Der Kanton Zürich ist Standort von sieben Hochschulen. Sie sind wichtig für den Standort – und umgekehrt. Mit sieben Fakultäten, über 150 Instituten und 28’000 Studierenden ist die Universität Zürich die grösste Universität der Schweiz. Die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich ETH zählt in 16 Departementen 25’000 Studierende. Beide Hochschulen geniessen international eine hohe Reputation. Für die Finanzierung der Lehr- und Forschungseinrichtungen sind heute Drittmittel wichtig. Dazu gehören öffentliche Drittmittel von Forschungsförderagenturen wie beispielsweise der Schweizerische Nationalfonds (SNF) und private Drittmittel. Viele Stiftungen setzen sich in diesem Thema ein: 22 Prozent aller Zürcher Stiftungen sind im Bereich Wissenschaft und Forschung engagiert. Dabei spielen die Stiftungen der ETH und der Universität Zürich eine bedeutende Rolle als Brückenbauerinnen zwischen privaten Geldgeber:innen und der akademischen Welt. «Die Bedeutung von Drittmitteln zur Finanzierung von Forschung und Lehre nimmt tendenziell zu», sagt Annelise Alig Anderhalden, CEO der UZH Foundation. «Drittmittel machen einen wichtigen Teil des Gesamtbudgets der Universität Zürich aus.»
Zweckgebunde Spenden überwiegen
Ein Teil der privaten Drittmittel fliessen über die UZH Foundation. Die grosse Mehrheit dieser Spenden ist zweckgebunden. Sie sind beispielsweise für ein Projekt oder eine spezifische Fakultät bestimmt. Stammen die Gelder von anderen Stiftungen, gibt deren Stiftungszweck die Verwendung der Gelder vor. Als typisches Projekt, das die Universität dank zweckgebundener Spenden realisieren konnte, nennt Annelise Alig Anderhalden die Digitalisierung der Briefe des Zürcher Reformators Heinrich Bullinger. Seine Korrespondenz ist heute öffentlich zugänglich (www.bullinger-digital.ch). Der Botanische Garten oder Stipendien sind andere Beispiele, die dank zweckgebundener Spenden ermöglicht werden. «Zu den zweckgebundenen Spenden gehören auch Stiftungsprofessuren, die jeweils ein spezifisches Gebiet abdecken, wie beispielsweise Krebsforschung oder Sustainable Economics», sagt Alig Anderhalden. Nicht zweckgebundene Spenden machen dagegen nur einen kleinen Teil aus. Für die Stiftung und die Universität sind sie aber besonders wertvoll. «Sie können – in Absprache mit der Universitätsleitung – flexibel dort eingesetzt werden, wo es am dringendsten gebraucht wird.»
Vorteile bezüglich Governance
Im Gegensatz zur Universität kann sich die eigenständige UZH Foundation gezielt auf das Fundraising und das Vertragsmanagement ausrichten. «Dazu ist eine professionelle und fokussierte Stiftungsarbeit nötig, dank der wir mit unseren Donator:innen langfristige Beziehungen aufbauen können», sagt Annelise Alig Anderhalden.
Die stete Gewährleistung der Freiheit von Lehre und Forschung ist Bestandteil des Code of Conduct unserer Stiftung.
Donald Tillman, Geschäftsführer bei der ETH Foundation
Der Geschäftsführer bei der ETH Foundation Donald Tillman sieht auch Vorteile bezüglich Governance. «Die stete Gewährleistung der Freiheit von Lehre und Forschung ist Bestandteil des Code of Conduct unserer Stiftung.» Es ist denn auch nicht die Stiftung oder deren Stiftungsrat, der mit der Fördertätigkeit über die Schwerpunkte der Forschung entscheidet. «Die ETH-Leitung definiert auf der Grundlage der Strategie der ETH Zürich, welche Projekte durch Mittel von Donator:innen beschleunigt oder überhaupt erst ermöglicht werden sollen.» Von den Projekten ausgehend sucht die Stiftung die Förderung durch Gönner:innen und Förderpartner:innen. Diese Trennung gilt auch bei der Förderung der Studierenden und Forschenden. Die Auswahl der Exzellenz-Stipendiat:innen bspw. nimmt nicht die Stiftung vor. Nach einem mehrstufigen Verfahren entscheidet die ESOP-Kommission (Excellence Scholarship & Opportunity Programme). In dem Gremium entscheiden Professor:innen, Studierende und Doktorierende sowie der Leiter Internationale Angelegenheiten gemeinsam.
