Wer in Basel aufgewachsen ist, kennt die Kuppel. Was hat die alte Kuppel speziell gemacht?
Es war ein sehr langes Provisorium. Es stand von 1994 bis 2016. Dass ein Provisorium so lange stehen und funktionieren kann, ist speziell. Auch die Wandlung, welche die Kuppel durchgemacht hat.
Wie hat sie sich verändert?
Ursprünglich war sie ein Veranstaltungsort, an dem vom Kindertheater bis zu Salsakursen vieles programmiert wurde. Aber sie hat sich schnell zu einem der wichtigsten Konzertclubs der Region Basel und einem wichtigen für die Schweiz etabliert. Viele relevante Bands haben hier gespielt.
Die Kuppel war nicht nur für das Publikum wichtig. Sie war genauso relevant für die Künstler:innen der Region.
Tobit Schäfer, Stiftungsratspräsident der Stiftung Kuppel
Wie ist das gelungen?
Die sehr familiäre Atmosphäre hat die Kuppel ausgemacht. Neben der Zeltkuppel entstand mit den verschiedenen Anbauten eine Art Favela. Der Backstagebereich war vielleicht fünf Quadratmeter gross. Trotzdem traten Bands wie Züri West hier auf. Das lag an der Atmosphäre und an der Betreuung, wie Bands und Künstler:innen behandelt wurden. Und die Kuppel war schon immer eine Heimat der regionalen Popszene. Hier feierten lokale Bands ihre Plattentaufen und veranstalteten ihre Konzerte. Aber nicht nur: Mit unkonventionellen Formaten konnten die Künstler:innen zusammen experimentieren und ausprobieren. Die Kuppel war nicht nur für das Publikum wichtig. Sie war genauso relevant für die Künstler:innen der Region.
2016 endete das Provisorium. Gleichzeitig wurde die Stiftung gegründet. Was war die Idee?
Beim zonenfremden Provisorium war schon immer klar, dass es ein Ende haben wird. Wegen der Bedeutung der Kuppel für die Kulturstadt Basel und das Nachtleben gab es bereits 2001 erste Ideen für einen neuen Konzertclub.
Aber erst 2022 wurde gebaut?
Es gab rechtliche Probleme und vor allem fehlte die Finanzierung. 2016 fand man tatsächlich eine Mäzenin, die bereit war, den Neubau zu finanzieren. Darauf wurde die Stiftung Kuppel als gemeinnützige Organisation gegründet.
Das heisst, zuerst hatte man das Geld, und für diese wurde die Stiftung gegründet?
Eigentlich war zuerst die Idee, deren Realisierung lange nicht gelang. Dann kam das Geld. Für dieses suchte man die richtige Struktur. Das Geld sollte sicher im Sinn der Mäzenin und zum Zweck der Kulturförderung verwendet werden. Zudem war von Anfang an klar, dass man mit mäzenatischen Geld ein gemeinnützige nicht renditeorientierte Organisation schaffen würde.
Während des Planungsprozesses wurde klar, dass die Kosten höher ausfallen würden, als bei der Stiftungsgründung angenommen.
Sprach die Mäzenin einmalig Geld oder finanziert sie die Kuppel weiterhin?
Eigentlich waren es drei Schritte. Mit der ersten Zusage 2016 wussten wir, dass sie den Neubau vollständig finanziert. Mit der Zusage wurde ein neuer Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Während des Planungsprozesses wurde klar, dass die Kosten höher ausfallen würden, als bei der Stiftungsgründung angenommen. Dafür gab es eine zweite Zusage. Schliesslich konnte noch einen Fonds geäufnet werden, dessen Erträge die Instandhaltung des Gebäudes finanzieren. Der Rest, der gesamte Betrieb, muss dagegen selbsttragend funktionieren. Weil die gesamten Gebäudekosten gedeckt werden, erhält die Kuppel einen Spielraum von rund 10 bis 15 Prozent. Das Konstrukt war von Anfang an so geplant.
Sie sind seit einem Jahr unterwegs. Wie hat sich das Konzept bewährt?
Wir sind im September gestartet. Bis im Dezember lief eine Art Pilotbetrieb. Wir mussten das Gebäude testen und das Personal aufbauen. Jetzt schliessen wir die erste Saison ab. Die Resonanz des Publikums und der Künstler:innen zeigt, dass es funktionieren kann. Dass wir bereits nach einem Jahr kostendeckend sein würden, war nicht geplant. Das wäre vermessen gewesen. Aber die Richtung stimmt. Wir sind sehr positiv, dass wir das Ziel erreichen können.
Zwischen der Schliessung des Provisoriums und der Neueröffnung lagen acht Jahre. War das ein Vor- oder Nachteil?
Sowohl als auch. Ein Nachteil war, dass die Community nicht mehr gepflegt wurde. Sie muss wieder aktiviert werden. Für das Programmteam und die Kommunikation hat es dagegen auch positive Seiten. Sie können die Kuppel neu positionieren. Natürlich hoffen wir – und dazu trägt das Gebäude sicher bei, das viele positive Elemente der alten Kuppel aufnimmt – an die Stimmung von damals anknüpfen zu können. Gleichzeitig war uns klar, dass wir die Kuppel nicht für uns gebaut haben.
Wenn wir mit nostalgischen Gefühlen ab und zu an einer Party auftauchen, ist das schön.
Das heisst? Welche Rolle soll sie in der Basler Kulturszene einnehmen?
Natürlich sind alle herzlich willkommen. Ich habe Jahrgang 1980 und wurde in der Kuppel popkulturell sozialisiert. Wenn wir mit nostalgischen Gefühlen ab und zu an einer Party auftauchen, ist das schön. Aber am Ende des Tages wird das die Kuppel nicht tragen. Wir haben sie für die kommenden Generationen geschaffen. Ihnen muss sie gerecht werden. Meine Tochter wird in wenigen Tagen 17 Jahre alt. Sie gehört zum Zielpublikum. Sie müssen die neue Kuppel definieren.
Soeben feierte Basel den ESC, bald beginnt die Art – welchen Einfluss haben solche Grossevents auf regionale Kulturbetriebe?
Wenn man es gut macht, hat man einen kurzfristigen Impact. Bei der Art als wiederkehrender Event mit einer, zumindest noch, regionalen Verankerung passiert jedes Jahr etwas. Schon die alte Kuppel ging Kooperationen im Umfeld der Art ein. Für einen Konzertclub darf man sich aber nicht zu viel erhoffen. Eigentlich läuft dies auf verschiedenen Ebenen. Gerade der ESC ist wie ein UFO. Das ist nicht negativ gemeint. Aber für eine Woche war er hier und ist wieder weg. Einen nachhaltigen Impact auf uns hatte dies nicht. Wir arbeiten mit der regionalen Szene, mit den Künstler:innen und dem Publikum von hier.