Mit dem Projekt Flags for the Earth bezieht sich das Designkollektiv Postfossil auf die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 der UNO. 15 Grafiker aus der ganzen Welt wurden eingeladen, eine Flagge basierend auf diesen Zielen für die Erde zu gestalten. Unterstützt wurde das Projekt von der Ikea-Stiftung. Fotos: Philipp Hänger

Rendite mit gutem Gewissen

Nachhaltigkeit wird zu einem wichtigen Kriterium, das Anlagestrategien mitbestimmt. Die Summe der nachhaltig angelegten Vermögen nimmt dabei rasant zu. Aktuell sind gemäss einer Marktstudie von Swiss Sustainable Finance 21 Prozent der Vermögen in der Schweiz nachhaltig verwaltet.

716 Milli­ar­den Fran­ken nach­hal­tig verwal­te­ter Gelder erfasste die Markt­stu­die Swiss Sustainable Finance (SSF) 2018 für den Schwei­zer Markt. Dies entspricht einer Zunahme um 83 Prozent gegen­über dem Vorjahr. «Ich gehe davon aus, dass sich dieser Trend fort­set­zen und die Volu­men weiter markant zuneh­men werden», sagt Sabine Döbeli, Geschäfts­lei­te­rin von SSF. «Ein gros­ser Teil des Anstiegs stammt von insti­tu­tio­nel­len Inves­to­ren, die erst in jüngs­ter Zeit nach­hal­tige Anla­ge­an­sätze imple­men­tiert haben.» 88 Prozent der nach­hal­ti­gen Anla­gen tätig­ten insti­tu­tio­nelle Anle­ger wie Pensi­ons­kas­sen oder Versi­che­rer, 12 Prozent Private. Auch im direk­ten Kunden­kon­takt spürt Gerhard Wagner, wie das Thema an Bedeu­tung gewinnt. Der Senior Port­fo­lio Mana­ger für Nach­hal­tige Anla­gen bei der Zürcher Kanto­nal­bank ZKB stellt deut­lich mehr Anfra­gen von Kundin­nen und Kunden bezüg­lich der nach­hal­ti­gen Anla­gen fest. Dabei fällt beson­ders das Inter­esse von Pensi­ons­kas­sen auf. «Das war in meiner Wahr­neh­mung vor weni­gen Jahren noch ganz anders», sagt er. Die ZKB hat das Thema früh aufge­grif­fen. 1996 begann sie mit ihren Analy­se­ar­bei­ten. Zwei Jahre später bot sie nach­hal­tige Anla­gen an. In den expli­zit nach­hal­ti­gen Produkt­li­nien «Respon­si­ble and Sustainable» verwal­tet die ZKB heute acht Milli­ar­den Franken.

Ausschlies­sen oder verändern

Für eine nach­hal­tige Anla­ge­stra­te­gie gibt es heute verschie­dene Ansätze. «Bei allen Kunden­gel­dern wenden wir ‹Enga­ge­ment› an», sagt Wagner. «Das heisst, wir nehmen unsere Verant­wor­tung wahr und stim­men ab. Sehen wir in einem Unter­neh­men Hand­lungs­be­darf, suchen wir den Dialog mit dem Manage­ment.» Weiter wendet die ZKB die ESG-Inte­gra­tion bei allen aktiv verwal­te­ten Fonds an – ein Fonds, bei dem ein Fonds­ma­na­ger Titel gezielt auswählt. ESG steht für Envi­ron­men­tal, Social and Gover­nance – Umwelt- und Sozi­al­aspekte sowie Grund­sätze der Unter­neh­mens­füh­rung. Bei diesem Ansatz spie­len bei Anla­ge­ent­schei­den auch ESG-Krite­rien eine Rolle. Dies ist gemäss der Studie von SSF der am weitest verbrei­tete Ansatz. Dennoch ist er gemäss Sabine Döbeli nicht beson­ders einfach umzu­set­zen. Denn er bedingt, dass alle Analys­ten Nach­hal­tig­keits­in­for­ma­tio­nen nutzen. Entspre­chend müssen sie ausge­bil­det sein. Sein Vorteil ist, dass er einfa­cher in bestehende Anla­ge­stra­te­gien inte­griert werden kann. «Er schränkt das Univer­sum nicht ein, in das inves­tiert wird», sagt Sabine Döbeli. Auch wenn medial beson­ders das Umwelt­thema disku­tiert wird, spie­len alle drei Fakto­ren eine wich­tige Rolle. «Gute Gover­nance ist oft die Voraus­set­zung, um Umwelt- und Sozi­al­aspekte gezielt zu verbes­sern», sagt Sabine Döbeli. 

