«Es ist Zeit, mit Energieverschwendung Schluss zu machen», sagt Anders Gautschi, Geschäftsführer VCS. Gewichtige Umweltorganisationen der Schweiz engagieren sich gemeinsam gegen die Klima- und die Diversitätskrise. Werden die beiden Themen gemeinsam bearbeitet bringe dies eine Win-Win-Situation. BirdLife, Greenpeace, Pro Natura, Schweizerische Energie-Stiftung (SES), VCS Verkehrs-Club der Schweiz und WWF Schweiz weisen gemeinsam auf die Dringlichkeit bei diesen Themen hin und zeigen auf, wie die Energiewende gelingen kann.
Erneuerbar und unabhängig
Für die Umweltorganisationen ist der Einsatz gegen die Klimakrise eng verbunden mit dem Engagement für die Biodiversität. «Die Biodiversitätskrise und die Klimakrise sind die grössten menschgemachten Bedrohungen für unsere Lebensgrundlage», sagt Thomas Vellacott, Geschäftsleiter des WWF. «Sie zu schützen, bedeutet auch, uns selbst zu schützen.» 150 Tier- und Pflanzenarten sterben heute täglich auf der ganzen Welt aus. Hitzewellen häufen sich. Um dagegen anzugehen, verlangen die Umweltorganisationen eine Schweizer Energieversorgung, die bis 2035 netto keine CO2-Emissionen mehr verursacht. Dank dem Zusammenspiel verschiedener Massnahmen könne dieses Ziel erreicht werden. Die Energie soll effizienter und sparsamer genutzt werden. Es lassen sich 41 Prozent einsparen. Bei der Stromerzeugung liegt das Augenmerk auf der Nutzung versiegelter Flächen.
Die Biodiversitätskrise und die Klimakrise sind die grössten menschgemachten Bedrohungen für unsere Lebensgrundlage
Thomas Vellacott, WWF
Mit dem Ausbau der Fotovoltaik auf bestehender Infrastruktur könne dem steigenden Strombedarf und gleichzeitig dem Schutz der Biodiversität Rechnung getragen werden. «Lieber Strom vom Dach als ein trockener Bach», sagt die Geschäftsleiterin von Greenpeace Iris Menn. Wie das geht zeigt die Anlage auf der Lärmschutzwand der Forchautobahn bei Zumikon. Bis 2035 können mit dem Ausbau 38 TWh (Terrawattstunden) erneuerbare Energie zusätzlich erzeugt werden. Dieser Ausbau stärke zudem die Unabhängigkeit der Schweiz bei der Energieversorgung vom Ausland. «Hier hat Inland Vorrang. Die Lösungen heissen: Ausbau der Fotovoltaik, Reduktion des Energieverbrauchs und ein bedarfsorientierter Einsatz der Speicherwasserkraft», sagte Nils Epprecht, Geschäftsleiter der SES. Der Nettoimport könne so unter der kritischen Grenze von fünf bis zehn TWh gehalten werden. Aktuell produziert die Schweiz im Durchschnitt 60 TWh Strom pro Jahr.
Brechstange unnötig
Dass es nicht sinnvoll ist, den Ausbau der erneuerbaren Energie zu Lasten der Natur zu forcieren, betont Urs Leugger, Zentralsekretär von Pro Natura: «Eine Energiewende mit der Brechstange ist nicht nur gefährlich, sondern auch unnötig.» So würden Moore als CO2-Senken grosse Mengen an Treibhausgasen speichern. Deswegen sei eine übergeordnete Planung notwendig. «Wenn Zielkonflikte früh angegangen, Interessen sorgfältig abgewogen und die Standorte und Projekte weitsichtig geplant werden, ist es ein Win-Win für die Natur und die Energieversorgung», sagt er. Raffael Ayé von BirdLife zählt vier Forderungen an die Politik auf, die es für eine erfolgreiche Energiewende braucht: Einen verbindlichen Termin für den Ausstieg aus den fossilen Energien, Gebote und Anreize wie Lenkungsabgaben, einen Solar-Standard für Gebäude und «schliesslich ist es wichtig, dass die Politik die Klima- und Biodiversitätskrise als zwei gleichwertige, sich gegenseitig verstärkende Krise anerkennt – nur so kommen wir rasch voran».