Werden Social Entrepreneurs den traditionellen gemeinnützigen Sektor überflüssig machen?
Nein, das werden sie nicht. An Lösungen für gesellschaftlichen Herausforderungen sind viele verschiedene Organisationen beteiligt, die alle zusammen sehr wichtig sind. Social Entrepreneurs agieren nicht in Konkurrenz zum traditionellen gemeinnützigen Sektor, sondern als Ergänzung. Ein Unterschied besteht darin, dass der unternehmerische Ansatz von Social Entrepreneurs helfen kann, die positive gesellschaftliche Wirkung über eine lange Periode selbstständig zu finanzieren. Aber auch hier ist die Abgrenzung zum traditionellen gemeinnützigen Sektor zum Teil nicht scharf machbar. Es gibt auch viele hybride Organisationen, die sich zwischen einem Social Entreprise und einer klassischen gemeinnützigen Organisation bewegen.
Wie können sich Social Entrepreneurs und gemeinnützige Organisationen effektiv ergänzen und bereichern?
Social Entrepreneurs und gemeinnützige Organisationen verbindet, dass sie als Zweck ihrer Tätigkeit eine positive gesellschaftliche Wirkung (Impact) verfolgen. Der Austausch über diese Wirkungsorientierung ist uns ein zentrales Anliegen, weshalb wir unter anderem auch das Social Economy Forum organisieren. Hier können Social Entrepreneurs und gemeinnützige Organisationen voneinander lernen.
Stehen Social Entrepreneurs in der Tradition der Genossenschaften in der Schweiz?
Genossenschaften sind ja ursprünglich eine soziale Innovation und haben in der Schweiz eine lange Tradition. Innovativ waren und sind sie deshalb, weil sich viele Menschen zusammenschliessen, um gemeinsam auf wirtschaftlicher Ebene ein Ziel zu erreichen – die berühmte Hilfe zur Selbsthilfe.
Genossenschaften sind nicht per se Social Entreprises, aber nicht wenige Social Entreprises sind genossenschaftlich organisiert.
Rahel Pfister
Fragestellungen rund um Gewinn, Besitz und Partizipation, die bis heute die Rechtsform der Genossenschaft ausmachen, spielen auch für das Unternehmensverständnis von Social Entrepreneurs eine zentrale Rolle.
Genossenschaften sind nicht per se Social Entreprises, aber nicht wenige Social Entreprises sind genossenschaftlich organisiert. Gleichzeitig ist uns immer wichtig zu betonten, dass Social Entrepreneurship in allen Rechtsformen gut möglich ist. Unser Social Entreprise Monitor, den wir alle zwei Jahre veröffentlichen, zeigt auf, dass die meisten Social Entreprises als GmbH organisiert sind, gefolgt von Genossenschaften, Vereinen und AGs.
In den letzten Jahren können wir beobachten, dass viele neue, innovative wirkungsorientierte Genossenschaften z.B. im Bereich Medien, erneuerbare Energien, gemeinschaftliche Wohnformen und Daten/IT entstehen. Diese führen sicherlich den ursprünglichen Genossenschaftsgedanken weiter.
Sie sehen noch Potenzial in der Schweiz. Was braucht es, um den Mehrwert von Social Entrepreneurs in der Schweiz noch bekannter zu machen?
Mit unserem Social Entreprise Monitor erheben wir unter anderem auch Daten zu diesen Fragen. Zu den grössten Hürden zählen für Social Entrepreneurs in der Schweiz die schwache Lobby in der Politik sowie Schwierigkeiten, mit öffentlichen Mitteln wie zum Beispiel mit dem öffentlichen Beschaffungswesen. Weitere wichtige Hebel sehen wir in der Einbettung von Social Entrepreneurship in der Bildungslandschaft und allgemein die öffentliche Sensibilisierung. Zudem braucht es mehr Wissen über die Social Economy, eine umsetzbare Wirkungsmessung sowie wirkungsorientierte Kapitalgeber, um Entwicklung von Social Entreprises zu fördern.
Welche Rolle kommt dem Swiss Social Economy Forum zu?
Mit dem Forum wollen wir Sichtbarkeit für Themen rund um wirkungsorientiertes Wirtschaften und die Social Economy in der Schweiz schaffen. Die Vernetzung am Forum soll Akteure inspirieren und in Diskussionen mit weiteren Stakeholdern die Rahmenbedingungen für den Sektor stärken. Dazu gehört die Verabschiedung von Forderungen an die Politik.
Mit dem Forum wollen wir Sichtbarkeit für Themen rund um wirkungsorientiertes Wirtschaften und die Social Economy in der Schweiz schaffen.
Rahel Pfister
Wichtig ist für uns auch der Austausch von Social Entrepreneurs und Vertreter*innen von Social Businesses, Genossenschaften sowie anderen gemeinwohlorientierten Organisationen mit Akteuren aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft.
Sie führen das Forum vor Ort und online durch. Weshalb haben Sie die hybride Form gewählt?
Die Social Economy leistet mit seinen Aktivitäten in der ganzen Schweiz einen wichtigen Beitrag für die nachhaltigen Entwicklung. Wir als SENS sind ja eine nationale Plattform für Social Entrepreneurship in der ganzen Schweiz. Mit der hybriden Form wollen wir auch weiter entfernt wohnenden Interessierten die Möglichkeit einer Teilnahme bieten. Wir freuen uns, dass eine grössere Delegation von APRÈS, dem réseau de l’économie sociale et solidaire aus Genf das Forum besuchen wird. Gleichzeitig sind wir uns bewusst, dass die nicht alle so einen weiten Anfahrtsweg in Kauf nehmen wollen oder können.
Swiss Social Economy Forum 2022
Freitag, 13. Mai 2022
8.30 Uhr – 19.00 Uhr
Kraftwerk, in Zürich
Online Teilnahme möglich. Mehr Infos und Programm.