungsreglementen.
TP: Sind StifÂtunÂgen denn fĂĽr eine Bank dankÂbare Kunden?
CW: Gute Frage. Das hängt von der Optik ab, denn auf jeden Fall ist es anspruchsÂvoll. Wie erwähnt wollen StifÂtunÂgen ihr KapiÂtal schĂĽtÂzen. Ebenso besteht das BedĂĽrfÂnis nach einer möglichst grosÂsen Rendite. Wir sehen uns also mit zum Teil diverÂgieÂrenÂden ZielÂsetÂzunÂgen konfrontiert.
TP: Gerade in Zeiten mit NegaÂtivÂzinÂsen ist dies eine besonÂdere Herausforderung?
CW: StifÂtunÂgen mĂĽssen sich immer mehr mit der Frage beschäfÂtiÂgen, welches Risiko sie nehmen können und wollen. Ein höheÂrer AktiÂenÂanÂteil bedeuÂtet VolaÂtiÂliÂtät, die ins PortÂfoÂlio kommt. Als auf Geld noch fĂĽnf, sechs oder gar sieben Prozent Zinsen möglich waren, hatten wir eine andere SituaÂtion. Heute ist Cash allein keine Option mehr, um den StifÂtungsÂzweck zu erfĂĽllen.
TP: Wie lange wird diese SituaÂtion noch dauern?
CW: Die NegaÂtivÂzinsÂsiÂtuaÂtion kann noch länger dauern. Wir haben ein «new normal».
TP: Was bedeuÂtet dies fĂĽr Stiftungen?
CW: StifÂtunÂgen sind speziÂell expoÂniert – wie alle klasÂsiÂschen instiÂtuÂtioÂnelÂlen AnleÂger, die SicherÂheit brauÂchen. Nicht nur die LiquiÂdiÂtät ist betrofÂfen. Bei ObliÂgaÂtioÂnen kennen wir denselÂben Effekt: ObliÂgaÂtioÂnen mit einer gewisÂsen SicherÂheit und LaufÂzeit weisen eine negaÂtive Rendite auf.
TP: DafĂĽr haben sich Aktien 2019 gut entwickelt?
CW: Ja. Wir sehen Aktien mit guter DiviÂdenÂdenÂrenÂdite. Sie können statt in eine ObliÂgaÂtion mit Zinsen in eine Aktie mit DiviÂdenÂdenÂrenÂdite invesÂtieÂren. Aber Sie mĂĽssen bereit sein, die SchwanÂkunÂgen eines solchen AktiÂenÂportÂfoÂlios zu tragen. Wobei auch ObliÂgaÂtioÂnen nicht vor SchwanÂkunÂgen gefeit sind. Um hier die richÂtige AnlaÂgeÂstraÂteÂgie nutzen zu können, mĂĽssen StifÂtunÂgen – wichÂtiÂger Punkt – gewisse AnlaÂgeÂreÂgleÂmente entspreÂchend angeÂpasÂsen. Das bedingt allerÂdings eine richÂtige EinschätÂzung der KonseÂquenÂzen. Nicht jede StraÂteÂgie ist passend fĂĽr jede StifÂtung. Dies gilt es sehr indiÂviÂduÂell zu betrachÂten. Hier braucht es einen sehr profesÂsioÂnelÂlen Dialog zwischen der Bank und den StifÂtungsÂorÂgaÂnen. Die MitglieÂder der StifÂtungsÂräte stamÂmen nicht zwinÂgend aus der FinanzÂbranÂche. Dennoch tragen sie sehr viel VerantÂworÂtung mit ihren Entscheiden.
TP: Ist der Dialog einfaÂcher mit einem StifÂtungsÂrat oder einer StifÂtungsÂräÂtin mit einem HinterÂgrund aus der Finanzbranche?
CW: Es ist Aufgabe der Bank, die passende SpraÂche zu finden. UnabÂhänÂgig vom HinterÂgrund einer Person wollen wir ihr auf verständÂliÂche Art und Weise die releÂvanÂten KriteÂrien aufzeiÂgen, die es zu beachÂten gilt, um entspreÂchende AnlaÂgeÂentÂscheide zu trefÂfen. Ein gewisÂses FachÂwisÂsen hilft sicher und oft hat es in StifÂtunÂgen VertreÂter und VertreÂteÂrinÂnen, die bewusst so ausgeÂsucht wurden.