Neue Herausforderung
Die Finanzierung der Forschung ist in einem Umfeld mit Sparpaketen beim Bund und dem Ausschluss aus dem europäischen Forschungsprogramm Horizon Europe anspruchsvoll. Doch die Donator:innen agieren unabhängig davon. «Sie erwarten von der ETH (Foundation), dass unbesehen der politischen Situation konstruktiv und einfallsreich mit gegebenen Rahmenbedingungen umgegangen wird», sagt Tillman. Auch wenn der Ausschluss aus Horizon Europe die Situation für die Forschungseinrichtungen verschlechtert hat, weist Alig Anderhalden darauf hin, dass die Teilnahme an kollaborativen Projekten weiterhin meist möglich ist. Auch helfen die Übergangsmassnahmen des Nationalfonds.
Die Grundfinanzierung durch den Kanton Zürich ist essentiell für einen fortschrittlichen Forschungsstandort.
Annelise Alig Anderhalden, CEO der UZH Foundation
Das kürzlich verkündete Sparprogramm des Bundes setzt die Forschungsfinanzierung jedoch weiter unter Druck. «Die aktuelle Situation führt uns deutlich vor Augen, wie wichtig private Donationen für einen starken Forschungsstandort sind», sagt sie. Sie werden weiterhin komplementär funktionieren zu den Instrumenten der öffentlichen Forschungsförderagenturen. Nicht ausser Acht lassen dürfe man den Beitrag des Standorts selbst. «Die Grundfinanzierung durch den Kanton Zürich ist essentiell für einen fortschrittlichen Forschungsstandort», sagt sie.
Neuartige und pionierhafte Forschungsideen
Die Verbindung zu Zürich und zur Lehrinstitution selbst ist für Spender:innen ausschlaggebend für ihr Engagement. «Nebst der geografischen Nähe gibt es auch eine emotionale Nähe, die ein Engagement für die UZH zu einer Herzensangelegenheit macht», sagt Annelise Alig Anderhalden. Donator:innen leben in Zürich oder haben an der Universität studiert. Auch fördernde Stiftungen können in ihrem Zweck eine geographische Ausrichtung haben. Allerdings ist die Nähe zum Thema entscheidender. «Oft interessieren neuartige, pionierhafte Forschungsideen. Klimaveränderungen, Gesundheit, sichere Energieversorgung sind nicht an geografische Grenzen gebunden», sagt sie und fügt an, «im Gegenteil: Sie werden global erforscht und entsprechend international ist die Forschung der UZH ausgelegt.» Diese Erfahrung teilt auch Donald Tillman: Das Förderthema ist entscheidend. Dies gilt sowohl bei Stiftungen, wenn es etwa durch den Stiftungszweck vorgegeben ist, aber auch bei Privatpersonen. «Die ETH selbst, als weltweit herausragende Universität, garantiert eine grosse Wirkung. Bei Unternehmen kann zudem die Stärkung des Innovationsstandorts Schweiz ein Förderziel sein.» Für Alumni und Alumnae ist die Verbundenheit zur ETH ein starkes Motiv, sich für diese einzusetzen. «Daneben gibt es ein starkes Wohlwollen gegenüber dem Nachwuchs (Talentförderung).»
Breite Fördertätigkeit
In der Talentförderung engagiert sich die Schweizerische Studienstiftung in Zürich. Sie unterstützt Studierende direkt. Die Stiftung bietet interdisziplinäre Bildungsangebote und neben finanzieller Unterstützung auch individuelle Beratung und Vernetzungsmöglichkeiten. Dazu ist sie eng mit der Hochschullandschaft verbunden. «Unser Netzwerk ist an allen Universitäten und Hochschulen der Schweiz vertreten, wir können aber auch auf Expertise aus Wirtschaft und Gesellschaft zurückgreifen», sagt Klara Sekanina, Direktorin der Stiftung. Für diese Netzwerkangebote ist die Stiftung auf ehrenamtliche Arbeit angewiesen. Im Jahr 2023 konnte die Stiftung auf 5573 ehrenamtlich geleistete Stunden zählen.
Jedes Förderprogramm hat seine eigene Entstehungsgeschichte, manchmal war ein Impuls der Studienstiftung massgebend, manchmal wurde die Idee von aussen an uns herangetragen.
