Vor 25 Jahren wurde die UBS Optimus Foundation gegründet. Wie hat sich die Stiftung seither verändert?
Curdin Duschletta: Die Stiftung ist 1999 im kleineren Rahmen als recht klassische Förderstiftung gestartet und vor allem in den letzten zehn Jahren stark gewachsen. Während der Themen-Schwerpunkt zu Beginn auf Kindern lag, ist der Fokus heute deutlich breiter. Im letzten Jahr allein wurden über 320 Millionen US-Dollar an Spendengeldern eingenommen sowie 370 Projekte aktiv gemanagt. Sämtliche Kosten der Stiftung wurden von Beginn weg durch die Bank übernommen, sodass Spenden von Kundinnen und Kunden seit jeher vollständig in die ausgewählten Projekte fliessen. Über die Jahre hat sich die Stiftung substanziell weiterentwickelt – insbesondere bei Förder- und Finanzierungsmodellen wurde Pionier- und Innovationsarbeit geleistet. Auch die Kooperation mit externen Akteuren, wie beispielsweise Projekt- und Partnerorganisationen, anderen Stiftungen oder auch mit Regierungen, wurde stetig verbessert. Unser Anspruch an Wirkung sowie die entsprechende Expertise ist signifikant gewachsen. Philanthropie darf nicht nur gut gemeint sein, sie muss auch gut gemacht sein.
Mit welcher Strategie verfolgen sie dieses Ziel?
CD: Die Stiftung ist konsequent auf Wirkung ausgerichtet. Wir arbeiten kompromisslos evidenzbasiert und mit systemischen und kollaborativen Ansätzen, die eigens dafür entwickelt wurden. Unsere Überzeugung lautet, dass ein Engagement, das Wirkung zeigen und Freude machen soll, auf Daten und Fakten basiert. Es muss darauf ausgerichtet sein, Probleme nachhaltig zu lösen. Um das zu erreichen, arbeiten wir mit geeigneten Partnern zusammen.
Philanthropie darf nicht nur gut gemeint sein, sie muss auch gut gemacht sein.
Curdin Duschletta, Head Social Impact & Philanthropy UBS
Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?
CD: Wir fokussieren auf Themen, bei denen unserer Beurteilung nach viel Wirkungspotenzial besteht, die jedoch noch unterfinanziert sind. So zum Beispiel im Gesundheitsbereich auf Community Health Worker. Dabei handelt es sich um Gesundheitspersonal, welches dank minimaler Ausbildung und ausgestattet mit den wichtigsten Medikamenten sicherstellt, dass auch in entlegenen Gebieten eine medizinische Grundversorgung gewährleistet ist.
Das Gesundheitswesen birgt also besonders viel Wirkungspotenzial?
Sarah Gonzalez Arza: Ja, denn trotz grosser Fortschritte im Gesundheitsbereich sterben jedes Jahr weltweit sechs Millionen Kinder vor ihrem 16. Geburtstag an leicht vermeidbaren Krankheiten. Mit einfachen Mitteln, wie Hebammen für eine sichere Geburt, einer besseren Ernährung zur Verhinderung von Unterernährung und einfachen Medikamenten, können viele dieser Tode verhindert werden. Nach der Unterstützung einzelner Organisationen, wie zum Beispiel von «Last Mile Health» in Liberia, arbeitet die UBS Optimus Foundation inzwischen mit anderen Stiftungen an der «Africa Frontline First»-Initiative, die in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern und Regierungen 200’000 Community Health Worker in zehn verschiedenen afrikanischen Ländern professionell ausbilden wird. Philanthropie ist ein Team- und kein Einzelsport. Keine Person und keine Stiftung kann Probleme alleine lösen. Deshalb gehen wir Partnerschaften ein: um Probleme langfristig und systemisch angehen zu können.
Was wäre ein Beispiel einer solchen Partnerschaft?
CD: Unsere «Climate Collective» fokussiert auf den Erhalt und die Aufforstung von Mangroven in Südostasien. Aus der Klimaschutzoptik gilt: Mangroven nehmen viermal so viel CO2 auf, wie Wälder an Land. Sie leisten aber auch einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität und dienen als Erosionsschutz an den Küsten. Für die Gemeinschaften, die dort leben, stellen sie eine wichtige wirtschaftliche Grundlage dar. Wenn also verschiedene Akteure je mit ihrem individuellen Fokus – sei es Klimaschutz, Küstenschutz oder die ökologische Crevettenzucht – an einem Strang ziehen, gewinnen letztlich alle. Wird zudem ein funktionierender Markt für den so gesicherten «blue carbon» aufgebaut, fliessen zusätzliche Mittel in die lokale Gemeinschaft und der Erhalt intakter Mangroven wird belohnt. So kann die Wirkung nachhaltig gesichert werden, weil eine Unabhängigkeit von Spenden und Philanthropie entsteht.
Zuerst stellt sich die Frage: Wissen wir genau, was wir bewirken wollen und wie die finanzierten Aktivitäten zur gewünschten Wirkung führen?
