Olivier Soret, Leiter Marketing, Kommunikation & Mittelbeschaffung bei der Krebsliga Schweiz. Bild Monika Flueckiger

Krebs­liga Schweiz: Forde­rung nach natio­na­lem Krebsplan

Olivier Soret, Leiter Marketing, Kommunikation & Mittelbeschaffung bei der Krebsliga Schweiz sagt, dass es für die komplexe Krankheit Krebs einen nationalen Krebsplan brauche, weshalb Informationen alleine nicht für eine Verhaltensänderung reichen und wo sie in der Forschung Schwerpunkte setzen.

Der März ist dem Darm­krebs gewid­met. Wie wich­tig sind solche Schwer­punkte für die Präventionsarbeit?

Diese Themen­mo­nate helfen, Akti­vi­tä­ten zu bündeln und so die Wahr­neh­mung in der Öffent­lich­keit zu stär­ken. Wenn mehrere Akteure zum glei­chen Zeit­punkt über verschie­dene Kanäle mit ähnli­chen Inhal­ten kommu­ni­zie­ren, ist das ideal. Ein gutes Beispiel dafür ist der Brust­krebs­mo­nat Okto­ber. Die Medi­en­be­richte über Brust­krebs nehmen in diesem Monat jeweils stark zu, obwohl Brust­krebs zu jedem Zeit­punkt auftre­ten kann.

Jede dritte Person wird im Verlauf ihres Lebens mit einer Krebs­dia­gnose konfron­tiert sein. Verein­facht es die Präven­ti­ons­ar­beit, dass das Thema für prak­tisch alle rele­vant ist?

Natür­lich hilft es, wenn die Menschen einen persön­li­chen Bezug zum Thema haben. Wenn beispiels­weise eine Person im Umfeld an Krebs erkrankt, kann das der Auslö­ser sein, sich selber um Themen wie Vorsorge und Präven­tion zu kümmern. Doch in der Präven­ti­ons­ar­beit versu­chen wir vor allem, klar defi­nierte Grup­pen anzu­spre­chen. Bei Darm­krebs sind das Perso­nen ab 50 Jahren, weil dann die Erken­nung von Vorstu­fen wich­tig wird. In der Haut­krebs­prä­ven­tion rich­ten wir uns dage­gen eher an Kinder und Jugend­li­che, weil deren Haut empfind­li­cher auf UV-Strah­len reagiert als jene von Erwachsenen.

In der Präven­ti­ons­ar­beit versu­chen wir vor allem, klar defi­nierte Grup­pen anzusprechen.

Olivier Soret

Worauf legen Sie den Fokus bei der Präven­ti­ons­ar­beit: Steht die Vermitt­lung von Wissen im Fokus oder wie gelingt es, eine Verhal­tens­än­de­rung zu erreichen?

Die Vermitt­lung von Wissen ist das eine. Es ist ein zentra­les Anlie­gen der Krebs­liga, Infor­ma­tio­nen fundiert und verständ­lich zu vermit­teln. Nur wenn ich die Vor- und Nach­teile einer Früh­erken­nungs­un­ter­su­chung kenne, kann ich eine gute Entschei­dung tref­fen. Unsere Broschü­ren und Erklär­vi­deos sind ein wich­ti­ger Bestand­teil unse­res Ange­bots. Für eine Verhal­tens­än­de­rung braucht es aber mehr als reine Infor­ma­tio­nen, denn der Mensch handelt nicht immer ratio­nal. Da prüfen wir auch andere Ansätze wie beispiels­weise das «Nudging», wo es grob gesagt darum geht, posi­ti­ves Verhal­ten attrak­ti­ver wirken zu lassen und zu fördern.

Beim Darm­krebs kennen verschie­dene Kantone bereits Früh­erken­nungs­pro­gramme. Weshalb braucht es das Enga­ge­ment der Krebs­liga zu diesem Thema noch?

