Die Klimajugend hat im vergangenen Jahr die Debatte neu angestossen: eine Senkung der Altersbegrenzung für das aktive Wahl- und Stimmrecht auf 16 Jahre. Nicht zuletzt die Coronakrise hat uns allen vor Augen geführt, dass wir, ob jung oder alt, eine Gesellschaft sind. Finanzielle und natürliche Ressourcen sind beschränkt. Die Verteilung muss
debattiert werden. Doch wer spricht mit?
Seit einem guten Jahr wird das Stimm-und Wahlrecht ab 16 Jahren auf nationaler und kantonaler Ebene intensiv diskutiert. Dabei ist die Diskussion nicht neu. Evi Allemann, damals SP-Nationalrätin, reichte schon am 22. Juni 2007 eine parlamentarische Initiative ein, die das aktive Stimm- und Wahlrechtsalter auf 16 Jahre festlegen wollte. Die Jugendlichen mehr einbinden, die Demokratie stärken sowie der demografischen Alterung Rechnung tragen waren die Begründung. Der Nationalrat verwarf die Vorlage mit 107 zu 61 Stimmen deutlich. Der Kanton Glarus ging damals dennoch voraus. Im Innerschweizer Kanton dürfen die 16-Jährigen seit 2007 abstimmen. Die Erfahrungen sind gut. Nun, 13 Jahre später, wollen andere Kantone folgen. So hat der Urner Landrat die Senkung des aktiven Stimmrechtsalters deutlich unterstützt. In den Kantonen Basel-Stadt, Waadt, Wallis und Zürich steht das Anliegen zurzeit auf der Traktandenliste. Und auch die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK) hat die Forderung Ende Mai auf dem Tisch.
Unterstützung von offizieller Stelle
Die Eidgenössische Kommission für Kinder- und Jugendfragen (EKKJ) unterstützt das Anliegen. Die EKKJ ist eine Expertenkommission und berät Bundesrat und Verwaltung in fachspezifischen Fragen. In einem Positionspapier legt sie dar, sie unterstütze die Senkung des aktiven Stimm- und Wahlrechtsalters auf 16 Jahre mit Nachdruck. Sie betont: Die Senkung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre festige das Bild junger Menschen, die ihre Verantwortung übernehmen. Die Ausübung des aktiven Wahlrechts eröffne den Jugendlichen die Möglichkeit, sich als Mitentscheidungsträgerinnen und ‑träger ins gesellschaftliche Leben einzubringen.
Wird die Schweiz zu einer Gerontokratie?
Ein weiteres Argument führt Claude Longchamp, Politikwissenschaftler und Historiker, in einem «Standpunkt» von Swissinfo aus. Die Stimmenden altern. Heute liegt das Medianalter der Stimmenden bei 57 Jahren – Tendenz klar steigend. Aktuell ist die Hälfte der Stimmenden älter als 57. Die Senkung des Alters von 18 auf 16 mache statistisch nicht viel aus, so Longchamp in der «Republik». Die Schweiz drohe so oder so eine Gerontokratie zu werden. Umso mehr gewinnt die Frage an Aktualität, ab wann Jugendliche in den politischen Prozess eingebunden werden sollen. Wie sollen sie ihre Anliegen einbringen? In der Klimadebatte haben sie sich auf der Strasse Gehör verschafft.
Sie haben bereits ab 16 viele Rechte und Pflichten und auch deshalb wollen sie mitsprechen. Es geht um ihre Zukunft, die sie aufgrund der steigenden Lebenserwartung immer länger mit den älteren Generationen teilen. Wie viele Projekte zeigen, die im aktuellen Magazin thematisiert werden, sind Lösungen am erfolgreichsten, wenn die Generationen zusammen profitieren und keine Trennung in Leistungsempfänger und ‑erbringer vorgenommen wird. Die Coronakrise hat uns allen vor Augen geführt, dass es nur gemeinsam geht.