«Die SKKG versteht die Auseinandersetzung mit Kulturerbe als wichtige Grundlage für Demokratie und Toleranz», sagt Bettina Stefanini, Stiftungsratspräsidentin der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte SKKG in Winterthur. «Deshalb ist es so zentral, dass die Stiftung in Bezug auf Kulturgüter, die NS-verfolgungsbedingt entzogen wurden, Verantwortung übernimmt und Macht abgibt.» In einem zweistufigen Prozess sollen zum einen die Provenienzen der Werke der SKKG geklärt werden. Zum anderen soll über deren Umgang im Einzelfall bestimmt werden. Dazu setzt die Stiftung eine externe Projektleitung für die Provenienzabklärungen und ‑untersuchungen ein. Eine unabhängige Kommission entscheidet über den Umgang mit diesen Ergebnissen.
Weltweit einzigartig
Eine deutliche Trennung der Provenienzforschung und dem Entscheid über den Umgang im Einzelfall sei von grosser Bedeutung, heisst es in der gestrigen Mitteilung der SKKG. Mit dem zweistufigen Vorgehen soll diesem Faktor Rechnung getragen werden. Eine externe Projektleitung betreibt die interne Provenienzforschung der SKKG und unterbreitet ihre Ergebnisse und Bewertungen für ein mögliches Vorgehen der «Unabhängigen Kommission der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte zur Klärung NS-verfolgungsbedingter Ansprüche», kurz Unabhängige Kommission SKKG. Die Ergebnisse und Recherchen der Provenienzforschung SKKG sind wichtiger Teil der Entscheidungsgrundlage innerhalb der Unabhängigen Kommission. Diese ist nicht an Weisungen gebunden. Sie ist gänzlich unabhängig vom Stiftungsrat und selbständig in ihrer Entscheidungsfindung. Für die SKKG sind deren Entscheide verbindlich und die Geschäftsstelle der SKKG ist zuständig für die Umsetzung beschlossener Massnahmen. «Wir vertrauen der Unabhängigen Kommission, dass sie bei diesem schwierigen Thema faire und gerechte Lösungen findet», betont Bettina Stefanini. Und der Präsident der Unabhängigen Kommission SKKG, Andrea Raschèr, sagt: «Die Ernennung einer Unabhängigen Kommission, die verbindlich über die Massnahmen im Umgang mit NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern im Eigentum einer Privatstiftung entscheidet, ist eine Premiere und in dieser Form weltweit noch einzigartig.»
Wir vertrauen der Unabhängigen Kommission, dass sie bei diesem schwierigen Thema faire und gerechte Lösungen findet.
Bettina Stefanini, Stiftungsratspräsidentin SKKG
Grundsätze und Leitlinien
Im letzten Jahr hat die Stiftung mit der Ausarbeitung der Grundsätze und Richtlinien für die Unabhängige Kommission und der Provenienzforschung SKKG begonnen und diese nun verabschiedet. Als Grundlage dienten unter anderem die «Richtlinien der Washingtoner Konferenz» von 1998. Die Stiftung überträgt der Unabhängigen Kommission SKKG die Kompetenz und Verantwortung gemäss der von ihr ausgesuchten und definierten Referenzen sowie Richtlinien zu entscheiden.
Designierte Kommissionsmitglieder bekannt
Des Weiteren gab die SKKG gestern Dienstag alle designierten Mitglieder der Unabhängigen Kommission bekannt. Nebst Andrea Raschèr wurden Professor Constantin Goschler, Claudia Kaufmann, Professor Stefanie Mahrer und Rechtsanwalt Olaf Ossmann gewählt. Bei der Zusammensetzung der Unabhängigen Kommission achtete die SKKG nicht nur auf den juristischen, ethischen, kulturellen und geschichtlichen Hintergrund der Mitglieder, sondern auch auf eine religiös diverse Aufstellung.
Stand heute und Ausblick
Bereits im Sommer 2022 hat die SKKG mit den Provenienzabklärungen begonnen und Stand heute konnte die Provenienzforschung SKKG schon 93 Werke dem Erstcheck unterziehen. Momentan befinden sich weitere 240 Werke im Erstcheck. Bislang besteht bei sechs Werken der Verdacht auf einen NS-verfolgungsbedingter Entzug. Diese Werke gehen in die Tiefenrecherche und werden dort genauer unter die Lupe genommen. Anfang Februar werden weitere vier Werke in die Tiefenrecherche gehen, heisst es in der Mitteilung der SKKG. Die Unabhängige Kommission der SKKG wird im Laufe dieses Jahres ihre Tätigkeit der ersten Phase aufnehmen, was schätzungsweise sechs Jahre dauern wird.
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