Wie geht’s dir? Eine einfache Frage. Doch wann wurde sie Ihnen zuletzt ernsthaft gestellt? Psychische Gesundheit ist essenziell und die Voraussetzung, dass das Individuum als Teil der Gesellschaft funktioniert und am sozialen Leben teilnehmen kann. Gleichzeitig fällt sie allzu oft unter den Tisch. Sie wird so lange als selbstverständlich angesehen, bis sie fehlt. An einer psychischen Belastung oder Krankheit zu leiden, galt lange als Schwäche und war mit großer Scham behaftet. Über psychische Probleme spricht man nicht. Doch das ändert sich zum Glück. Reden hilft. Schreiben übrigens auch. Es sind erste Schritte, für die geeignete Hilfestellungen notwendig sind.
Die Basis
«Psychische Gesundheit ist die Basis der Gesundheit», schreibt das Bundesamt für Gesundheit BAG. Doch sie hängt von vielen Faktoren und komplexen Zusammenhängen ab. Die Krankheiten reichen von Essstörungen bis zu Depressionen. Das Fehlen einer Diagnose ist kein Beleg dafür, dass eine Person gesund ist. Von außen unsichtbar geraten Menschen in belastende, ja traumatische Lebenssituationen, in denen sie auf Hilfe angewiesen sind. Dabei ist das Umfeld wichtig. Schweizweit gibt es zahlreiche wertvolle Engagements von Vereinen und Stiftungen, die mit niederschwelligen Angeboten wie telefonischer Beratung unterstützen und vorbeugen.
Die Hilfestellung
Wie geht’s dir? Unter diesem Titel hat eine breit abgestützte und viel beachtete Präventionskampagne dazu ermutigt, über psychische Gesundheit zu reden. Jede:r Zweite erkrankt im Leben einmal psychisch. Das ist viel. Die Kampagne bietet konkrete Hilfestellung. Wo finde ich Hilfe? Das Angebot ensa zeigt, was psychische Erste Hilfe bewirken kann. Mit dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement BGM wird am Arbeitsplatz angesetzt, das Angebot Stand by You richtet sich an Angehörige und Vertraute.
Die Einsamkeit
Doch gelangen diese Hilfestellungen auch zu jenen, die sie dringend benötigen? Einsamkeit ist eine große Herausforderung in einer Gesellschaft, die individuelle Freiheit hochhält. In einer Gesellschaft, in der 37,3 Prozent in Einpersonenhaushalten leben (Erhebung von 2023). Gemäß dem Altersmonitor von Pro Senectute leidet ein Viertel der älteren Menschen unter Einsamkeit. Die Daten des BAG zeigen, dass ältere Menschen, die unter Einsamkeit leiden, eine kürzere Lebenserwartung haben.
Es gibt heute viele interessante Initiativen gegen Einsamkeit im Alter. Der Verein connect! möchte diese Initiativen miteinander verbinden und besser sichtbar machen. Doch psychische Erkrankungen treffen nicht nur ältere Menschen. Wenn früher galt: «Alles ist möglich, alles kommt gut», so hört die heutige Jugend: «Vieles wird schlechter, die Ressourcen werden knapp, es drohen ernsthafte gesellschaftliche Verwerfungen.» Auch das prägt und fordert heraus.
Mehr ist möglich
Wem es schlecht geht, der braucht Hilfe. Doch das professionelle Angebot reicht heute nicht, um die Nachfrage nach Hilfestellungen zu decken. Ausgerechnet wer dringend Hilfe braucht, muss mit langen Wartezeiten rechnen. Und dies gerade bei den von den Krankenversicherern gedeckten und damit breit anerkannten Leistungen. Die Motion Clivaz 21.3264 beauftragt den Bundesrat, «für eine dauerhafte Finanzierung von Organisationen von gesamtschweizerischer Bedeutung in den Bereichen psychische Gesundheit und Suizid- und Gewaltprävention» zu sorgen.
Umso wichtiger ist das Umfeld. Auch niederschwellige Anlaufstellen bewirken viel. Und schließlich kann und sollte jede:r aktiv werden. Für sich selbst, aber auch für seine Mitmenschen. Das Umfeld ist bei psychischen Erkrankungen ein zentraler Faktor. Wir sollten das Thema ernst nehmen. Denn dass wir psychisch gesund als Teil der Gesellschaft funktionieren, ist keine Selbstverständlichkeit. Das merkt man meist erst, wenn es zu spät ist. Wenn man nicht mehr funktioniert.