In Zürich die Trittligasse hoch bis zur Nummer 16: Hier befindet sich der Ort, wo Melanie Gajowski Menschen begegnet, neue Ideen entwickelt und über Natur und Wirtschaft reflektiert. Es ist ein Ruheort mit Blick auf einen oasenartigen, grünen Garten inmitten von Zürich.
Geld vermittelt Wertschätzung
Arbeit und Leistung werden in unserer Gesellschaft mit Lohn wertgeschätzt. Geld nimmt hier eine stellvertretende Rolle wahr. Es ist ein Mittel, das oft unachtsam angewendet wird und zu ständigen Diskussionen führt. Melanie Gajowski sagt: «Mit Geld kann aber auch Liebe und Wertschätzung gezeigt werden, indem man als Überraschung eine Schachtel Schokolade oder eine schöne Pflanze kauft und mitbringt und auch indem wir Dienstleistungen und die Herstellung von Produkten fair entlöhnen.» Weiter führt sie aus: «Faire Bezahlung ist für mich eine Grundlage für den verantwortungsvollen Umgang miteinander. Was fair ist, wissen wir nur, wenn wir es miteinander aushandeln, miteinander ins Gespräch gehen. Insofern hat Geld sehr viel mit dem Ausdruck von Wertschätzung in Beziehungen zu tun.»
Geld für alle
Geld ist auf der Welt genügend vorhanden. Alle sollen Geld haben, jenes, das nicht gebraucht wird, könnte man teilen. «Teilen ist nicht Schenken», führt Melanie Gajowski weiter aus, denn Teilen gehe über das normale Mass an Schenken hinaus, betont sie. Schenken sei weggeben, teilen dagegen sei etwa die Wohnung oder den Arbeitsplatz während eigener Absenzen anderen zur Nutzung zur Verfügung zu stellen. Die Nutzer bezahlen, was sie können. Und weiter betont sie: «Es macht einen Unterschied, wenn man gutes Tun will, weil es einem gut geht. Eine Einzelperson kann sich evtl. etwas nicht leisten. Mehrere Personen gehören einem System an und wenn mehrere Teil haben, wird der Kauf erschwinglich oder das Projekt umsetzbar.
Eine Form des Schenkens ist für Melanie Gajowski Spenden. Ganz generell müsse man sich beim Spenden immer fragen, weshalb man überhaupt spendet. Latent bestehe beim Spenden immer die Gefahr, dass man sich über die Geldempfänger stelle. «Trägt es nicht genau dazu bei, das System reich – arm, Nord – Süd zu erhalten?», stellt sie in den Raum. Genau diese Frage sollte man sich bewusst stellen: «Es braucht eine seriöse Analyse, wie ich mein Geld verdienen will. Das muss sich jede Person selber überlegen. Wie bewege ich mein Geld, wo investiere ich, wo lagere ich es und was bewirke ich damit. Das Geld kommt immer aus einer Quelle», führt sie aus.
Was macht das Geld mit mir oder eben nicht
Melanie Gajowski plädiert für mehr Achtsamkeit im Umgang mit Geld. Jede und jeder sollte sich bewusst Zeit nehmen, einmal innehalten und überlegen, was Geld mit ihr, mit ihm macht. «Wozu nutze ich Geld und wozu verleitet mich Geld?», fragt die Ethikerin und Brückenbauerin zwischen Finanzindustrie und NGO-Welt. Oftmals tätige man Käufe sehr unbewusst. Sie plädiert dafür, sehr genau hinzuschauen, welche Anschaffungen denn wirklich notwendig seien. «Gerade vorhandenes Geld ist oft der Nährboden für den Alltagstrott, aus welchem wir eigentlich rauskommen möchten», sagt Melanie Gajowski. Geld per se sei nichts Schlechtes. «Geld braucht es, ich liebe Geld», sagt sie und präzisiert sogleich, «mit Geld kann ich viel bewirken, Einfluss nehmen und Gutes tun.» Man sollte sich das einfach vor Augen führen. Geld wirkt. Kaufentscheide haben Einfluss, bspw. auf das Klima und damit auf das Wohlbefinden von Menschen rund um den Globus. Das sollte man nie ausser Acht lassen.
Melanie Gajowski ist Mitgründerin und Social Entrepreneurin in unterschiedlichen Funktionen. In der Finanzbranche ist sie inzwischen seit 30 Jahren tätig. Diese lernte sie bei der Deutschen Bank und der UBS kennen. Heute ist sie freischaffende Ethikerin und Ökonomin sowie Mitglied der Geschäftsleitung der Alternativen Bank im Jobsharing.