Nähe als Heraus­for­de­rung und Stärke

Regionale Medien sind zentraler Bestandteil einer lebendigen Demokratie. Lokal verankert, greifen sie wichtige Themen auf und binden die Community aktiv ein – sie sind eine wichtige Stütze gegen aufkommende Informationswüsten.

Die Medien stecken in einer tiefen Trans­for­ma­ti­ons­krise. Regio­nale Medien sind von der Disrup­tion über­pro­por­tio­nal betrof­fen. Unter­schied­li­che euro­päi­sche Studien bele­gen Nach­rich­ten- und Infor­ma­ti­ons­wüs­ten gerade in länd­li­chen Regio­nen, etwa in Ostdeutsch­land. Das hat gravie­rende Auswir­kun­gen auf das demo­kra­ti­sche Wesen unse­rer Gesellschaft. 

«Wir wissen bereits seit 2018 aus einer Studie der Univer­si­tät Zürich, dass es einen direk­ten Zusam­men­hang zwischen der loka­len Bericht­erstat­tung und der Wahl­be­tei­li­gung gibt: Je weni­ger die Medien über lokale Poli­tik berich­ten, desto tiefer ist die Wahl­be­tei­li­gung in den Gemein­den», sagt Konrad Weber, Medien und Stra­te­gie­be­ra­ter. Findet in gewis­sen Regio­nen keine unab­hän­gige Bericht­erstat­tung mehr statt, fehlt es an Trans­pa­renz und einem öffent­li­chen Korrektiv. 

In Ostdeutsch­land, aber auch in ande­ren Teilen der Welt können wir beob­ach­ten, dass dies auch dazu führen kann, dass Grup­pie­run­gen mit extre­men Posi­tio­nen leich­ter mobi­li­sie­ren und ihre Anlie­gen durch­set­zen können. 

Gefahr für lokale Medien

In der Schweiz grei­fen solche Entwick­lun­gen im Vergleich zu den umlie­gen­den Ländern aufgrund föde­ra­ler Struk­tu­ren und des Mehr­par­tei­en­sys­tems weni­ger schnell. Aller­dings ist die Tendenz klar. Das kürz­lich erschie­nene Jahr­buch Quali­tät der Medien 2024 des Forschungs­zen­trums Öffent­lich­keit und Gesell­schaft (foeg) der Univer­si­tät Zürich schreibt, dass die Medi­en­kon­zen­tra­tion in der Regio­nal­be­richt­erstat­tung zwar tiefer sei als in der Inlands- und der Auslands­be­richt­erstat­tung, aber dass die Mehr­fach­ver­wer­tung glei­cher Beiträge zu regio­na­len Themen 2023 im Vergleich zum Vorjahr erst­mals stark zuge­nom­men habe. Das foeg erach­tet es als proble­ma­tisch, sollte diese Entwick­lung der inhalt­li­chen Medi­en­kon­zen­tra­tion in der Regio­nal­be­richt­erstat­tung so weiter­ge­hen. Noch viel mehr zu denken gibt Weber, dass unter­des­sen 46 Prozent der Schwei­zer Bevöl­ke­rung ange­ben, wenig oder gar keine Nach­rich­ten zu konsu­mie­ren. Weber gibt zu beden­ken: «Dies wirkt sich auf die lokale Medi­en­bran­che gleich doppelt gefähr­lich aus. Zum einen gibt es immer weni­ger Menschen, die noch bereit sind, für Medi­en­an­ge­bote zu zahlen, zum ande­ren führt die Zunahme der Medi­en­kon­zen­tra­tion dazu, dass noch mehr Menschen sich aktiv gegen die Medi­en­nut­zung entschei­den, weil sie sich durch die loka­len Ange­bote nicht mehr abge­holt fühlen.» 