TP: Sind StifÂtungsÂräte bereit, risiÂkoÂreiÂcher zu invesÂtieÂren, weil es nicht ihr Geld ist – oder sind sie gar ängstlicher?
CW: Ich wĂĽrde nicht den Begriff ängstÂlich wählen. Ich wĂĽrde es verantÂworÂtungsÂvoll nennen. Alle, die in einer StifÂtung zustänÂdig sind fĂĽr diese FrageÂstelÂlung wollen fĂĽr die StifÂtung das Beste erreiÂchen. Die StifÂtungsÂräÂtin oder der StifÂtungsÂrat wĂĽrde privat vielÂleicht fĂĽr mehr PerforÂmance mehr Risiko nehmen. Die VerantÂworÂtung als StifÂtungsÂrat fĂĽhrt jedoch dazu, dass StifÂtunÂgen sehr ĂĽberÂlegt und wahrÂscheinÂlich in der Tendenz eher konserÂvaÂtiÂver unterÂwegs sind.
TP: Was zum Image der StifÂtungsÂbranÂche passt.
CW: Ja.
TP: Dies zeigt sich auch bei der Digitalisierung …
CW: … wesweÂgen ich persönÂlich ĂĽberÂzeugt bin, dass unser EngaÂgeÂment bei StiftungSchweiz ein wichÂtiÂger Beitrag ist: Wir wollen nachÂhalÂtige LösunÂgen finden, um Gelder effiÂziÂent dortÂhin zu fĂĽhren, wo sie hingeÂhöÂren. Die PlattÂform passt hervorÂraÂgend zu unseÂren Werten wie impulsÂgeÂbend, verantÂworÂtungsÂvoll und leidenÂschaftÂlich. Wir wollen, dass sich etwas entwiÂckeln kann, das am Markt noch fehlt. Die PlattÂform von StiftungSchweiz und der PerforÂmanceÂindex werden helfen, die TransÂpaÂrenz zu erhöÂhen, um so qualiÂtaÂtiv richÂtige Entscheide zu fördern.
TP: Werden steiÂgende AnforÂdeÂrunÂgen der Aufsicht die DigiÂtaÂliÂsieÂrung der StifÂtunÂgen nicht zwangsÂläuÂfig fördern?
CW: Ein moderÂner StifÂtungsÂrat muss heute die Zeichen der Zeit erkenÂnen. Er kann nicht auf die Aufsicht warten. Er muss die Themen aus eigeÂner Kraft und ĂśberÂzeuÂgung voranÂtreiÂben. Es besteht HandÂlungsÂbeÂdarf bei der DigiÂtaÂliÂsieÂrung und der ProfesÂsioÂnaÂliÂsieÂrung, gerade auch in Bezug auf die AnlaÂgen. Es ist wichÂtig, die EntscheiÂdungsÂträÂger fĂĽr diese Themen zu sensiÂbiÂliÂsieÂren, damit sie EntscheiÂdunÂgen verantÂworÂtungsÂvoll fällen.
TP: VerantÂworÂtungsÂvoll wird heute auch als nachÂhalÂtig verstanÂden – ist die StifÂtungsÂwelt besonÂders sensiÂbel fĂĽr diese Fragen?
CW: StifÂtunÂgen beweÂgen sich häufig im Bereich der NachÂhalÂtigÂkeitsÂtheÂmen, wenn auch nicht immer. EntscheiÂdungsÂträÂger stehen diesen entspreÂchend sensiÂbel gegenÂĂĽber. AllgeÂmein stelÂlen wir heute fest, dass instiÂtuÂtioÂnelle AnleÂger, gerade auch PensiÂonsÂkasÂsen, das Thema je länger je mehr als Faktor in ihren AnlaÂgeÂstraÂteÂgien einforÂdern. Die FinanzÂwelt muss entspreÂchende AntworÂten geben können.