Sarah Gonzalez Arza, Philanthropy Advisor UBS
Wann merken Sie, dass eine Partnerschaft nicht funktioniert?
CD: Einer der Motoren einer guten Partnerschaft sind ein gemeinsames Ziel und eine Vision. Es muss Einigkeit darüber herrschen, was man bewegen will. Ehrlichkeit, Offenheit und Transparenz sind entscheidend. Wie in der Philanthropie insgesamt braucht es auch in einer Partnerschaft Messgrössen, um zu erkennen, wann eine Partnerschaft funktioniert oder wo Interessenkonflikte bestehen.
Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren?
CD: Es ist wichtig, lokale Kräfte einzubinden. Nur so passen Lösungen und funktionieren langfristig. Bei praktisch all unseren Programmen geschieht die Implementierung durch Partner vor Ort. Wenn dank philanthropischen Geldern erfolgsversprechende Lösungen lokal erfolgreich getestet wurden, sehen wir als unseren Auftrag, diese Projekte in andere Geographien und Kontexte zu vermitteln.
SGA: Selbstverständlich ist die Wahl der richtigen Partner auch hierzulande entscheidend. So unterstützen wir mit dem Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien das Projekt «Schenk mir eine Geschichte». Dank Geschichtenstunden in ihrer Muttersprache werden mehrsprachige Kinder im Vorschulalter im Sprechen und Lesen gefördert. Dies kommt ihnen in ihrer weiteren Schullaufbahn und auch beim Lesen und Schreiben zugute.
Philanthropie soll den Weg auch für klassisches Investitionskapital bereiten.
Curdin Duschletta
Sie erwähnen im Zusammenhang mit Ihrem Jubiläum, dass die Optimus Foundation bereits 6,7 Millionen Menschen geholfen hat. Woraus ergibt sich eine solche Zahl?
SGA: Unsere Wirkungsmessung haben wir über die Jahre stetig weiterentwickelt. Den grösseren Bezugs-Rahmen bilden die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen. Unser mit externen und internen Experten entwickeltes Impact-Rating-Tool hat drei Dimensionen. Zuerst stellt sich die Frage: Wissen wir genau, was wir bewirken wollen und wie die finanzierten Aktivitäten zur gewünschten Wirkung führen? Die zweite Dimension betrifft die Breite und Tiefe unserer Wirkung: Erreichen wir wirklich diejenigen, die unsere Unterstützung am meisten benötigen? Und zuletzt geht es darum, diese Wirkung zu skalieren und eine nachhaltige, langfristige Verbesserung zu messen. Für alle Dimensionen braucht es klare Kriterien, die vorab festgelegt und danach regelmässig überprüft werden. So können wir festlegen, wie viele Menschen tatsächlich von unseren Projekten profitiert haben.
Sollte eine solche Wirkungsmessung nicht selbstverständlich sein?
SGA: Unser Ziel ist es, dass dies selbstverständlich wird. Wir wissen aber, dass es nach wie vor sehr viele Projekte gibt, die Symptome mindern, statt bei den eigentlichen Ursachen anzusetzen, und deshalb keine tatsächliche Verbesserung bewirken. Wir sehen es auch als unseren Auftrag, unser Know-how zu teilen, damit in der Philanthropie eine Lernkultur entsteht.
Aber spätestens wenn man andere von einer Idee überzeugen will, muss man belegen können, dass diese funktioniert.
Sarah Gonzalez Arza
Überfordern Sie damit nicht auch kleinere Organisationen?
SGA: Wenn wir etwas nicht messen, können wir am Ende nicht sagen, ob ein Projekt erfolgreich ist. Aber natürlich gilt es, eine Balance zu finden, um die Organisationen nicht zu überfordern. Aber spätestens wenn man andere von einer Idee überzeugen will, muss man belegen können, dass diese funktioniert.
Der Kanton Zürich fördert mit einer Initiative den Stiftungsstandort. Hat diese einen Einfluss auf ihre Arbeit?
CD: Wir begrüssen die Initiative des kantonalen Steueramtes. Unternehmerische Fördermodelle stehen einer Steuerbefreiung nun nicht mehr im Weg. Diese Entwicklung haben wir in den letzten Jahren über Investments wie Development Impact Bonds und Impact Loans der UBS Optimus Foundation aktiv vorangetrieben. So hat die UBS Optimus Foundation seit 2018 Impact Investments in der Höhe von über 20 Millionen US-Dollar in selber ausgewählte und begleitete Projekte getätigt. Wir sind froh, dass sich die Pionierleistungen in diesem Feld nun auszahlen. Philanthropie soll den Weg auch für klassisches Investitionskapital bereiten. So arbeiten wir aktiv an weiteren Impact Investments und «Blended Finance»-Vehikeln, in enger Zusammenarbeit auch mit anderen Bereichen der UBS. Wenn philanthropisches Kapital nicht bloss als Spendengeld sondern als Investition eingesetzt und im Erfolgsfall wiederverwendet werden kann – allenfalls sogar immer und immer wieder – ist dies für alle Beteiligten ein Gewinn.