Wo sehen Sie die wichÂtigste Aufgabe für RADIX in den nächsÂten Jahren?
Die themaÂtiÂschen HerausÂforÂdeÂrunÂgen für die GesundÂheitsÂförÂdeÂrung sind überÂschauÂbar: Mangel an BeweÂgung, falsche ErnähÂrung, Stress, Sucht und Gewalt. Je nach BevölÂkeÂrungsÂgruppe sind diese PhänoÂmene aber unterÂschiedÂlich ausgeÂprägt: Teenies, ManaÂgeÂrinÂnen oder SenioÂren beispielsÂweise haben bezügÂlich GesundÂheit und WohlÂbeÂfinÂden je einen eigeÂnen Bedarf. Dabei spieÂlen indiÂviÂduÂelle VerhalÂtensÂweiÂsen und der soziale Kontext eine entscheiÂdende Rolle. Die Aufgabe von RADIX ist es, in den verschieÂdeÂnen gesundÂheitÂliÂchen ThemenÂbeÂreiÂchen fachÂlich fundierte und praxisÂoriÂenÂtierte Impulse zu geben. Dabei richÂten wir uns zumeist nicht direkt an die BevölÂkeÂrung, sondern an FachÂleute wie bspw. SuchtÂexÂperÂten, ErnähÂrungsÂbeÂraÂteÂrinÂnen oder LehrÂperÂsoÂnen. Um eine BreiÂtenÂwirÂkung mit VeranÂkeÂrung zu schafÂfen ist eine kontiÂnuÂierÂliÂche und konstrukÂtive ZusamÂmenÂarÂbeit mit diesen MultiÂpliÂzieÂrenÂden entscheiÂdend. So betreibt RADIX bspw. seit 25 Jahren ein NetzÂwerk, an dem sich schweizÂweit rund 2000 SchuÂlen mit rund 350’000 SchüÂleÂrinÂnen und SchüÂlern aus allen vier SprachÂreÂgioÂnen beteiligen.
Im GesundÂheitsÂbeÂreich sind viele Akteure unterÂwegs. Welche Themen oder FrageÂstelÂlunÂgen können Sie als private StifÂtung besser bearbeiten?
Der GesundÂheitsÂbeÂreich ist ein weites Feld. RADIX konzenÂtriert sich auf die GesundÂheitsÂförÂdeÂrung und PrävenÂtion. Dort ist das Feld an schweizÂweit präsenÂten AkteuÂren überÂschauÂbar. GrundÂsätzÂlich können wir als private StifÂtung, die schweizÂweit LeisÂtungsÂaufÂträge umsetzt, flexiÂbler agieÂren als bspw. ein kantoÂnaÂles GesundÂheitsÂdeÂparÂteÂment oder ein BundesÂamt. Wir sind mit mehrÂheitÂlich langÂfrisÂtiÂgen AufträÂgen kontiÂnuÂierÂliÂcher und umfasÂsend präsent. Damit ergänÂzen und unterÂstütÂzen wir die vielen regioÂnaÂlen und lokaÂlen Akteure. So betreiÂben wir bspw. im Auftrag des BundesÂamÂtes für GesundÂheit BAG seit 2009 die SchweiÂzeÂriÂsche KoorÂdiÂnaÂtiÂons- und FachÂstelle Sucht INFODROG. Diese hat ihre rechtÂliÂche GrundÂlage im BetäuÂbungsÂmitÂtelÂgeÂsetz, ArtiÂkel 29a Absatz 3. Auf dieser Basis defiÂniert das BAG in vierÂjähÂriÂgen LeisÂtungsÂaufÂträÂgen die AufgaÂben von INFODROG. Für die straÂteÂgiÂsche SteueÂrung finden zweiÂmal jährÂlich TrefÂfen statt, an welchen die VerantÂwortÂliÂchen des BAG, von INFODROG sowie die GeschäftsÂleiÂtung von RADIX teilnehmen.
Um eine BreiÂtenÂwirÂkung mit VeranÂkeÂrung zu schafÂfen ist eine kontiÂnuÂierÂliÂche und konstrukÂtive ZusamÂmenÂarÂbeit mit diesen MultiÂpliÂzieÂrenÂden entscheidend.
Rainer Frei, Geschäftsführer
Im verganÂgeÂnen Jahr feierte RADIX das 50-jährige Bestehen. Zur GrünÂdungsÂzeit gab es in der Schweiz noch kein KranÂkenÂverÂsiÂcheÂrungsÂobÂliÂgaÂtoÂrium während heute der Fokus oft auf den Prämien liegt. VerhinÂdert das Thema Kosten, dass andere Aspekte der GesundÂheit genüÂgend AufmerkÂsamÂkeit erhalten?