Medi­en­wüs­ten verhindern 

Das hat auch der Natio­nal­rat erkannt. Am 26. Septem­ber 2024 hat er dem befris­te­ten Ausbau der Indi­rek­ten Pres­se­för­de­rung (IPF) zuge­stimmt. Die Entste­hung von Medi­en­wüs­ten soll so verhin­dert werden, schreibt der Verband Schwei­zer Medien (VSM). Doch war dieser Entscheid nicht unum­strit­ten. Kriti­sche Stim­men bemän­gel­ten, dass mit der Indi­rek­ten Pres­se­för­de­rung der unauf­halt­same Wandel einfach nur verlang­samt würde. «Mit dem Ausbau der Indi­rek­ten Pres­se­för­de­rung soll die Förde­rung der Post­zu­stel­lung befris­tet auf sieben Jahre um 15 Millio­nen erhöht und die Früh­zu­stel­lung mit 30 Millio­nen Fran­ken pro Jahr geför­dert werden. Davon profi­tier­ten in erster Linie regio­nale Titel mit einer Auflage von weni­ger als 40’000 Exemplaren. 

Diese finan­zi­elle Entlas­tung soll den Verla­gen ermög­li­chen, mehr Mittel in die digi­tale Trans­for­ma­tion zu inves­tie­ren», erklärt Weber.
«Wir haben in den letz­ten Jahren sehr viel in die Digi­ta­li­sie­rung inves­tiert», sagt Harold Bieler, Publi­zis­ti­scher Leiter des Walli­ser Boten. 

Die Walli­ser Regio­nal­zei­tung rüstete sich mit einer eige­nen App und einem eige­nem Redak­ti­ons­sys­tem für die Zukunft. Bieler fügt an: «Betrach­tet man die Entwick­lun­gen in der natio­na­len Medi­en­bran­che in den letz­ten Jahren, zeigt sich, dass es für Tages­zei­tun­gen oder Radio­sta­tio­nen insbe­son­dere in Rand­re­gio­nen immer schwie­ri­ger wird.» 

Auch die Verlags­lei­te­rin  Rafaela Devo­nas-Eberle des Zolli­ker Zumi­ker Boten ist sich bewusst, dass sie mit ihrem Verlag in diesem Bereich noch erheb­li­ches Poten­zial hat. Der Verlag arbei­tet daher an verschie­de­nen Digi­ta­li­sie­rungs­pro­jek­ten, um ihr Ange­bot zu verbes­sern und auszubauen. 

Zukunft Print

«Print bleibt ein wich­ti­ges Medium, das weiter­hin eine rele­vante Rolle spie­len wird», ist Devo­nas-Eberle über­zeugt, und sie erläu­tert: «Für Inse­ren­ten ist es ein wesent­li­cher Vorteil, dass Anzei­gen in Print­me­dien aktiv wahr­ge­nom­men werden, während sie online häufig wegge­klickt oder durch Adblo­cker vermehrt auto­ma­tisch entfernt werden.» Deshalb setzt sie auf Print. Es sei zwar spür­bar, dass die Firmen ihre Kommu­ni­ka­ti­ons­bud­gets auf Online und Print auftei­len und für die einzel­nen Titel weni­ger verfüg­bar seien, sagt sie, dennoch sei die Loya­li­tät gegen­über dem Zolli­ker Zumi­ker Boten weiter­hin da. «Wir alle wissen, in welche Rich­tung der Jour­na­lis­mus in Zukunft geht. Mit der gedruck­ten Zeitung verdie­nen wir immer noch das meiste Geld», sagt Bieler vom Walli­ser Boten, «aber es geht immer schnel­ler in Rich­tung digi­tal.» Entschei­dend seien in Zukunft die Abon­ne­mente, ist er über­zeugt, deshalb hätten sie die Digi­ta­li­sie­rung voran­ge­trie­ben.  Devo­nas-Eberle ist der Ansicht, dass die umfas­sende Verbrei­tung und die lokale Veran­ke­rung der Regio­nal­zei­tung für Unter­neh­men mit loka­lem Fokus weiter­hin äusserst attrak­tiv ist, weil sie alle Haus­halte in Zolli­kon und Zumikon erreicht und die Einwohner:innen zuver­läs­sig über das lokale Gesche­hen infor­miert. Auch Chris­toph Blochers Swiss Regio­me­dia setzt auf Print. Gemäss eige­nen Anga­ben erreicht der Verlag mit 29 Titeln in 19 Gebie­ten der Deutsch­schweiz wöchent­lich rund eine Million Kontakte mit einer addier­ten Auflage von 901’504. Das ist erheblich.

