Bild: Arnaud Jaegers, Unsplash

Poli­ti­sche Teil­habe für alle Menschen mit Behinderungen

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates möchte den diskriminierenden Stimmrechtsausschluss für Menschen mit Behinderungen aus der Verfassung streichen. Diese Entwicklung wird auch von Pro Infirmis begrüsst.

Laut Arti­kel 136 der Schwei­zer Bundes­ver­fas­sung dürfen Menschen nicht abstim­men, die «wegen Geis­tes­krank­heit oder Geis­tes­schwä­che entmün­digt sind», wie es im Wort­laut heisst. Rund 16’000 Menschen, die unter umfas­sen­der Beistand­schaft stehen oder durch eine vorsor­ge­be­auf­tragte Person vertre­ten werden, fallen in der Schweiz in diese Kate­go­rie und dürfen sich nicht an poli­ti­schen Prozes­sen betei­li­gen. An der Behin­der­ten­ses­sion vom 24. März 2023 kam es zur Forde­rung, dass kein Mensch aufgrund seiner Behin­de­rung vom Wahl- und Stimm­recht ausge­schlos­sen sein darf. Dieser Forde­rung soll nun statt­ge­ge­ben und der diskri­mi­nie­rende Arti­kel in der Verfas­sung gestri­chen werden. «Wir begrüs­sen es, dass der Bundes­rat den Hand­lungs­be­darf erkennt und eine Ausgangs­lage schafft, um wich­tige Forde­run­gen der Behin­der­ten­ses­sion umzu­set­zen», sagt Feli­ci­tas Huggen­ber­ger, Direk­to­rin von Pro Infir­mis.

Ein unprak­ti­scher Mechanismus

Denn die Rege­lung beruht auf einem frag­wür­di­gen Mecha­nis­mus: Eine Beistand­schaft kann aus verschie­dens­ten Grün­den ausge­spro­chen werden, so beispiels­weise auch für Perso­nen, die ihre Finan­zen nicht selbst verwal­ten können. Die Mass­nahme hat also nichts mit der Fähig­keit zur poli­ti­schen Willens­bil­dung zu tun. Dass die von der Rege­lung betrof­fe­nen Menschen von der poli­ti­schen Teil­habe ausge­schlos­sen werden ist nicht nur diskri­mi­nie­rend, sondern verstösst auch gegen die UN‑Behindertenrechtskonvention, welche die Schweiz rati­fi­ziert hat. «Die heutige Rege­lung ist diskri­mi­nie­rend und wider­spricht funda­men­tal dem Grund­satz der Gleich­heit aller Bürge­rin­nen und Bürger», wird Natio­nal­rat Marc Jost in einer Mittei­lung von Pro Infir­mis zitiert.

Über­hol­tes Verständ­nis von Behinderungen

Durch die Verfas­sungs­än­de­rung sollen die Betrof­fe­nen Menschen die poli­ti­schen Rechte erhal­ten, die ihnen zuste­hen. Die Staats­po­li­ti­sche Kommis­sion des Natio­nal­ra­tes schreibt in seiner Stel­lung­nahme: «Die Kommis­si­ons­mehr­heit ist erstens der Ansicht, dass es proble­ma­tisch ist, Perso­nen mit Behin­de­run­gen die poli­ti­schen Rechte syste­ma­tisch zu entzie­hen, da eine umfas­sende Beistand­schaft nicht zwangs­läu­fig bedeu­tet, dass diese Perso­nen nicht in der Lage sind, sich eine eigene Meinung zu bilden und ihre poli­ti­schen Rechte auszu­üben.» Die Kommis­sion hält fest, dass keine andere Bevöl­ke­rungs­gruppe solchen Einschrän­kun­gen unter­liegt oder die Fähig­kei­ten zur poli­ti­schen Willens­bil­dung unter Beweis stel­len muss und führt weiter aus: «Zwei­tens ist die Kommis­si­ons­mehr­heit der Meinung, dass die Formu­lie­rung dieses Verfas­sungs­ar­ti­kels über­holt und nicht mehr mit dem zeit­ge­nös­si­schen und gesell­schaft­lich weit­ver­brei­te­ten Verständ­nis von Behin­de­run­gen und psychi­schen Krank­hei­ten verein­bar ist.»

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