800 Verdingkinder zusammen mit Stiftungsgründer Guido. Fluri (links) und Bundesrat Beat Jans Bild: zVg Guido Fluri Stiftung

Guido Fluri Stif­tung: 800 Verding­kin­der feiern in Thun einen Meilen­stein der Schwei­zer Aufarbeitungsgeschichte

Am Samstag, den 15. Juni 2024, trafen sich auf Einladung der Guido Fluri Stiftung rund 800 Verdingkinder und andere Missbrauchsopfer in Thun zu einem Sommerfest . Unter den Anwesenden war auch Bundesrat Beat Jans, der in seiner Rede die Bedeutung der öffentlichen Anerkennung und die Entrichtung der Solidaritätsbeiträge hervorhob. Dieses Treffen markiert einen bedeutenden Schritt in der kollektiven Aufarbeitung eines dunklen Kapitels der Schweizer Geschichte.

Guido Fluri, Initia­tor der Wieder­gut­ma­chungs­in­itia­tive, betonte, dass die Geschichte der Verding­kin­der nach Jahr­zehn­ten der Tabui­sie­rung nun ein inte­gra­ler Teil der Schwei­zer Geschichte sei. Verding­kin­der seien heute keine Opfer mehr, sondern Zeit­zeu­gen. Durch die kollek­tive Aufar­bei­tung hätten die Über­le­ben­den ein neues Selbst­be­wusst­sein erlangt. Fluri erklärte: «Heute haben rund 12’000 Betrof­fene eine offi­zi­elle Aner­ken­nung für das erlit­tene Leid sowie einen Soli­da­ri­täts­bei­trag erhalten.»

Die Bedeu­tung der öffent­li­chen Anerkennung

In seiner Rede wies Bundes­rat Beat Jans auf die Bedeu­tung der öffent­li­chen Aner­ken­nung und die Entrich­tung der Soli­da­ri­täts­bei­träge hin. Er sagte: «Die grosse Anzahl ehema­li­ger Verding­kin­der und Opfer fürsor­ge­ri­scher Zwangs­mass­nah­men hier am Sommer­fest zeigt eindrück­lich, dass Gesetze Gutes bewir­ken können.» Jans betonte weiter, dass der Schwei­zer Rechts­staat nicht perfekt sei, aber die Chance biete, ihn zu verbes­sern. Er lobte die Aufar­bei­tung in der Schweiz als Vorbild für Europa und erin­nerte daran, dass im Januar die parla­men­ta­ri­sche Versamm­lung des Euro­pa­rats für eine ähnli­che Aufar­bei­tung frühe­rer Miss­brauchs­fälle in Europa gestimmt habe.

Ein dunk­les Kapi­tel der Schwei­zer Geschichte

Bis 1981 waren in der Schweiz zehn­tau­sende Kinder und Erwach­sene von fürsor­ge­ri­schen Zwangs­mass­nah­men oder Fremd­plat­zie­run­gen betrof­fen. Verding­kin­der wurden auf Bauern­hö­fen als billige Arbeits­kräfte ausge­beu­tet und erlit­ten massive körper­li­che und psychi­sche Gewalt, oft auch sexu­el­len Miss­brauch. Die Wieder­gut­ma­chungs­in­itia­tive von Guido Fluri führte zu einer umfas­sen­den Aufar­bei­tung dieser Verbre­chen. Das Vorge­hen findet inzwi­schen auch inter­na­tio­nal Anerkennung.

Ein Vorbild für Europa

Bundes­rat Jans lobte das Enga­ge­ment der Guido Fluri Stif­tung, die sich nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Europa für die Aufar­bei­tung dieser Miss­brauchs­fälle einsetzt. Gemäss einem kürz­lich gefass­ten Beschluss des Euro­pa­rats sollen die Mitglied­staa­ten das Leid der Über­le­ben­den von Kinds­miss­brauch offi­zi­ell aner­ken­nen, Wieder­gut­ma­chungs­zah­lun­gen leis­ten und eine wissen­schaft­li­che Aufar­bei­tung durch­füh­ren. «Ihrem Mut ist es zu verdan­ken, dass wir heute in der Schweiz ein Gesetz haben, das in ganz Europa als Vorbild gilt,» sagte Jans den Schwei­zer Überlebenden.

Ausblick und weitere Schritte

Die Veran­stal­tung in Thun zeigt eindrück­lich, wie weit die Schweiz in der Aufar­bei­tung dieses dunk­len Kapi­tels ihrer Geschichte gekom­men ist. Es bleibt jedoch noch viel zu tun. Die Guido Fluri Stif­tung wird weiter­hin daran arbei­ten, das Bewusst­sein für die Verbre­chen an den Verding­kin­dern und ande­ren Miss­brauchs­op­fern zu schär­fen und die Aufar­bei­tung voran­zu­trei­ben. Die Aner­ken­nung und der Soli­da­ri­täts­bei­trag sind wich­tige Schritte, doch es bedarf weite­rer Masnah­men, um sicher­zu­stel­len, dass solche Unge­rech­tig­kei­ten nie wieder vorkommen.

Diese Ereig­nisse und Reden machen deut­lich, wie wich­tig es ist, aus der Vergan­gen­heit zu lernen und gemein­sam für eine gerech­tere Zukunft zu kämp­fen. Die Geschichte der Verding­kin­der und die heutige Aner­ken­nung ihres Leids sind ein star­kes Zeichen für den Fort­schritt, den die Schweiz in den letz­ten Jahren gemacht hat.

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