Rainer Frei, Geschäftsführer Schweizer Gesundheitsstiftung RADIX

RADIX: Brei­ten­wir­kung dank Zusam­men­ar­beit mit Fachleuten

Die Schweizerische Gesundheitsstiftung RADIX will die Kompetenz von Einzelnen und der Gemeinschaft im Umgang mit Gesundheit und Krankheit stärken. Geschäftsführer Rainer Frei spricht über die acht Kompetenzzentren der Stiftung, Vitaparcours und wie eine nationale Multiplikation gelingt.

Wo sehen Sie die wich­tigste Aufgabe für RADIX in den nächs­ten Jahren?

Die thema­ti­schen Heraus­for­de­run­gen für die Gesund­heits­för­de­rung sind über­schau­bar: Mangel an Bewe­gung, falsche Ernäh­rung, Stress, Sucht und Gewalt. Je nach Bevöl­ke­rungs­gruppe sind diese Phäno­mene aber unter­schied­lich ausge­prägt: Teenies, Mana­ge­rin­nen oder Senio­ren beispiels­weise haben bezüg­lich Gesund­heit und Wohl­be­fin­den je einen eige­nen Bedarf. Dabei spie­len indi­vi­du­elle Verhal­tens­wei­sen und der soziale Kontext eine entschei­dende Rolle. Die Aufgabe von RADIX ist es, in den verschie­de­nen gesund­heit­li­chen Themen­be­rei­chen fach­lich fundierte und praxis­ori­en­tierte Impulse zu geben. Dabei rich­ten wir uns zumeist nicht direkt an die Bevöl­ke­rung, sondern an Fach­leute wie bspw. Sucht­ex­per­ten, Ernäh­rungs­be­ra­te­rin­nen oder Lehr­per­so­nen. Um eine Brei­ten­wir­kung mit Veran­ke­rung zu schaf­fen ist eine konti­nu­ier­li­che und konstruk­tive Zusam­men­ar­beit mit diesen Multi­pli­zie­ren­den entschei­dend. So betreibt RADIX bspw. seit 25 Jahren ein Netz­werk, an dem sich schweiz­weit rund 2000 Schu­len mit rund 350’000 Schü­le­rin­nen und Schü­lern aus allen vier Sprach­re­gio­nen beteiligen.

Im Gesund­heits­be­reich sind viele Akteure unter­wegs. Welche Themen oder Frage­stel­lun­gen können Sie als private Stif­tung besser bearbeiten?

Der Gesund­heits­be­reich ist ein weites Feld. RADIX konzen­triert sich auf die Gesund­heits­för­de­rung und Präven­tion. Dort ist das Feld an schweiz­weit präsen­ten Akteu­ren über­schau­bar. Grund­sätz­lich können wir als private Stif­tung, die schweiz­weit Leis­tungs­auf­träge umsetzt, flexi­bler agie­ren als bspw. ein kanto­na­les Gesund­heits­de­par­te­ment oder ein Bundes­amt. Wir sind mit mehr­heit­lich lang­fris­ti­gen Aufträ­gen konti­nu­ier­li­cher und umfas­send präsent. Damit ergän­zen und unter­stüt­zen wir die vielen regio­na­len und loka­len Akteure. So betrei­ben wir bspw. im Auftrag des Bundes­am­tes für Gesund­heit BAG seit 2009 die Schwei­ze­ri­sche Koor­di­na­ti­ons- und Fach­stelle Sucht INFODROG. Diese hat ihre recht­li­che Grund­lage im Betäu­bungs­mit­tel­ge­setz, Arti­kel 29a Absatz 3. Auf dieser Basis defi­niert das BAG in vier­jäh­ri­gen Leis­tungs­auf­trä­gen die Aufga­ben von INFODROG. Für die stra­te­gi­sche Steue­rung finden zwei­mal jähr­lich Tref­fen statt, an welchen die Verant­wort­li­chen des BAG, von INFODROG sowie die Geschäfts­lei­tung von RADIX teilnehmen.

Um eine Brei­ten­wir­kung mit Veran­ke­rung zu schaf­fen ist eine konti­nu­ier­li­che und konstruk­tive Zusam­men­ar­beit mit diesen Multi­pli­zie­ren­den entscheidend.

Rainer Frei, Geschäftsführer

Im vergan­ge­nen Jahr feierte RADIX das 50-jährige Bestehen. Zur Grün­dungs­zeit gab es in der Schweiz noch kein Kran­ken­ver­si­che­rungs­ob­li­ga­to­rium während heute der Fokus oft auf den Prämien liegt. Verhin­dert das Thema Kosten, dass andere Aspekte der Gesund­heit genü­gend Aufmerk­sam­keit erhalten?