Commu­nity einbinden

In Basel, Bern und Zürich haben sich in den letz­ten Jahren neue Online-Medien entwi­ckelt, die sich finan­zi­ell diver­si­fi­zie­ren und mit ihren Leser:innen auf Tuch­füh­lung gehen: Bajour, Haupt­stadt und Tsüri. Alle drei haben die IT-Infra­struk­tur von we.publish gewählt. Das älteste, Tsüri, wird heuer zehn Jahre alt. Das Regio­nal­me­dium hat sich etabliert und ist für viele Leser:innen zur Gewohn­heit geworden.

Simon Jacoby, Jour­na­list und Grün­der von Tsüri, sagt, dass ein moder­nes Regio­nal­me­dium seine Ziel­gruppe nicht als passive Kund­schaft verste­hen dürfe. Er versteht die Tsüri-Leser­schaft als eine aktive Commu­nity. «Das heisst, man kommu­ni­ziert trans­pa­rent und bezieht die User:innen aktiv in Recher­chen ein», betont er, «diese Nähe schafft Vertrauen in den Jour­na­lis­mus und erhöht die Zahlungsbereitschaft.» 

Weil die redak­tio­nel­len Ressour­cen oft knapp sind, müssen sie sich auf die für die Commu­nity rele­van­tes­ten Themen – die Wohnungs­krise in Zürich  – fokussieren. 

«Es braucht Empa­thie für die Region, in der die Menschen leben, ohne lokal­pa­trio­tisch zu sein», sagt Jürg Stei­ner, Jour­na­list und Co-Redak­ti­ons­lei­ter von «Haupt­stadt», die seit 2022 in Bern berich­tet. Er erläu­tert, dass ein Regio­nal­me­dium die Nähe zu Menschen suchen und die physi­sche Präsenz mit öffent­li­chen Events und Talks keines­falls scheuen sollte. 

Wich­tig sei, mit den tägli­chen Inhal­ten nicht nur die Berner Insider:innen zu bedie­nen, sondern auch Zuge­wan­derte, die (noch) keinen Draht zu loka­len Details haben, und er betont: «Ein Regio­nal­me­dium ist dann glaub­wür­dig, wenn der Verlag vor Ort ist, also auch die unter­neh­me­ri­schen Entschei­dun­gen regio­nal resp. lokal getrof­fen werden, und es Anre­gun­gen von den Leser:innen aufnimmt.» 

Zur Gewohn­heit werden

Seit gut fünf Jahren infor­miert das Bajour-Team die Menschen in der Region Basel mit einem tägli­chen News­let­ter, mit dem Basel Brie­fing. «Wir bieten eine klare, rele­vante Auswahl an Themen aus den Berei­chen, die den Alltag und das Leben hier prägen. 

Ab und zu wagen wir auch den Blick über den Teller­rand – auf natio­nale Themen oder auf inter­na­tio­nale Ereig­nisse wie die US-Wahlen, erklärt die Chef­re­dak­to­rin Ina Bull­win­kel. Mit der Konti­nui­tät des tägli­chen News­let­ters, dieser wartet jeden Morgen um 6.00 Uhr im Post­fach der Leser:innen, will das Regio­nal­me­dium zur Gewohn­heit der loka­len Bevöl­ke­rung werden. 

Das scheint zu gelin­gen: «Inzwi­schen zählen wir 13’000 Abonnent:innen und wir haben eine sehr hohe Öffnungs­rate. Das zeigt uns, dass wir für viele Menschen rele­vant sind», sagt Samuel Hufschmid, Redak­tor und Geschäftsleitungsmitglied. 

