Mikrokredite sind ein wichtiges Instrument zur Förderung von Unternehmertum und Armutsbekämpfung gerade auch im globalen Süden. Die Stiftung Menschen für Menschen setzt dieses Instrument gezielt ein.
Welche Menschen sind die Hauptempfänger:innen dieser Kredite?
Bei der Stiftung Menschen für Menschen unterscheiden wir zwischen städtischen und ländlichen Mikrokrediten. In städtischen Gebieten vergeben wir die Kredite fast ausschliesslich an Frauen, vor allem an alleinerziehende Mütter, die damit die Möglichkeit erhalten, eigene Kleinstunternehmen zu gründen. Auf dem Land hingegen erhalten sowohl Kleinbäuerinnen als auch Kleinbauern Kredite, die sie hauptsächlich für landwirtschaftliche Projekte nutzen.
Wie hoch sind typischerweise die Beträge, die Sie im Rahmen dieser Mikrokredite vergeben?
In städtischen Gebieten starten die Kredite oft bei etwa 90 Franken pro Person. Diese Beträge können in weiteren Runden ansteigen, je nachdem, wie sich das Geschäft entwickelt und wie die Gruppen vor Ort entscheiden. Auf dem Land vergeben wir in einigen Fällen bereits in der ersten Runde grössere Kredite, etwa 200 bis 300 Franken, da landwirtschaftliche Investitionen häufig höhere Anfangskosten erfordern.
In welchen Branchen werden diese Mikrokredite hauptsächlich eingesetzt?
In den Städten investieren die Frauen die Kredite oft in den Aufbau kleiner Geschäfte. Einige betreiben Gemüsehandel, andere eröffnen einen Kiosk oder investieren in eine Nähmaschine, um als Schneiderin zu arbeiten. Auf dem Land fliessen die Kredite häufig in landwirtschaftliche Unternehmungen wie die Viehzucht oder in den Kauf von verbessertem Saatgut. Besonders beliebt ist die Ochsenzucht, da sie sich als nachhaltige Einkommensquelle bewährt hat.
Wie unterscheiden sich die Zinssätze für Mikrokredite von denen traditioneller Bankkredite?
Die Zinssätze für unsere Mikrokredite liegen in der Regel bei etwa 5 Prozent. Sie werden von den Kreditgruppen selbst festgelegt, was den Gruppen eine gewisse Autonomie und Kontrolle gibt. Für Kreditnehmer:innen, die oft keinen Zugang zu regulären Bankkrediten haben und stattdessen auf private Geldverleiher:innen mit extrem hohen Zinssätzen angewiesen wären, ist dies eine wesentlich fairere Alternative.
Können Sie uns den Prozess der Rückzahlung dieser Mikrokredite näher erläutern?
Der Rückzahlungsprozess ist unkompliziert. Bereits nach wenigen Monaten haben die Kreditnehmer:innen in der Regel genug verdient, um den Kredit zurückzuzahlen. Die Rückzahlung erfolgt zusammen mit einem kleinen Zinssatz, was dazu führt, dass das Kapital der Gruppe stetig wächst. So können sie in der Zukunft höhere Kredite vergeben und weitere Frauen in die Gruppe aufnehmen. Dieses System schafft einen Kreislauf, der es den Kreditnehmer:innen ermöglicht, langfristig erfolgreich zu sein.
Gibt es neben der Kreditvergabe auch weitere unterstützende Massnahmen?
Absolut. Wir legen grossen Wert auf begleitende Massnahmen. Beispielsweise bieten wir Schulungen in einfacher Betriebswirtschaft und Buchhaltung an. Diese sind Teil des gesamten Mikrokreditprogramms und helfen den Kreditnehmer:innen, ihre Geschäftsmodelle zu verfeinern und erfolgreich umzusetzen. Auf dem Land bieten wir zudem spezielle Schulungen in den Bereichen Viehzucht und moderne Anbaumethoden an.
Welche Herausforderungen sehen Sie in der Vergabe von Mikrokrediten?
Die grösste Herausforderung liegt oft im Vorfeld, da viele Menschen Angst haben, sich zu verschulden. Durch unsere Schulungen und die schrittweise Einführung in das Programm können wir jedoch viele dieser Ängste abbauen.