Als Mitglied der Jury für den Ideenwettbewerb der #vielfaltsinitiative haben Sie die 25 Projekte für das Publikumsvoting mitausgewählt. War für die Jury eindeutig klar, welche Projekte es sein werden?
Die Diskussionen waren respektvoll aber ebenso sehr engagiert und tiefgründig. Diese Qualität und Intensität des Dialogs war notwendig. Denn die Jury war bestrebt, die besten Projekte zu unterstützen und gleichzeitig eine Auswahl zu treffen, welche die Themen, Sprachregionen, Stadt- und Landregionen gleichermassen repräsentieren. Der Austausch war spannend.
Wie viele Projekte sind insgesamt eingegangen?
164 Projekte sind auf die Ausschreibung eingegangen.
Wie waren die Landesteile unter den Gesuchen vertreten?
Wir erhielten einen etwas geringeren Anteil an Einsendungen aus dem Tessin und der Romandie im Vergleich zu den deutschsprachigen. Bei gleicher Qualität der Projekte konnte die Jury nach Diskussion und im Konsens die Auswahl ausgleichen bei den Vorschlägen, die dem Publikum zur Abstimmung vorgelegt wurden.
Erkennen Sie Unterschiede, wie das Thema Vielfalt in der Romandie oder der Deutschschweiz verstanden wird?
Nicht wirklich. Von den 164 Anträgen betreffen 130 soziale Themen und 34 die Kultur. Die Anteile unter diesen Bereichen sind in jeder Sprachregion gleich. Es bestehen also keine grossen Unterschiede zwischen den Sprachregionen.
Vielfalt wird in der Stadt anders gelebt als auf dem Land.
Axel Roduit, Verantwortlicher Migros-Kulturprozent, Migros Genève
Zwei Dinge lassen sich jedoch festellen: Das Thema Vielfalt war vor allem ein Thema, das im sozialen Bereich Anklang fand. Ein grössere Anteil der Vorschläge nahmen diese Themen auf. Ein Unterschied, der hervorgehoben werden sollte, ist die Art der Projekte, die in sehr städtischen oder in eher ländlichen Kontexten vorgeschlagen wurden. Vielfalt wird in der Stadt anders gelebt als auf dem Land. Herausforderungen werden nicht auf die gleiche Art und Weise angegangen, egal ob es beispielsweise um Herkunft, Alter oder sexuelle Orientierung geht, wenn man sich in einer Stadt oder in einer eher ländlichen Gemeinde befindet. Das ist eines der hervorstechenden Merkmale der Vielfalt in der Schweiz. Dieses Stadt-Land-Verhältnis stellt man sich vielleicht immer ein wenig fliessender vor.
Sie haben die Projekte geprüft. Gibt es ein Rezept, wodurch erfolgreiche Projekte überzeugen?
Nein, es gibt kein Rezept! Einmal ist es die Relevanz, das Thema zu behandeln, die überzeugt, ein andermal die Originalität des Projekts, die sehr starke Glaubwürdigkeit der Beteiligten oder die Bedeutung in einem bestimmten Kontext, zu diesem bestimmten Zeitpunkt. Das ist letztlich ziemlich beruhigend!
Für den Wettbewerb konnten die Teilnehmenden ihre Gesuche über das Online-Gesuchsportal einreichen. Halten sich Aufwand für die Organisationen und geforderte Qualität die Waage oder sehen Sie noch Optimierungspotenzial?
Die Zugangsschwelle wurde absichtlich so niedrig angesetzt, um eine möglichst grosse Vielfalt an Projektreifegraden zu gewährleisten! Die Jury war immer sehr darauf bedacht, auch kleinere Projekte oder Projekte, die weniger «normiert» präsentiert wurden als jene von Organisationen mit professionellen Fundraisern, angemessen und fair zu berücksichtigen.
Gibt es Themen oder Projektarten, die bei den eingereichten Projekten untervertreten waren, wo Sie noch Potenzial sehen für eine noch grössere Vielfalt?
Die überwiegende Mehrheit der Projekte setzte auf Schlüsselpersonen, um den Zugang zu ihren Angeboten für bestimmte Zielgruppen zu stärken. Das Angebot wird in der Regel mit den Begünstigten auf gleicher Augenhöhe gestaltet und die Bedürfnisse können geäussert werden.
Ich sehe jedoch noch Potenzial, die Vielfalt in den Strukturen (Direktionen, Ausschüsse usw.) und Projektteams zu verbessern, um sie inklusiver zu gestalten.
Axel Roduit
Ich sehe jedoch noch Potenzial, die Vielfalt in den Strukturen (Direktionen, Ausschüsse usw.) und Projektteams zu verbessern, um sie inklusiver zu gestalten. Auch wenn wir in letzter Zeit Rückschritte bei der Unternehmenspolitik im Bereich Vielfalt und Inklusion beobachten konnten, ist es umfassend dokumentiert, dass vielfältigere und inklusivere Teams wirkungsvollere Massnahmen hervorbringen! Dies muss ein starkes Ziel im gemeinnützigen Bereich bleiben.