In einer Zeit, in der die nachhaltige Finanzierung von Qualitätsjournalismus vor beispiellosen Herausforderungen steht, zeichnet sich ein innovativer Ansatz für die Medienfinanzierung und ‑eigentümerstruktur ab, der über das traditionelle Spannungsfeld zwischen staatlicher Förderung und reinem Marktmechanismus hinausgeht. Wissenschaftler:innen und Praktiker:innen sprechen von einer «Krise der zivilgesellschaftlichen Medien», die die Suche nach alternativen Finanzierungsmodellen dringlicher macht denn je. Dieser dritte Weg eröffnet eine vielversprechende Zukunft für die Verfügbarkeit von «Informationen im öffentlichen Interesse», indem er die Effizienz des Marktes mit einem beharrlichen Engagement für journalistische Integrität und positive gesellschaftliche Wirkung kombiniert.
Das traditionelle Dilemma
Die Medienbranche ringt seit Langem mit zwei dominierenden Finanzierungsmodellen, von denen jedes seine eigenen Einschränkungen und Herausforderungen mit sich bringt. Die staatliche Förderung bietet zwar Stabilität und Ressourcen für Journalismus im öffentlichen Interesse, bringt jedoch oft erhebliche Nachteile mit sich. Besonders bedenklich ist das Risiko politischer Einflussnahme, vor allem in Regionen mit fragilen demokratischen Strukturen. Selbst in etablierten Demokratien geraten staatlich finanzierte Medienorganisationen zunehmend unter Druck, parteiische Tendenzen zu zeigen oder ihre Berichterstattung anzupassen, um parteipolitischen Interessen genüge zu tun.
Marktbasierte Modelle wiederum bringen ihre eigenen Herausforderungen mit sich. Traditionell kommerzielle Medienunternehmen, die auf Werbeeinnahmen und Zahlungen der Mediennutzer:innen, wie zum Beispiel Abonnements, angewiesen sind, müssen häufig Profitabilität über die Wichtigkeit der Bereitstellung von «Informationen im öffentlichen Interesse» stellen. Diese Priorisierung führt oft zu problematischen Ergebnissen: der Verbreitung von Klickbait-Inhalten, der Jagd nach Sensationen statt Substanz und der Vernachlässigung wichtiger, aber kommerziell weniger rentabler Berichterstattungen. Bedeutende investigative Projekte, die häufig erhebliche Ressourcen und Zeit erfordern, könnten zugunsten profitablerer Inhalte auf Eis gelegt werden.
Entstehung eines dritten Weges
Ein neues Modell zeichnet sich ab, das eine vielversprechende Alternative zu diesen traditionellen Ansätzen bietet. Dieser dritte Weg verbindet die Effizienz der Marktmechanismen mit einem festen Bekenntnis zur redaktionellen Integrität für einen Journalismus, der Informationen im öffentlichen Interesse bereitstellt. Im Gegensatz zur staatlichen Finanzierung bietet dieser Ansatz Finanzierung ohne politische Bedingungen und ermöglicht es den Medien, ihre Unabhängigkeit und kritische Stimme zu wahren. Und anders als rein marktorientierte Ansätze ist er darauf ausgerichtet, Demokratie und informierte Gesellschaften zu fördern, anstatt finanzielle Renditen zu maximieren.
Risikoabsicherung der Pressefreiheit durch konzessionelles Kapital
Ein wesentlicher Bestandteil, um diesen dritten Weg gangbar zu machen, ist der strategische Einsatz von konzessionellem Kapital – also Kapital, das zu Bedingungen bereitgestellt wird, die erheblich grosszügiger sind als marktübliche Konditionen und typischerweise aus philanthropischen Quellen stammt. Dieses Kapital erfüllt zwei wesentliche Funktionen bei der Unterstützung unabhängiger Medien. Erstens spielt es eine wichtige Rolle bei der Risikominderung von Investitionen in Pressefreiheit und unabhängige Medien. Da philanthropisches Kapital geringere Renditen akzeptiert und bereit ist, erste Verlustpositionen zu übernehmen, kann es Medien in ihren verletzlichsten Phasen schützen, insbesondere in herausfordernden Märkten oder während digitaler Transformationen. Dieser Ansatz des «geduldigen Kapitals» schafft einen Puffer, der es unabhängigen Medien ermöglicht, nachhaltige Geschäftsmodelle aufzubauen, ohne ihre redaktionelle Integrität zu gefährden.
Zweitens hilft konzessionelles Kapital, die Lücke zwischen finanziellen Erträgen und der Schaffung eines gesellschaftlichen Mehrwertes zu überbrücken. Unabhängiger Journalismus schafft beträchtliche positive Externalitäten – Vorteile für die Gesellschaft, die in herkömmlichen finanziellen Metriken nicht erfasst werden. Dazu gehören gestärkte demokratische Institutionen, weniger Korruption, erhöhte Regierungsverantwortlichkeit und besser informierte Bürger:innen. Während diese Ergebnisse einen grossen gesellschaftlichen Wert schaffen, lassen sie sich nicht direkt in finanzielle Erträge für Medienorganisationen oder deren Investoren ummünzen.