Klara Sekanina, Direktorin Schweizerische Studienstiftung
Bei der finanziellen Unterstützung treffen die Stiftung indirekt die Auswirkungen vom Ausschluss bei Horizon Europe oder die Sparprogramme des Bundes. Klara Sekanina, Direktorin der Stiftung bedauert diese Entwicklungen. «Wenn die Universitäten den Gürtel enger schnallen müssen, sind Kürzungen bei strategischen Projekten und Zusammenarbeiten wie mit unserer Stiftung kaum vermeidbar», sagt sie. Unterstützt wird die Studienstiftung durch das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI im Bereich internationale Talentförderung im Bildungsbereich.
Partnerschaftliche Zusammenarbeit
Für die Förderprogramme arbeitet die Studienstiftung mit verschiedenen Stiftungen partnerschaftlich zusammen. «Wir können auf langjährige Partnerschaften zurückblicken, sei es mit der Ernst Göhner Stiftung, der Bärbel und Paul Geissbühler Stiftung aber auch mit der Werner Siemens Stiftung», sagt Klara Sekanina. Gemeinsam mit den Partnern wird genau definiert, welche Unterstützung geleistet wird. Neben Stipendien können die Stipendiat:innen am Bildungsprogramm der Studienstiftung teilnehmen. Zudem erhalten sie eine:n Mentor:in und sie können sich auf unterschiedliche Förderprogramme bewerben. «Jedes Förderprogramm hat seine eigene Entstehungsgeschichte, manchmal war ein Impuls der Studienstiftung massgebend, manchmal wurde die Idee von aussen an uns herangetragen», sagt Sekanina. Die Schweizerische Studienstiftung ist gemäss der Stiftungsurkunde «… einer Bildungsidee verpflichtet, die Kunst, Geistes‑, Sozial- und Naturwissenschaften sowie persönliche und gesellschaftliche Verantwortung als zusammenhängende Teile einer als Ganzes gewachsenen Kultur versteht.» Die Kooperationen mit den unterschiedlichen Stiftungen sorgen für breit gefächerte Schwerpunkte. Stipendien der Bärbel und Paul Geissbühler Stiftung sowie des Werner Siemens Fellowship fördern Studierende der MINT-Disziplinen. Die Ernst Göhner Stiftung unterstützt mit den Stipendien auch Studierende anderer Disziplinen wie Geisteswissenschaften, Kunst oder Lehre. Sekanina: «Dieser Ausgewogenheit wird sich die Schweizerische Studienstiftung auch in Zukunft verpflichten mit dem Gedanken, dass aktuellen und kommenden Herausforderungen nur mit ganzheitlichen und nachhaltigen Lösungen zu begegnen ist.»
Die Brücke bauen
Damit ein Forschungsstandort sich für die Gesellschaft effektiv entwickeln kann, braucht er auch die Einbindung in die Wirtschaft. Zu diesem Zweck haben der Kanton Zürich, die ETH Zürich und die Zürcher Kantonalbank 2015 die Stiftung Innovationspark Zürich gegründet. Sie will gezielt diese Brücke bauen.
Natürlich gilt hier das Credo von «Co-opetition», wir sind strukturell verbandelt, aber jeder Park hat seine eigene Ausrichtung und sein eigenes Geschäftsmodell.
Martin Sturzenegger, Geschäftsführer Stiftung Innovationspark Zürich
Die inhaltlichen Schwerpunkte sind entsprechend gewählt: «Der Innovationspark Zürich hat zusammen mit den drei akademischen Partnern, der ETH Zürich, der Universität Zürich und der Empa, Fokusthemen bestimmt: Robotics & Mobility, Space & Aviation und Advanced Manufacturing», sagt Martin Sturzenegger. Der Geschäftsführer der Stiftung Innovationspark Zürich fügt an: «Wir versuchen nun gezielt passende Unternehmen in diesen Themenbereichen anzuziehen und diese Ökosysteme zu stärken.» Um den Austausch auf dem Campus zu fördern hat der Innovationspark ein Community Management aufgebaut. Dazu gehört die Kuration von Anlässen und die Entwicklung von passender Infrastruktur. « Wir haben die zukünftige Funktionsweise des Parks versucht zu antizipieren und entsprechende Konzepte für den Bau hinterlegt, Stichwort ‹Placemaking›», sagt Sturzenegger. Ein Austausch findet auch zwischen den sechs Hauptstandorten von Switzerland Innovation statt. Sturzenegger spricht von einer regen Zusammenarbeit auf strategischer Ebene und in spezifischen Arbeitsgruppen. Er sagt: «Natürlich gilt hier das Credo von «Co-opetition», wir sind strukturell verbandelt, aber jeder Park hat seine eigene Ausrichtung und sein eigenes Geschäftsmodell.»