Der Pionier von Public Health in der Schweiz war der Arzt Profes­sor Mein­rad Schär. Er hat 1955 als erster Schwei­zer in Kali­for­nien den Master of Public Health erhal­ten. 1965 wurde er der erste Direk­tor des heuti­gen Insti­tuts für Epide­mio­lo­gie, Biosta­tis­tik und Präven­tion EBPI der Univer­si­tät Zürich. 1972 hat er RADIX gegrün­det, weil er nicht nur forschen, sondern auch umset­zen wollte. Das Stif­tungs­ka­pi­tal war die Bundes­fei­er­spende von 1971 im Umfang von 280’000 Fran­ken. Seit­her finan­ziert sich RADIX prak­tisch voll­um­fäng­lich mit Leis­tungs­auf­trä­gen. Ein wich­ti­ger Auftrag­ge­ber von uns ist die Stif­tung Gesund­heits­för­de­rung Schweiz. Diese wird finan­ziert mit einem Beitrag von 4,80 Fran­ken, den alle in der Schweiz leben­den Perso­nen über die Kran­ken­ver­si­che­rung leis­ten. Rech­net man die Beiträge von priva­ten Stif­tun­gen dazu, ist die Finan­zie­rung von Präven­tion und Gesund­heits­för­de­rung in der Schweiz gut abgedeckt. 

Sie betrei­ben acht Kompe­tenz­zen­tren. Wie sind diese entstanden?

Mein­rad Schär hat aus seinem Aufent­halt in den USA den Ansatz der Commu­nity based health promo­tion in die Schweiz mitge­bracht. Bis heute ist die gemein­de­ori­en­tierte Gesund­heits­för­de­rung mit unse­rem Kompe­tenz­zen­trum «Gesunde Gemein­den» ein wich­ti­ger fach­li­cher Ansatz. 1993 kamen die Vita­par­cours hinzu, die wir bis heute an schweiz­weit rund 500 Stand­or­ten im Auftrag der Zurich Versi­che­rung und in enger Zusam­men­ar­beit mit den loka­len Träger­schaf­ten betrei­ben. Als Pendant zu den «Gesun­den Gemein­den» kamen 1997 die «Gesun­den Schu­len» zu RADIX. Heute betrei­ben wir neben dem bereits erwähn­ten Schul­netz­werk auch die Alli­anz «Gesunde Schu­len» mit dem Ziel: «Die Schule bietet allen Betei­lig­ten einen anspruchs­vol­len, attrak­ti­ven Arbeits‑, Lern- und Lebens­raum.» 2009 hat sich die Kapa­zi­tät von RADIX innert einem Jahr fast verdop­pelt und das fach­li­che Spek­trum stark erwei­tert. Damals kamen INFODROG, feel-ok und das Zentrum für Spiel­sucht zu uns. 2018 hat sich das Spek­trum noch­mals erwei­tert mit der Schwei­ze­ri­schen Gesell­schaft für Ernäh­rung und der sexu­al­päd­ago­gi­sche Fach­stelle Liebe, Sex usw.

Geschäfts­füh­rer der Stif­tung RADIX Rainer Frei mit Igna­zio Cassis, Bundes­rat und Ehren­prä­si­dent von RADIX.

Sie sind schweiz­weit tätig. Was sind die Heraus­for­de­run­gen in einem föde­ra­len System? Wie stark müssen Sie Ihre Ange­bote regionalisieren?

Die Schweiz funk­tio­niert föde­ral. Als natio­nale Orga­ni­sa­tion hat man zwei Möglich­kei­ten: Man hat ein zentra­les Büro in Bern. Oder man stellt sich dezen­tral auf. RADIX ist 1972 in Zürich entstan­den. In der Gesund­heits­för­de­rung ist es wich­tig, dass die Akti­vi­tä­ten regio­nal ange­passt und veran­kert werden. Um natio­nal präsent und regio­nal veran­kert zu sein betrei­ben wir in Zürich, Luzern, Bern und Lausanne je ein eine regio­nale Fach­stelle. RADIX Sviz­zera Italiana und die Schwei­ze­ri­sche Gesund­heits­stif­tung RADIX haben eine gemein­same Geschichte. Das Tessin machte jedoch eine der Region ange­passte Entwick­lung: Heute ist RADIX Sviz­zera Italiana eigen­stän­dig und arbei­tet mit Projekt­bei­trä­gen des Kantons Tessin.

Wie gelingt es Ihnen als Stif­tung, Ange­bote zu multi­pli­zie­ren und breit auszurollen?