Philanthropisches Kapital kompensiert diesen Marktfehler, indem es niedrigere finanzielle Renditen im Tausch gegen breitere gesellschaftliche Wirkung akzeptiert.
Durch die Risikoabsicherung von Investitionen in Initiativen zur Pressefreiheit, schützt und fördert konzessionelles Kapital diese wichtige demokratische Funktion in ihrer fragilsten Phase, insbesondere in herausfordernden Märkten, in denen die Pressefreiheit besonders bedroht ist. Philanthropisches Kapital kompensiert diesen Marktfehler, indem es niedrigere finanzielle Renditen im Tausch gegen breitere gesellschaftliche Wirkung akzeptiert. Dieser «blended finance»-Ansatz, der philanthropisches und kommerzielles Kapital kombiniert, schafft ein vollständigeres Ökosystem, in dem sowohl finanzielle Nachhaltigkeit als auch gesellschaftliche Wirkung richtig bewertet und unterstützt werden.
Nonprofit-Journalismus
Das Konzept, das Risiko der Pressefreiheit durch konzessionelles Kapital abzusichern, steht in Einklang mit der wachsenden Bewegung hin zum Nonprofit-Journalismus. Nonprofit-Medienorganisationen sind, allein schon durch ihren Ansatz gesellschaftliche Wirkung über Gewinnmaximierung zu stellen, ideale Kandidaten für diese Art der finanziellen Unterstützung. Während kommerzielle Medien weiterhin wirtschaftlichem Druck ausgesetzt sind, haben sich Nonprofit-Redaktionen als starke Hüter des investigativen Journalismus sowie der Bereitstellung von unabhängigen Informationen im öffentlichen Interesse erwiesen. Die Kombination aus philanthropischem, risikominderndem Kapital und Nonprofit-Journalismus schafft ein besonders resilientes Modell zur Erhaltung redaktioneller Unabhängigkeit. Der Nonprofit-Status ermöglicht es diesen Organisationen, steuerlich absetzbare Spenden und Zuwendungen anzunehmen und klare Governancestrukturen zu erhalten, die journalistische Integrität schützen.
Dieses Modell hat sich besonders effektiv für spezialisierten investigativen Journalismus, lokale Berichterstattung und andere entscheidende, aber kommerziell herausfordernde Formen des Journalismus erwiesen. Organisationen wie ProPublica, The Marshall Project und La Presse in Kanada nutzen diesen Ansatz erfolgreich. In Kanada bietet der Status der «Qualified Canadian Journalism Organization» (QCJO) einen regulatorischen Rahmen, der es registrierten Journalismusorganisationen ermöglicht, als gemeinnützige Organisationen zu agieren, Spendenquittungen auszustellen und spezifische Steuervorteile zu erhalten. Dadurch wird eine eigene rechtliche Kategorie für gemeinnützige Nachrichtenorganisationen geschaffen.
Informationen im öffentlichen Interesse als unverzichtbares Gemeingut
In der heutigen digitalisierten Welt müssen wir unser Verständnis von Informationen im öffentlichen Interesse grundlegend überdenken. Die traditionellen Grenzen des Journalismus werden durch künstliche Intelligenz, soziale Medien und neue digitale Technologien neu definiert, die die Erstellung, Verbreitung und den Konsum von Informationen verändert haben. Diese Transformation verlangt eine breitere Auffassung von «Informationen im öffentlichen Interesse» als unverzichtbares Gemeingut – eines, das über traditionelle Nachrichtenberichterstattung hinausgeht und Initiativen zur Faktenüberprüfung, digitale Kompetenzprogramme, zivilgesellschaftliche Technologieplattformen und kollaborative Informationsökosysteme umfasst.
Da KI-Systeme zunehmend die Informationsflüsse beeinflussen und soziale Medienplattformen den öffentlichen Diskurs weiterhin umgestalten, müssen wir erkennen, dass der Schutz und die Förderung von Informationen im öffentlichen Interesse einen umfassenderen Ansatz erfordern.
Indem wir Informationen im öffentlichen Interesse als Gemeingut betrachten – ähnlich wie saubere Luft oder öffentliche Bildung – können wir die notwendigen Investitionen besser rechtfertigen und strukturieren, um sie zu erhalten.
Das dritte Weg-Finanzierungsmodell muss sich weiterentwickeln, um diese neueren Formen von Anbietern von Informationen im öffentlichen Interesse zu umfassen, und anerkennen, dass das moderne Informationsökosystem miteinander verbunden und voneinander abhängig ist. Indem wir Informationen im öffentlichen Interesse als Gemeingut betrachten – ähnlich wie saubere Luft oder öffentliche Bildung – können wir die notwendigen Investitionen besser rechtfertigen und strukturieren, um sie zu erhalten. Diese breitere Perspektive hilft uns zu verstehen, warum Marktkräfte allein das gesamte Spektrum der Bedürfnisse nach Informationen im öffentlichen Interesse nicht ausreichend unterstützen können und warum innovative Finanzierungsansätze, die finanzielle Renditen mit gesellschaftlichem Einfluss verbinden, entscheidend für unsere demokratische Zukunft sind.