Auch Bajour betont die Wich­tig­keit der Inter­ak­tion mit den Leser:innen, Hufschmid erklärt: «Wenn wir unsere Frage des Tages stel­len, bekom­men wir bis zu 2500 Antwor­ten. Das gibt uns ein star­kes Gefühl dafür, dass wir die Menschen errei­chen und zum Dialog anre­gen.» Das Regio­nal­me­dium spricht seine Commu­nity direkt an und nutzt dabei nicht nur das tägli­che Brie­fing, sondern auch Insta­gram und Veran­stal­tun­gen, um mit den Menschen zu reden statt über sie. Der Austausch mit ihren Leser:innen findet beim Walli­ser Boten zum einen über die sozia­len Medien statt. Dort reagie­ren auch User:innen, die kein Abo haben. Die Abo-Gewin­nung in diesem Segment sei aller­dings schwie­rig, gibt Herold Bieler zu beden­ken. Und er fügt an: «Weiter kann man unsere Online-Arti­kel auch kommen­tie­ren. Aller­dings fehlen hier vielen Kommen­ta­to­ren (zu) oft Anstand und Respekt.» Auch  Leser­briefe publi­ziert der Walli­ser Boten weiter­hin regel­mäs­sig. In diesen äussern sich Leser:innen mehr­heit­lich zu poli­ti­schen Themen. Leser­briefe sind auch Austausch­for­mat beim Zolli­ker Zumi­ker Boten. Kritik an den eige­nen Arti­keln findet so einen Platz, sagt Devo­nas-Eberle. Um diese auch insti­tu­tio­na­li­siert zu stär­ken, baut der Zolli­ker Zumi­ker Bote gerade ein Gremium für eine externe Blatt­kri­tik auf.

Neuan­fang

Während bestehende Medien ihre etablier­ten Prozesse und Gefässe auf neue Entwick­lun­gen anpas­sen müssen, star­te­ten die drei Online-Medien frei von Bestehen­dem. «Wir konn­ten die interne Unter­neh­mens­kul­tur neu gestal­ten und uns von alten Ritua­len wie der diszi­pli­nie­ren­den Blatt­kri­tik der Chefs verab­schie­den», gibt Stei­ner von Haupt­stadt als Vorteil beim Neube­ginn an. «Wir haben sehr flache Hier­ar­chien, einen Einheits­lohn, und wir thema­ti­sie­ren regel­mäs­sig im Plenum Themen wie die psychi­sche Belas­tung.»  Jacoby von Tsüri betont: «Ich würde immer neu grün­den, statt etwas zu über­neh­men.» Er fügt an, es gebe keine Erwar­tun­gen an das Projekt, keine fest­ge­fah­re­nen Struk­tu­ren, keine Altlas­ten. Dennoch: Auf der grünen Wiese zu star­ten braucht Mut. Der Austausch hilft. Für Hufschmid von Bajour war einer der gros­sen Vorteile, den er erlebt hat, der schnelle Zugang zu ande­ren Medien auf we.publish, die ähnli­che Wege gehen. Dies, weil sie oft schon einen Schritt weiter sind. Und es würden sich so Einbli­cke bieten, die man von etablier­ten Verla­gen wie Tame­dia oder CH Media kaum bekomme. «Bei uns ist Trans­pa­renz und Austausch zentral. Wir sind ein moti­vier­tes Team, das offen
zugibt, dass wir nicht alle Antwor­ten kennen – und genau dieser Geist des Mitein­an­ders prägt uns», sagt der Basler Redak­tor. «Es ist ein riesi­ger Vorteil, vonein­an­der zu lernen und gemein­sam auf bessere Ergeb­nisse hinzu­ar­bei­ten.» Die Medien auf we.publish vereint eine Kultur der Offen­heit und des Teilens. Schliess­lich verfol­gen sie ein gemein­sa­mes Ziel. «Uns allen ist Medi­en­viel­falt wich­tig. Deshalb enga­gie­ren wir uns», sagt Jacoby, und er ist über­zeugt, dass es daher Sinn macht, die glei­che IT-Infra­struk­tur zu nutzen und diese gemein­sam weiter­zu­ent­wi­ckeln. Stei­ner rela­ti­viert denn auch die Idee des abso­lu­ten Neuan­fangs. So rich­tig auf der grünen Wiese sei man nicht gestar­tet, weil es ja andere Lokal­me­dien gebe, mit denen man vergli­chen werde, und man selber oft eine Vergan­gen­heit habe in konven­tio­nel­len Medien, gibt er zu bedenken. 