TP: ErleÂben wir einen kurzÂfrisÂtiÂgen Modetrend?
CW: Nein, dieser Trend ist unumÂkehrÂbar. Wir tun gut daran, uns mit dem Thema intenÂsiv auseinÂanÂderÂzuÂsetÂzen. Es ist nicht trivial, auch weil viele Menschen NachÂhalÂtigÂkeit und NaturÂschutz ganz indiÂviÂduÂell interpretieren.
TP: Ein ideaÂles Thema fĂĽr die ZKB: Ihr geht es nicht nur ums Geldverdienen?
CW: Das stimmt, wir haben eine ZweckÂbeÂstimÂmung, die im kantoÂnaÂlen Gesetz veranÂkert ist. Wir haben einen VersorÂgungsÂaufÂtrag. Die ZKB ist verpflichÂtet, nachÂhalÂtig zu wirken. NachÂhalÂtigÂkeit steht in unseÂrem geneÂtiÂschen Code. Wir wollen in diesem Thema eine VorreiÂterÂrolle ĂĽberÂnehÂmen. Und wir ĂĽberÂleÂgen täglich, wie wir unser Profil beim Thema nachÂhalÂtige AnlaÂgen weiter schärÂfen können. Wir als Triple-A-Bank sollÂten fast schon exemÂplaÂrisch PartÂneÂrin sein, die dieses Thema sehr weit oben auf der Agenda hat.
TP: Haben sich die AnsprĂĽÂche der KundinÂnen und Kunden dahinÂgeÂhend verändert?
CW: Ja. Wir spĂĽren diesen Anspruch. In einer ersten Welle kommt er von den instiÂtuÂtioÂnelÂlen AnleÂgeÂrinÂnen wie PensiÂonsÂkasÂsen. Und ĂĽber die profesÂsioÂnelÂlen privaÂten InvesÂtoÂren und StifÂtunÂgen greift dieses Thema immer stärÂker zu den privaÂten Kunden ĂĽber. Ich benutze dieses Wort nicht gerne, aber ich wĂĽrde von einem MegaÂtrend sprechen.
TP: Bestimmt nicht der erste, den die ZKB erlebt: Sie feiert ihr 150. Jubiläum.
CW: Genau. Dabei wollen wir mit verschieÂdeÂnen AktiÂviÂtäÂten, insbeÂsonÂdere mit unseÂren StakeÂholÂdern, der BevölÂkeÂrung des Kantons ZĂĽrich, in der Stadt und auf dem Land feiern. Wir haben KundinÂnen und Kunden, die der ZKB ĂĽber GeneÂraÂtioÂnen hinweg ihr Vertrauen geschenkt haben. GemeinÂsam mit diesen Menschen wollen wir dieses JubiÂläum feiern.
ChrisÂtoph Weber ist seit 2008 stellÂverÂtreÂtenÂder VorsitÂzenÂder der GeneÂralÂdiÂrekÂtion der ZĂĽrcher KantoÂnalÂbank ZKB und leitet die GeschäftsÂeinÂheit Private Banking. Zuvor war er bei der Banca del Gottardo Leiter Private Banking Nord und Mitglied der GeneÂralÂdiÂrekÂtion. Von 2000 bis 2006 gehörte ChrisÂtoph Weber der GeschäftsÂleiÂtung der AAM PrivatÂbank AG an. Die ZKB weist eine BilanzÂsumme von 170 MilliÂarÂden FranÂken auf. Sie beschäfÂtigt mehr als 5000 MitarÂbeiÂtende. Als grösste KantoÂnalÂbank gehört sie auch zu den grössÂten SchweiÂzer Banken. GegrĂĽnÂdet wurde sie 1870 als selbÂstänÂdige öffentÂlich-rechtÂliÂche Anstalt des Kantons ZĂĽrich. 2013 stufte sie die SchweiÂzeÂriÂsche NatioÂnalÂbank als systemÂreÂleÂvant ein. Die ZKB ist engaÂgiert bei der PlattÂform StiftungSchweiz. zkb.ch