Der Pionier von Public Health in der Schweiz war der Arzt ProfesÂsor MeinÂrad Schär. Er hat 1955 als erster SchweiÂzer in KaliÂforÂnien den Master of Public Health erhalÂten. 1965 wurde er der erste DirekÂtor des heutiÂgen InstiÂtuts für EpideÂmioÂloÂgie, BiostaÂtisÂtik und PrävenÂtion EBPI der UniverÂsiÂtät Zürich. 1972 hat er RADIX gegrünÂdet, weil er nicht nur forschen, sondern auch umsetÂzen wollte. Das StifÂtungsÂkaÂpiÂtal war die BundesÂfeiÂerÂspende von 1971 im Umfang von 280’000 FranÂken. SeitÂher finanÂziert sich RADIX prakÂtisch vollÂumÂfängÂlich mit LeisÂtungsÂaufÂträÂgen. Ein wichÂtiÂger AuftragÂgeÂber von uns ist die StifÂtung GesundÂheitsÂförÂdeÂrung Schweiz. Diese wird finanÂziert mit einem Beitrag von 4,80 FranÂken, den alle in der Schweiz lebenÂden PersoÂnen über die KranÂkenÂverÂsiÂcheÂrung leisÂten. RechÂnet man die Beiträge von privaÂten StifÂtunÂgen dazu, ist die FinanÂzieÂrung von PrävenÂtion und GesundÂheitsÂförÂdeÂrung in der Schweiz gut abgedeckt.
Sie betreiÂben acht KompeÂtenzÂzenÂtren. Wie sind diese entstanden?
MeinÂrad Schär hat aus seinem AufentÂhalt in den USA den Ansatz der CommuÂnity based health promoÂtion in die Schweiz mitgeÂbracht. Bis heute ist die gemeinÂdeÂoriÂenÂtierte GesundÂheitsÂförÂdeÂrung mit unseÂrem KompeÂtenzÂzenÂtrum «Gesunde GemeinÂden» ein wichÂtiÂger fachÂliÂcher Ansatz. 1993 kamen die VitaÂparÂcours hinzu, die wir bis heute an schweizÂweit rund 500 StandÂorÂten im Auftrag der Zurich VersiÂcheÂrung und in enger ZusamÂmenÂarÂbeit mit den lokaÂlen TrägerÂschafÂten betreiÂben. Als Pendant zu den «GesunÂden GemeinÂden» kamen 1997 die «GesunÂden SchuÂlen» zu RADIX. Heute betreiÂben wir neben dem bereits erwähnÂten SchulÂnetzÂwerk auch die AlliÂanz «Gesunde SchuÂlen» mit dem Ziel: «Die Schule bietet allen BeteiÂligÂten einen anspruchsÂvolÂlen, attrakÂtiÂven Arbeits‑, Lern- und LebensÂraum.» 2009 hat sich die KapaÂziÂtät von RADIX innert einem Jahr fast verdopÂpelt und das fachÂliÂche SpekÂtrum stark erweiÂtert. Damals kamen INFODROG, feel-ok und das Zentrum für SpielÂsucht zu uns. 2018 hat sich das SpekÂtrum nochÂmals erweiÂtert mit der SchweiÂzeÂriÂschen GesellÂschaft für ErnähÂrung und der sexuÂalÂpädÂagoÂgiÂsche FachÂstelle Liebe, Sex usw.

Sie sind schweizÂweit tätig. Was sind die HerausÂforÂdeÂrunÂgen in einem födeÂraÂlen System? Wie stark müssen Sie Ihre AngeÂbote regionalisieren?
Die Schweiz funkÂtioÂniert födeÂral. Als natioÂnale OrgaÂniÂsaÂtion hat man zwei MöglichÂkeiÂten: Man hat ein zentraÂles Büro in Bern. Oder man stellt sich dezenÂtral auf. RADIX ist 1972 in Zürich entstanÂden. In der GesundÂheitsÂförÂdeÂrung ist es wichÂtig, dass die AktiÂviÂtäÂten regioÂnal angeÂpasst und veranÂkert werden. Um natioÂnal präsent und regioÂnal veranÂkert zu sein betreiÂben wir in Zürich, Luzern, Bern und Lausanne je ein eine regioÂnale FachÂstelle. RADIX SvizÂzera Italiana und die SchweiÂzeÂriÂsche GesundÂheitsÂstifÂtung RADIX haben eine gemeinÂsame Geschichte. Das Tessin machte jedoch eine der Region angeÂpasste EntwickÂlung: Heute ist RADIX SvizÂzera Italiana eigenÂstänÂdig und arbeiÂtet mit ProjektÂbeiÂträÂgen des Kantons Tessin.
Wie gelingt es Ihnen als StifÂtung, AngeÂbote zu multiÂpliÂzieÂren und breit auszurollen?