Unter­schied­li­che Wirkung

Eine Verein­heit­li­chung der verschie­de­nen Ansätze erach­tet Sabine Döbeli nicht als sinn­voll. «Die verschie­de­nen Ansätze sind auf unter­schied­li­che Ziele ausge­rich­tet und sie eignen sich für unter­schied­li­che Situa­tio­nen und Anle­ger.» Die verschie­de­nen Ansätze haben verschie­dene Vorteile. Ein Ausschluss­an­satz ist einfa­cher zu kommu­ni­zie­ren. Bei diesem verzich­tet ein Inves­tor auf Anla­gen bestimm­ter Unter­neh­men oder Indus­trien, bspw. auf Kohle­indus­trie. Ein Enga­ge­ment-Ansatz kann dage­gen komple­xer zu kommu­ni­zie­ren sein, weil man auch in Unter­neh­men inves­tiert bleibt, die auf den ersten Blick kaum mit einer Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie in Verbin­dung gebracht werden. Der Ansatz zielt jedoch darauf ab, diese Unter­neh­men durch Einfluss­nahme nach­hal­ti­ger zu machen. Der Enga­ge­ment-Ansatz ist heute der einzige, für den es bereits wissen­schaft­li­che Studien gibt, die eine direkte Wirkung bele­gen. Für andere Ansätze gibt es zwar Hinweise, dass auch solche Anla­ge­for­men eine Wirkung haben, sie ist aber nicht quan­ti­ta­tiv belegt. Sabine Döbeli sagt: «Gene­rell ist es schwie­rig, bei Inves­ti­tio­nen in an der Börse gehan­delte Wert­pa­piere eine direkte Wirkung bezüg­lich Klima­ziele zu messen und zu bele­gen.» Die Frage der Effek­ti­vi­tät nach­hal­ti­ger Anla­gen ist auch für die ZKB eine zentrale. «Es gibt keine quan­ti­ta­tive aussa­ge­kräf­tige Kenn­zahl, wie viel ein Unter­neh­men beiträgt, um Nach­hal­tig­keits­ziele zu errei­chen», sagt Wagner. Bei der Produkt­li­nie Sustainable fasst die ZKB deswe­gen auf Firmen­pro­fi­len zusam­men, was der Beitrag eines Unter­neh­mens ist, um die 17-UN Entwick­lungs­ziele zu erreichen.