Initiierung einer Aufwärtsspirale
Einer der stärksten Aspekte dieses dritten Weges ist seine Fähigkeit, einen positiven Kreislauf zu schaffen, in dem finanzielle Tragfähigkeit und qualitativ hochwertige Informationen im öffentlichen Interesse sich gegenseitig verstärken. Organisationen können in Qualitätsinhalte investieren, ohne negative finanzielle Konsequenzen befürchten zu müssen. Diese Investition in Qualität führt oft zu höherem Vertrauen und Engagement des Publikums, was wiederum zu größerer finanzieller Nachhaltigkeit durch Abonnements, Mitgliedschaften und anderen Einnahmequellen führen kann.
Anwendung in herausfordernden Märkten
Das dritte Weg-Modell erweist sich als besonders wertvoll in herausfordernden Märkten, in denen traditionelle Finanzierungsmodelle nicht ausreichen. In Regionen mit schwachen Werbemärkten, begrenzten philanthropischen Ressourcen oder schwierigen politischen Rahmenbedingungen kann dieser Ansatz unabhängigen Medien eine Lebensader bieten. Durch die Kombination von finanzieller Unterstützung mit Unterstützung bei der Geschäftsentwicklung hilft er Organisationen, schwierige Phasen zu bewältigen, während sie ihre redaktionelle Unabhängigkeit wahren können.
Zukünftige Bedeutung
Dieses Modell des dritten Weges hat bedeutende Implikationen für die Zukunft der Bereitstellung von Informationen im öffentlichen Interesse:
- Skalierbarkeit: Mit zunehmendem Erfolg könnte das Modell auf verschiedene Märkte und Kontexte übertragen werden, was möglicherweise einen neuen Standard für Medienfinanzierung schafft.
- Innovation: Der Ansatz fördert die Erprobung neuer Geschäftsmodelle und Einnahmequellen, während redaktionelle Standards erhalten bleiben.
- Nachhaltigkeit: Indem sowohl finanzielle Tragfähigkeit als auch journalistische Qualität im Fokus stehen, bietet das Modell einen Weg zur finanziellen Nachhaltigkeit unabhängiger Medien.
Schlussfolgerung
Die Entstehung dieses dritten Weges in der Medienfinanzierung stellt eine vielversprechende Entwicklung für die Zukunft von Informationen im öffentlichen Interesse dar. Durch die Kombination der besten Aspekte von Markteffizienz mit einem zielgerichteten Fokus auf hochwertigen Journalismus, bietet dieser Ansatz eine potenzielle Lösung für die langjährigen Herausforderungen der Mediennachhaltigkeit und Unabhängigkeit.
Da traditionelle Modelle weiterhin mit der digitalen Transformation der Medienbranche und der Herausforderung, Qualitätsjournalismus in einem Zeitalter der Informationsüberflutung aufrechtzuerhalten, zu kämpfen haben, bietet dieser Ansatz eine vielversprechende Vorlage für den Aufbau widerstandsfähiger und unabhängiger Medienorganisationen. Er mag kein Allheilmittel für alle aktuellen Probleme des Journalismus sein, stellt jedoch eine wichtige Innovation im Bestreben dar, die dauerhafte Bereitstellung von Informationen im öffentlichen Interesse zu sichern.
Der Erfolg dieses Modells könnte eine neue Ära einleiten, in der Qualitätsjournalismus und finanzielle Nachhaltigkeit nicht als konkurrierende, sondern als sich ergänzende Ziele gesehen werden.
Der Erfolg dieses Modells könnte eine neue Ära einleiten, in der Qualitätsjournalismus und finanzielle Nachhaltigkeit nicht als konkurrierende, sondern als sich ergänzende Ziele gesehen werden. Wenn mehr Organisationen diesen Ansatz übernehmen und weiterentwickeln, könnte ein resilienteres und unabhängigeres Medienökosystem entstehen, das besser dafür gerüstet ist, das öffentliche Interesse zu bedienen und den demokratischen Diskurs im digitalen Zeitalter zu unterstützen.
Ein reales Beispiel
Ein Beispiel für diesen dritten Weg ist der Media Development Investment Fund (MDIF). Seit 1996 unterstützt der MDIF weltweit unabhängige Medienunternehmen mit einer Kombination aus Krediten, Beteiligungen und technischer Hilfe. Mit über 320 Millionen Dollar Finanzierungen hat der MDIF gezeigt, wie investitionsgetriebene Medienunternehmen in herausfordernden Märkten erfolgreich sein können, ohne ihre redaktionelle Unabhängigkeit aufzugeben. Dieses Praxisbeispiel zeigt, dass der dritte Weg nicht nur theoretisch ist, sondern ein gangbaren Weg für die Zukunft des Journalismus zur Bereitsstellung von Informationen im öffentlichen Interesse ist.