Die poliÂtiÂsche VerantÂwortÂlichÂkeit für GesundÂheit und somit auch für GesundÂheitsÂförÂdeÂrung ist nicht auf natioÂnaÂler, sondern auf kantoÂnaÂler Ebene. In meiner früheÂren TätigÂkeit war ich BeaufÂtragÂter für GesundÂheitsÂförÂdeÂrung des Kanton St. Gallen. SchweizÂweit gibt es in allen KantoÂnen sowie in LichÂtenÂstein BeaufÂtragte für GesundÂheitsÂförÂdeÂrung. Diese haben sich in der VereiÂniÂgung für kantoÂnale BeaufÂtragte für GesundÂheitsÂförÂdeÂrung orgaÂniÂsiert. Ich war von 2000 bis 2002 PräsiÂdent dieser VereiÂniÂgung. In dieser FunkÂtion konnte ich ein wertÂvolÂles natioÂnaÂles BezieÂhungsÂnetz aufbauen, das für die schweizÂweite VernetÂzung von RADIX bis heute wichÂtig ist. Es ist die Basis für die natioÂnale MultiÂpliÂkaÂtion und regioÂnal angeÂpasste UmsetÂzung von AngeÂboÂten der GesundÂheitsÂförÂdeÂrung und Prävention.
Seit 2018 ist die GeschäftsÂstelle der SchweiÂzeÂriÂschen GesellÂschaft für ErnähÂrung SGE bei RADIX inteÂgriert. Wie ist diese InteÂgraÂtion zustande gekommen?
Im Vergleich mit gesunÂder BeweÂgung ist gesunde ErnähÂrung eine bedeuÂtend kompleÂxere ThemaÂtik. Darum war die SchweiÂzeÂriÂschen GesellÂschaft für ErnähÂrung SGE bereits seit längeÂrer Zeit eine wichÂtige PartÂnerÂorÂgaÂniÂsaÂtion von RADIX. Denn die SGE verfügt über hohe KompeÂtenz für Fragen zu gesunÂder ErnähÂrung. Leider war die KompeÂtenz für die kostenÂdeÂckende BewirtÂschafÂtung einer natioÂnaÂlen FachÂstelle in der SGE deutÂlich weniÂger ausgeÂprägt. Deshalb hat sie eine solide TrägerÂorÂgaÂniÂsaÂtion gesucht und ist bei RADIX fündig geworÂden. Der Zufall wollte es, dass eine langÂjähÂrige MitarÂbeiÂteÂrin von RADIX sowohl ErnähÂrungsÂwisÂsenÂschafÂteÂrin als auch versierte FundÂraiÂseÂrin ist. Seit sie das PräsiÂdium des Vereins SGE überÂnomÂmen hat, arbeiÂtet die SGE zwar noch nicht ganz kostenÂdeÂckend, aber sie bewegt sich kontiÂnuÂierÂlich in diese Richtung.
Als natioÂnale OrgaÂniÂsaÂtion hat man zwei MöglichÂkeiÂten: Man hat ein zentraÂles Büro in Bern. Oder man stellt sich dezenÂtral auf.
Rainer Frei, GeschäftsÂfühÂrer RADIX
Über StifÂtungsÂrat und PatroÂnatsÂkoÂmiÂtee verfüÂgen Sie über ein NetzÂwerk zu den unterÂschiedÂlichsÂten AkteuÂren des GesundÂheitsÂweÂsens, BehörÂden und VersiÂcheÂrunÂgen. Wo sehen Sie noch PotenÂzial, um die ZusamÂmenÂarÂbeit zu stärken?
Der StifÂtungsÂrat von RADIX ist so zusamÂmenÂgeÂsetzt, dass unsere wichÂtigsÂten ArbeitsÂfelÂder durch FachÂperÂsoÂnen aus diesen BereiÂchen im StifÂtungsÂrat vertreÂten sind. Das PräsiÂdium ist tradiÂtioÂnelÂler und auch sinnÂvolÂlerÂweise durch eine PersönÂlichÂkeit der GesundÂheitsÂpoÂliÂtik besetzt. Schon der GrünÂder von RADIX, ProfesÂsor MeinÂrad Schär, engaÂgierte sich als GesundÂheitsÂpoÂliÂtiÂker im NatioÂnalÂrat. Ihm folgte ProfesÂsor und StänÂdeÂrat Felix GutzÂwilÂler. Sein NachÂfolÂger war der PrävenÂtivÂmeÂdiÂziÂner des Kantons St. Gallen FranÂçois van der Linde. Dann präsiÂdierte der heutige BundesÂrat und EhrenÂpräÂsiÂdent von RADIX IgnaÂzio Cassis den StifÂtungsÂrat. AktuÂell präsiÂdiert die langÂjähÂrige NatioÂnalÂräÂtin und versierte GesundÂheitsÂpoÂliÂtiÂkeÂrin Ruth Humbel den StifÂtungsÂrat. In unseÂrem PatroÂnatsÂkoÂmiÂtee sind OrgaÂniÂsaÂtioÂnen vertreÂten, die RADIX ideell und finanÂziÂell unterÂstütÂzen. Unsere ZusamÂmenÂarÂbeit mit bestehenÂden und neuen KoopeÂraÂtiÂonsÂpartÂnern stärkt und erweiÂtert sich mit der Akquise und UmsetÂzung neuer LeisÂtungsÂaufÂträge zum Glück kontinuierlich.