Leider haben noch immer nicht alle Kantone in der Schweiz ein syste­ma­ti­sches Darm­krebs­scree­ning einge­führt und das trotz des beleg­ten Nutzens solcher Programme. Wir enga­gie­ren uns für die Früh­erken­nungs­pro­gramme, weil wir über­zeugt sind, dass der Zugang zu einem quali­täts­kon­trol­lier­ten, fran­chise­be­frei­ten Scree­ning nicht vom Wohn­ort abhän­gig sein darf.

Wie arbei­ten Sie mit den kanto­na­len Behör­den zusammen?

In mehre­ren Kanto­nen sind die kanto­na­len oder regio­na­len Krebs­li­gen für die Umset­zung der Früh­erken­nungs­pro­gramme zustän­dig und arbei­ten eng mit den kanto­na­len Behör­den zusam­men. Das ist gut und wich­tig, aber es reicht nicht, um eine so komplexe Krank­heit wie Krebs bewäl­ti­gen zu können. Bund, Kantone und allen betrof­fe­nen Akteure über die gesamte Versor­gungs­kette müssen voraus­schau­end und koor­di­niert zusam­men­ar­bei­ten. Deshalb fordern wir gemein­sam mit ande­ren Orga­ni­sa­tio­nen einen natio­na­len Krebsplan.

Weil wir unab­hän­gige Forschung fördern, können wir Projekte unter­stüt­zen, die für die Phar­ma­in­dus­trie nicht inter­es­sant sind.

Olivier Soret

Gibt es Aufga­ben und Enga­ge­ments der Krebs­liga, die vom Staat oder der Privat­wirt­schaft über­nom­men werden und Sie nicht weiter anbie­ten müssen?

Wir versu­chen, Lücken im System zu iden­ti­fi­zie­ren und unser Enga­ge­ment dort anzu­set­zen. Das heisst beispiels­weise, mit kosten­lo­ser Bera­tung für die Betrof­fe­nen und ihr Umfeld da zu sein, wenn nach dem Arzt­be­such Fragen auftau­chen, für die während der Sprech­stunde keine Zeit blieb. Oder finan­zi­elle Unter­stüt­zung zu leis­ten, wenn aufgrund der Krebs­er­kran­kung hohe zusätz­li­che Kosten anfal­len, die von der Versi­che­rung nicht gedeckt sind. Seit eini­gen Jahren konzen­trie­ren wir uns stär­ker auf unsere Kern­ak­ti­vi­tä­ten: Ange­bote, die anderswo in guter Quali­tät verfüg­bar sind, beispiels­weise die Ernäh­rungs­be­ra­tung, haben wir redu­ziert oder ganz gestri­chen. Dafür kommen neue Ange­bote hinzu, beispiels­weise die Peer-Platt­form, auf der Betrof­fene andere Betrof­fene begleiten.

Krebs ist die häufigste Ursa­che für einen vorzei­ti­gen Tod. Wo können Sie in der Forschung Schwer­punkte setzen oder wirkungs­vol­ler sein als die Privatwirtschaft?

Die Förde­rung der Krebs­for­schung ist eine zentrale Aufgabe der Krebs­liga Schweiz und ihrer Part­ner­or­ga­ni­sa­tion Krebs­for­schung Schweiz. Zwei­mal pro Jahr fördern sie gemein­sam 60 bis 80 Forschungs­pro­jekte in der Höhe von rund 20 Millio­nen Fran­ken. Die unter­stütz­ten Forschungs­pro­jekte decken dabei das gesamte Spek­trum der Krebs­for­schung ab, von der Grund­la­gen­for­schung über die psycho­so­ziale Forschung bis zur Versor­gungs­for­schung. Weil wir unab­hän­gige Forschung fördern, können wir Projekte unter­stüt­zen, die für die Phar­ma­in­dus­trie nicht inter­es­sant sind, obwohl sie einen Nutzen für die Pati­en­ten bringen.

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