17 Ziele für eine bessere Welt

In wirt­schaft­li­cher, sozia­ler und ökolo­gi­scher Hinsicht hat die UNO 17 Ziele für eine nach­hal­tige Entwick­lung defi­niert, die Sustainable Deve­lo­p­ment Goals SDG. An diesen Zielen orien­tiert sich auch Forma Futura. Die unab­hän­gige Vermö­gens­ver­wal­te­rin inves­tiert verant­wor­tungs­be­wusst. Dabei steht Substanz­er­halt im Fokus. «Nicht nur Ökolo­gie», sagt Grün­dungs­part­ner und Finanz­chef Chris­tian Kobler. «Die Heraus­for­de­rung ist letzt­lich, wie wir auf der Erde fried­lich koexis­tie­ren und die Substanz des sozia­len Mitein­an­ders erhal­ten können. Denn die Auswir­kun­gen des Klima­wan­dels werden auch zu gros­sen Migra­ti­ons­be­we­gun­gen führen. Diese werden kultu­relle und soziale Impli­ka­tio­nen haben. Substanz­ver­lust bei Ressour­cen fördert zudem Verteil­kämpfe.» Seit 2006 legt Forma Futura in nach­hal­tige Anla­gen an. Und auch bei ihnen steigt die Nach­frage. «Wir spüren einen Zulauf von anspruchs­vol­len Kunden, denen unsere lang­jäh­rige Erfah­rung in diesem Gebiet wich­tig ist», sagt Kobler. Nach­hal­tig Anle­gen ist heute en vogue. Der Boom bringt auch Main­stream mit sich. Um dem Anspruch an nach­hal­tige Anla­gen gerecht zu werden wendet Forma Futura ein mehr­stu­fi­ges Auswahl­ver­fah­ren an: Forma Futura inves­tiert in Anla­gen, die nach­hal­tige Lebens­qua­li­tät fördern und sie für kommende Gene­ra­tio­nen erhält. Natür­lich spie­len auch die tradi­tio­nelle Finanz­ana­lyse und profes­sio­nel­les Port­fo­lio­ma­nage­ment eine entschei­dende Rolle. «Wir erzie­len eine markt­ge­rechte Rendite», sagt Chris­tian Kobler.

Rendite muss stimmen

Dass die Rendite stim­men muss war auch Reto Ring­ger von Anfang an klar. «Das Thema Nach­hal­tig­keit hat mich schon immer inter­es­siert», sagt er. Insbe­son­dere die Klima­kon­fe­renz von Rio 1992 hat in geprägt. Und so grün­dete er 1995 mit 28 Jahren den welt­weit ersten Vermö­gens­ver­wal­ter für nach­hal­tige Anla­gen – SAM Sustainable Asset Manage­ment. Das Inves­ti­ti­ons­ka­pi­tal war rela­tiv schnell gefun­den, ebenso wie Mitar­bei­tende. Die Heraus­for­de­rung lag darin, Kundin­nen und Kunden von der Idee nach­hal­ti­ger Anla­gen zu über­zeu­gen. «Eigent­lich waren wir zu früh», sagt der heutige CEO. «Niemand verstand damals unse­ren Ansatz.» So entstand die Idee, den Dow Jones Sustaina­bi­lity Index zu entwi­ckeln. «Wir sagten uns, im Finanz­um­feld kennen alle einen Index», sagt Reto Ring­ger. Damit würde sich das Konzept einfa­cher erklä­ren lassen. Aller­dings brauchte es bei Dow Jones mehrere Anläufe, bis 1999 die rich­tige Person mit dem rich­ti­gen Argu­ment über­zeugt war. Nach dem erfolg­rei­chen Verkauf von SAM an Robeco im Jahr 2009 grün­dete Reto Ring­ger die Globa­lance Bank. Das Konzept von Globa­lance beruht nicht auf einem der klas­si­schen Verfah­ren wie Ausschluss oder best-in-class. Globa­lance wendet einen eige­nen Ansatz an. Entschei­dend ist, dass eine Firma mit einer zukunfts­fä­hi­gen Tech­no­lo­gie einen posi­ti­ven Foot­print für Wirt­schaft, Gesell­schaft und Umwelt erzielt.

Thema ist akzeptiert

Reto Ring­ger erklärt den Ansatz am Beispiel der Auto­mo­bil­in­dus­trie: «Wir wenden nicht den Best-in-class-Ansatz an und inves­tie­ren in das am besten bewer­tete Auto­un­ter­neh­men bezüg­lich Nach­hal­tig­keit. Wir über­le­gen uns, wie sieht die Mobi­li­tät von morgen aus, welche Tech­no­lo­gien und Kompo­nen­ten braucht es dafür und welche Unter­neh­men sind führend dabei. In solche Unter­neh­men inves­tie­ren wir. Das sind beispiels­weise Herstel­ler von Batte­rie- und Sensor­tech­no­lo­gie.» Die anfäng­li­chen Wider­stände gegen nach­hal­tige-Anla­gen-Ansatz seien über­wun­den. Heute sei das Thema akzep­tiert, ja sogar gesucht. Gerade bei der jungen Gene­ra­tion ist Nach­hal­tig­keit Voraus­set­zung. Sie würden in kein Port­fo­lio inves­tie­ren, das nicht entspre­chende Krite­rien berück­sich­tigt. Aber wich­tig ist Reto Ring­ger: «Es gibt ganz viele Chan­cen. Unsere Welt verän­dert sich immer schnel­ler und mit Tech­no­lo­gien und Dienst­leis­tun­gen, die unsere Zukunfts­fä­hig­keit sicher­stel­len gibt es sehr viele Oppor­tu­ni­tä­ten, natür­lich mit entspre­chen­der Rendite.»