Marke­ting via Social Media

Die sozia­len Medien sind gemäss Stei­ner unver­zicht­bar, um jüngere Menschen zu errei­chen. Eine Meinung, die auch bei Bajour geteilt wird. «Es ist wich­ti­ger denn je, die Kanäle zu nutzen, wo sich heute insbe­son­dere jüngere Menschen tatsäch­lich aufhal­ten», erklärt Hufschmid. Die rich­tige Kanal­wahl kann entschei­dend sein. So gelingt es, Leser:innen auf die Website zu brin­gen. Doch er weist auch auf die Grat­wan­de­rung hin, die dieser Ansatz mit sich bringt. Hufschmid betont: «Social Media kann zwar eine Brücke zur Öffent­lich­keit bauen, doch jour­na­lis­ti­sche Inhalte dürfen nicht verwäs­sert werden.» Aus diesem Grund hat das Basler Online-Medium beispiels­weise die «Frage des Tages» einge­führt, die den Dialog abseits von «X» fördern soll. Mit dieser Stra­te­gie soll ein quali­ta­tiv hoch­wer­ti­ger, diffe­ren­zier­ter Diskurs entste­hen, der weit über den schnel­len Social-Media-Effekt hinaus­geht. In den sozia­len Medien ist die Konkur­renz für Aufmerk­sam­keit riesig. Jedes KMU, jeder noch so kleine Laden kann heute mit einer Kampa­gne Wirkung erzie­len. Dies bietet Chan­cen. «Ein Arti­kel über ein KMU mit einer gros­sen Social-Media-Follo­wer­schaft kann für die Verbrei­tung des Medien-Brands durch­aus hilf­reich sein», sagt Stei­ner, und er gibt zu beden­ken, dass nur wenige regio­nale KMU den Aufwand leis­te­ten, ihre Social-Media-Kanäle konti­nu­ier­lich zu bewirt­schaf­ten. Jacoby ergänzt: «Die Social-Media-Kanäle des Gewer­bes betrachte ich eher als Input statt als Konkur­renz. Ausser­dem sind die poli­ti­schen Zusam­men­hänge der Kern des Lokal­jour­na­lis­mus, und diese sind nicht auf Social Media zu finden.» 

