Die Demokratie steht unter Druck: Präsidenten gestehen ihre Wahlniederlage nicht ein, Wähler:innen setzen ihre Hoffnung in antidemokratische Parteien oder wenden sich von der Politik ab. Auch in der Schweiz, wo das Volk mehrmals pro Jahr an der Urne die Geschicke des Landes direkt mitbestimmen kann, steht die Demokratie unter Druck – durch autoritäre Kräfte, die Ängste schüren, geopolitische Spannungen und zunehmendes Desinteresse. Auf Einladung der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) und der Stiftung Mercator Schweiz haben sich im vergangenen Jahr sieben Think-Tanks (Avenir Suisse, Denknetz, Dezentrum, foraus, GDI Gottlieb Duttweiler Institute, Institut Neue Schweiz und Reatch) mit der «Baustelle Demokratie» befasst. In einem kürzlich erschienenen gemeinsamen Arbeitspapier benennen sie fünf Herausforderungen, denen sich die Demokratie in der Schweiz stellen muss:
- «Schweiz in der Welt»: Das Land braucht neue Ideen und Allianzen für die Mitbestimmung im digitalen Raum.
- «Verhinderte Teilhabe»: Zu viele Bewohner:innen sind ohne Stimm- und Wahlrecht.
- «Erschwerte Informiertheit»: Die Bevölkerung braucht einen besseren Zugang zu gesicherten Fakten.
- «Schnelle Krisen»: Plötzliche Erschütterungen fordern den demokratischen Prozess heraus.
- «Demokratiemüdigkeit»: Die Demokratie verschafft der Bevölkerung zu wenig Befriedigung.
Impulse für die Zukunft
Das Arbeitspapier thematisiert nicht nur die aktuelle Entwicklung der Schweizer Demokratie auf. Es zeigt auch Massnahmen auf, wie diese in die Zukunft geführt werden kann. Dabei beantworten die beteiligten Think-Tanks die Frage nach Lösungen auf ganz unterschiedliche Weise. So stehen Ideen wie der Aufbau einer neutralen, humanitären Datencloud, der Anschluss an eine europäische Open-Data-Politik, die erleichterte politische Partizipation für niedergelassene Ausländer:innen oder eine Demokratisierung von Grossunternehmen durch die Politik im Raum. Zukunftskompetenz sei nicht die Fähigkeit, die kommende Zeit exakt vorherzusagen, heisst es im Arbeitspapier. Es gehe vielmehr darum, «mögliche Wege nach vorn aufzuzeigen, sie zu ermöglichen und manchmal zu vermeiden.» Die Publikation möchte Impulse geben und den Weg für Experimente und Innovationen weisen.
«Baustelle Demokratie» ist das zweite gemeinsame Arbeitspapier, das eine Gruppe von Schweizer Think-Tanks und Trendforscher:innen auf Initiative der SGG und Stiftung Mercator erstellt haben. Das erste Papier zur Klimakrise erschien 2022.