Die poli­ti­sche Verant­wort­lich­keit für Gesund­heit und somit auch für Gesund­heits­för­de­rung ist nicht auf natio­na­ler, sondern auf kanto­na­ler Ebene. In meiner frühe­ren Tätig­keit war ich Beauf­trag­ter für Gesund­heits­för­de­rung des Kanton St. Gallen. Schweiz­weit gibt es in allen Kanto­nen sowie in Lich­ten­stein Beauf­tragte für Gesund­heits­för­de­rung. Diese haben sich in der Verei­ni­gung für kanto­nale Beauf­tragte für Gesund­heits­för­de­rung orga­ni­siert. Ich war von 2000 bis 2002 Präsi­dent dieser Verei­ni­gung. In dieser Funk­tion konnte ich ein wert­vol­les natio­na­les Bezie­hungs­netz aufbauen, das für die schweiz­weite Vernet­zung von RADIX bis heute wich­tig ist. Es ist die Basis für die natio­nale Multi­pli­ka­tion und regio­nal ange­passte Umset­zung von Ange­bo­ten der Gesund­heits­för­de­rung und Prävention.

Seit 2018 ist die Geschäfts­stelle der Schwei­ze­ri­schen Gesell­schaft für Ernäh­rung SGE bei RADIX inte­griert. Wie ist diese Inte­gra­tion zustande gekommen?

Im Vergleich mit gesun­der Bewe­gung ist gesunde Ernäh­rung eine bedeu­tend komple­xere Thema­tik. Darum war die Schwei­ze­ri­schen Gesell­schaft für Ernäh­rung SGE bereits seit länge­rer Zeit eine wich­tige Part­ner­or­ga­ni­sa­tion von RADIX. Denn die SGE verfügt über hohe Kompe­tenz für Fragen zu gesun­der Ernäh­rung. Leider war die Kompe­tenz für die kosten­de­ckende Bewirt­schaf­tung einer natio­na­len Fach­stelle in der SGE deut­lich weni­ger ausge­prägt. Deshalb hat sie eine solide Träger­or­ga­ni­sa­tion gesucht und ist bei RADIX fündig gewor­den. Der Zufall wollte es, dass eine lang­jäh­rige Mitar­bei­te­rin von RADIX sowohl Ernäh­rungs­wis­sen­schaf­te­rin als auch versierte Fund­rai­se­rin ist. Seit sie das Präsi­dium des Vereins SGE über­nom­men hat, arbei­tet die SGE zwar noch nicht ganz kosten­de­ckend, aber sie bewegt sich konti­nu­ier­lich in diese Richtung.

Als natio­nale Orga­ni­sa­tion hat man zwei Möglich­kei­ten: Man hat ein zentra­les Büro in Bern. Oder man stellt sich dezen­tral auf.

Rainer Frei, Geschäfts­füh­rer RADIX

Über Stif­tungs­rat und Patro­nats­ko­mi­tee verfü­gen Sie über ein Netz­werk zu den unter­schied­lichs­ten Akteu­ren des Gesund­heits­we­sens, Behör­den und Versi­che­run­gen. Wo sehen Sie noch Poten­zial, um die Zusam­men­ar­beit zu stärken?

Der Stif­tungs­rat von RADIX ist so zusam­men­ge­setzt, dass unsere wich­tigs­ten Arbeits­fel­der durch Fach­per­so­nen aus diesen Berei­chen im Stif­tungs­rat vertre­ten sind. Das Präsi­dium ist tradi­tio­nel­ler und auch sinn­vol­ler­weise durch eine Persön­lich­keit der Gesund­heits­po­li­tik besetzt. Schon der Grün­der von RADIX, Profes­sor Mein­rad Schär, enga­gierte sich als Gesund­heits­po­li­ti­ker im Natio­nal­rat. Ihm folgte Profes­sor und Stän­de­rat Felix Gutz­wil­ler. Sein Nach­fol­ger war der Präven­tiv­me­di­zi­ner des Kantons St. Gallen Fran­çois van der Linde. Dann präsi­dierte der heutige Bundes­rat und Ehren­prä­si­dent von RADIX Igna­zio Cassis den Stif­tungs­rat. Aktu­ell präsi­diert die lang­jäh­rige Natio­nal­rä­tin und versierte Gesund­heits­po­li­ti­ke­rin Ruth Humbel den Stif­tungs­rat. In unse­rem Patro­nats­ko­mi­tee sind Orga­ni­sa­tio­nen vertre­ten, die RADIX ideell und finan­zi­ell unter­stüt­zen. Unsere Zusam­men­ar­beit mit bestehen­den und neuen Koope­ra­ti­ons­part­nern stärkt und erwei­tert sich mit der Akquise und Umset­zung neuer Leis­tungs­auf­träge zum Glück kontinuierlich.

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