Jünger und frecher

Die sozia­len Medien haben den Kontakt zur Commu­nity verän­dert. Sie bieten neue, direkte Austausch­mög­lich­kei­ten. Aller­dings sind sich Lokaljournalist:innen schon immer einen engen Kontakt zu den Menschen, über die sie berich­ten, gewohnt. Dies bedarf einer beson­de­ren Verant­wor­tung, weil sie einer­seits kritisch berich­ten sollen und ande­rer­seits die Verbin­dun­gen zu ihrer eige­nen Commu­nity aufrecht­erhal­ten müssen. «Bei Bajour setzen wir auf einen etwas jünge­ren Jour­na­lis­mus mit einem etwas ande­ren Ton», betont Bull­win­kel, «aber wir machen einen Jour­na­lis­mus, der seinen Namen verdient, dabei wollen wir inte­ger, glaub­wür­dig und unab­hän­gig sein.» Auch der Walli­ser Bote hat sich in den letz­ten Jahren neu aufge­stellt. «Wir sind jünger gewor­den. Auch frecher. Und unab­hän­gi­ger, sagt der publi­zis­ti­sche Leiter. Das führt seitens der Poli­tik hie und da zu Miss­stim­mung. Aber wir schrei­ben, was ist, und nicht, was Staats­räte wollen. Mit dem Verle­ger
Fredy Bayard, der 2018 über­nom­men hat, ist der Verlag wirt­schaft­lich gut aufge­stellt. Wir müssen derzeit nicht wegen jeder ange­droh­ten Abo-Kündi­gung erschre­cken.» Mitt­ler­weile hat Bayard das Unter­neh­men seinen Mitarbeiter:innen «zu einem mode­ra­ten Preis» verkauft. Er hofft, dass dank dieses Eigen­tü­mer-Modells die Zeitung möglichst lange den Einhei­mi­schen gehört und auch so daher­kommt. Rafaela Devo­nas-Eberle findet, dass Regio­nal­me­dien durch­aus inves­ti­ga­tiv und kritisch arbei­ten können. Sie gibt zu beden­ken, dass es Heraus­for­de­run­gen durch enge Verflech­tun­gen mit loka­len Akteur:innen geben kann und es oft eine Grat­wan­de­rung ist zwischen Unab­hän­gig­keit und gesell­schaft­li­chem Druck. «Im Dorf kennt man sich, da gilt es, vorsich­tig zu sein und sich mit nieman­dem anzu­f­ein­den – etwa mit «zu» kriti­schen Äusse­run­gen oder einem angeb­lich einsei­ti­gen Arti­kel. Diese Abhän­gig­kei­ten können den Mut zur kriti­schen Bericht­erstat­tung mindern. Gleich­zei­tig bieten die lokale Veran­ke­rung und der direkte Zugang zu rele­van­ten Quel­len Chan­cen, Miss­stände aufzu­de­cken, die grös­sere Medien übersehen.» 

Paywall ja oder nein

Um ihre Ange­bote zu finan­zie­ren, setzen die verschie­de­nen Medien auf unter­schied­li­che Modelle. Bajour und Tsüri setzen auf die Zahlungs­be­reit­schaft dank Nähe und Vertrauen mit ihrer Leser­schaft. Für bestimmte Projekte oder Recher­chen setzen sie auf Crowd­fun­ding. Die Haupt­stadt und der Walli­ser Bote haben eine Paywall. Die Haltung beim Walli­ser Boten ist glas­klar: «Wollen die Leute regio­nale Medien, müssen sie bereit sein, dafür zu zahlen. Auch im Online-Bereich. Daher haben wir bereits im Septem­ber 2020 als einer der ersten Schwei­zer Verlage eine harte Paywall für unsere News-App einge­führt.» Gratis gebe es nichts mehr, betont Bieler. Am Anfang musste das Walli­ser Medi­en­un­ter­neh­men dafür Kritik einste­cken. Aber Bieler ist über­zeugt, dass das Verständ­nis für Bezahl­schran­ken gestie­gen ist, weil mitt­ler­weile fast alle Verlage Bezahl­schran­ken kennen. Jour­na­lis­mus koste nun mal etwas, und er ergänzt: «Wir konn­ten unsere Abo-Zahlen seit 2020 um rund 3000 auf knapp 18’000 stei­gern. Der Anteil der Digi­tal-Abos liegt bei über 40 Prozent.» Die Paywall von Haupt­stadt ist rela­tiv weich. Jürg Stei­ner erklärt: «Über die sozia­len Medien kann man prak­tisch jeden Arti­kel gratis lesen. Ebenso gratis lesbar ist jeder Arti­kel, wenn der Link von jeman­dem weiter­ge­schickt wird.» Die Haupt­stadt kennt Abos. Mit deren Bezah­lung sichert man sich ein unein­ge­schränk­tes Online-Erleb­nis. Bezahlt man nicht, ist man mit Einschrän­kun­gen konfron­tiert. Das Verständ­nis dafür sei gross, sagt Steiner. 

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

StiftungSchweiz engagiert sich für eine Philanthropie, die mit möglichst wenig Aufwand viel bewirkt, für alle sichtbar und erlebbar ist und Freude bereitet.

Folgen Sie StiftungSchweiz auf

-
-