Nach­hal­tig­keit gene­riert Rendite

Etwas ande­res würde von den Kunden auch nicht akzep­tiert, sind sich alle einig. «Mit ganz weni­gen Ausnah­men sind unsere Kunden nicht bereit auf Perfor­mance zu verzich­ten», sagt Gerhard Wagner von der ZKB. «Müssen sie aber auch nicht.» Für ihn ist klar, dass eine wett­be­werbs­fä­hige Perfor­mance eine notwen­dige Bedin­gung ist, damit nach­hal­tige Anla­gen nach­ge­fragt werden. Sabine Döbeli verweist auf zahl­rei­che wissen­schaft­li­che und prak­ti­sche Studien, die bele­gen, dass die Berück­sich­ti­gung von ESG-Fakto­ren das Rendite-Risiko-Profil von Anla­gen verbes­sert. Dies gilt für verschie­dene Asset­klas­sen und auch für verschie­dene Regio­nen. Wenn nach­hal­tige Fonds unter­durch­schnitt­lich perform­ten, lag dies gemäss Wagner häufig an der fehlen­den Diver­si­fi­ka­tion. Nach­hal­tige Umwelt­fonds enthiel­ten früher ein Über­ge­wicht deutsch­spra­chi­ger Umwelt­un­ter­neh­men – und wenn der US-Markt über­per­formte, entstand ein Unterschied.

Stif­tun­gen in der Verantwortung

Auch bei Stif­tun­gen gewinnt das Thema an Bedeu­tung, beob­ach­tet Chris­tian Kobler: «Als wir gestar­tet sind, hatten wir noch keine Stif­tun­gen als Kunden. Unter­des­sen ist es für uns eine wich­tige Kunden­gruppe gewor­den, welche ihre Verant­wor­tung für das von Stif­tern und Spen­dern anver­traute Vermö­gen wahr­neh­men möch­ten.» Sabine Döbeli sieht das Poten­zial. So sind Stif­tun­gen erst für ein Prozent der Volu­men verant­wort­lich, welche die Mark­stu­die von SFF erfasst. Mit der stei­gen­den Erwar­tung seitens der Gesell­schaft, aktiv zur Errei­chung der Klima­ziele beizu­tra­gen, dürfte sich der Druck auf gemein­nüt­zige Stif­tun­gen erhö­hen, schätzt Sabine Döbeli: «Als steu­er­be­freite Orga­ni­sa­tio­nen tragen sie eine beson­dere Verant­wor­tung, zur Errei­chung gesell­schaft­li­cher Ziele beizu­tra­gen. Dies ist auch im Swiss­Foun­da­ti­ons Code entspre­chend formu­liert. «Alles, was eine Stif­tung tut, gehört zusam­men. Ihre Akti­vi­tä­ten – Förder­tä­tig­keit und Vermö­gens­be­wirt­schaf­tung – bündeln sich zu einer Gesamt­wir­kung. Aus diesen Grün­den darf sie sich nicht nur auf Vermö­gens­er­halt und Rendite ausrich­ten, sondern muss auch weitere Wirkun­gen anstre­ben. Dazu dienen vor allem zweck­be­zo­gene Inves­ti­tio­nen und nach­hal­tige Investitionen.»


SFF Markt­stu­die

Swiss Foun­da­tion Code

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