Suyana ist seit gut zwei Jahrzehnten in der Entwicklungszusammenarbeit tätig. Gestartet sind Sie in Südamerika, in Bolivien – Wie kam es dazu
Suyana wurde mit der Vision gegründet, die Lebensgrundlagen benachteiligter Menschen in Südamerika und weiteren Ländern nachhaltig zu verbessern. Meine persönliche und berufliche Reise hat mich gelehrt, wie wertvoll es ist, in einem Land wie der Schweiz aufzuwachsen, wo Stabilität und Chancen selbstverständlich sind. Dieses Bewusstsein hat früh in mir den Wunsch geweckt, Menschen in weniger privilegierten Lebenssituationen zu unterstützen. Im Jahr 2000 nahm ich eine Auszeit, um mich intensiver mit sozialen Projekten und der Rolle von Philanthropie zu beschäftigen. Dabei wurde mir schnell klar, dass ich mich für Länder einsetzen wollte, in denen Armut weit verbreitet ist und es gleichzeitig kulturelle Vielfalt und grosses Potenzial gibt. Bolivien fiel mir dabei besonders ins Auge: Es ist ein Land mit beeindruckendem kulturellem Reichtum, das jedoch auch mit erheblichen Herausforderungen in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Lebensgrundlagen kämpft.
So entstand die Idee, mit einem ganzheitlichen Ansatz langfristige Veränderungen zu bewirken. Die Gründung der Stiftung Suyana im Jahr 2003 war der Beginn eines Weges, der darauf abzielt, lokale Gemeinschaften durch direkte Zusammenarbeit zu stärken und nachhaltige Perspektiven zu schaffen. Dabei konnte ich auf meine unternehmerische Erfahrung und mein wirtschaftliches Wissen aufbauen, um der Stiftung eine stabile Basis zu geben und ein Modell zu entwickeln, das in den letzten 20 Jahren Wirkung gezeigt hat. Heute sind wir in 7 Ländern, davon in 3 afrikanischen und nebst Griechenland auch seit 10 Jahren in der Schweiz.
Sie haben die Tätigkeit 2009 auf Peru ausgeweitet. Wie arbeiten Sie mit der lokalen Bevölkerung zusammen und wie finden Sie die geeigneten Partner:innen vor Ort?
Wir glauben fest daran, dass jede Person das Potenzial hat, ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln, wenn sie die richtigen Möglichkeiten erhält. Gleichzeitig unterstützen wir öffentliche Einrichtungen dabei, ihre Verantwortung wahrzunehmen, um gemeinsam nachhaltigen Fortschritt zu fördern.
In Bolivien und Peru arbeiten unsere lokalen Teams eng mit den Gemeinden zusammen, um Projekte zu entwickeln, die kulturell sensibel und langfristig Chancen generieren. Diese Teams – bestehend aus einer Ärztin oder einem Arzt, einer Zahnärztin oder einem Zahnarzt, einer Lehrkraft und einer auf Agronomie spezialisierten Fachkraft – reisen mit speziell ausgestatteten Fahrzeugen. Wir betreiben heute eine Flotte von 14 4x4 Trucks, in abgelegene Bergregionen. Dort verbringen wir jedes Jahr 24 Tage in sieben Einsätzen pro Gemeinde, um dringend benötigte Dienstleistungen anzubieten und gleichzeitig mit der Bevölkerung an langfristigen Lösungen zu arbeiten.
Sie binden die Bevölkerung mit ein?
Genau ein entscheidender Aspekt unserer Arbeit ist die aktive Einbindung der lokalen Gemeinschaften. Unsere Programme legen grossen Wert darauf, die Menschen vor Ort in die Verantwortung zu nehmen und sie aktiv an ihrer eigenen Entwicklung zu beteiligen. Das stärkt nicht nur die Eigeninitiative, sondern sichert auch die Nachhaltigkeit unserer Projekte. Unsere Partner:innen wählen wir mit grosser Sorgfalt aus. Wir achten darauf, dass sie unsere Werte teilen und über die nötigen Kapazitäten verfügen, um effektiv mit uns zusammenzuarbeiten. Ein gutes Beispiel ist unser “Programa Municipio Saludable” in Bolivien und Peru, bei dem wir eng mit lokalen Behörden und Expert:innen kooperieren. Gemeinsam entwickeln wir Lösungen, die Bildung und Gesundheitsversorgung verbessern, wirtschaftliche Entwicklung fördern und die Lebensqualität nachhaltig steigern.
Arbeiten Sie auch in Kooperationen oder Förderpartnerschaften zusammen?
Ja, Partnerschaften sind ein zentraler Bestandteil unserer Arbeit und entscheidend für den Erfolg unserer Projekte. Als international tätige Stiftung etablieren wir neue Partnerschaften. Wir sind stolz darauf, mit erfahrenen und gleichgesinnten Umsetzungspartnern und Finanzierungspartnern zusammenzuarbeiten, die sich so wie wir der Bewältigung dringender globaler Herausforderungen widmen und dafür inhaltlich wie auch finanziell zusammenspannen.
Unser Partnerschaftsmodell basiert auf drei Dimensionen: finanzielle Unterstützung, Sachspenden und Know-how Vermittlung oder Förderung. Die Partner können sich in einer oder mehreren dieser Dimensionen engagieren, idealerweise in allen drei, um die Wirkung unserer Projekte zu maximieren. Zusätzlich entwickeln wir gemeinsam gezielte Marketing- und Kommunikationsstrategien, um die Erfolge der Partnerschaft sichtbar zu machen und das soziale Engagement, welches in der Zusammenarbeit entsteht, authentisch zu kommunizieren.
Haben Sie ein Beispiel?
Ein Beispiel ist unsere Partnerschaft mit der AtDta Foundation, die eines unserer neuesten Projekte – die Suyana School in Peru – finanziell unterstützt. Durch die Unterstützung können wir die Entwicklung der Schule, welche sich für die Berufsbildung von Jugendlichen aus ländlichen Regionen engagiert, ausbauen.
Ein weiteres Beispiel ist die Zusammenarbeit mit dem Schweizer Familienunternehmen Curaden und seiner Hauptmarke CURAPROX, welches auch in Peru vertreten ist. Die Partnerschaft ermöglicht uns nicht nur dringend benötigte Materialien wie Zahnbürsten und Verbrauchsmaterial für die Zahnhygiene, sondern umfasst auch Schulungen und Trainings zur Mundhygiene und Sensibilisierung der Signifikanz zur Kariesprävention. Dieses Know-how stärkt nicht nur unsere Teams und die lokalen Gemeinschaften, sondern trägt auch zur langfristigen Resilienz und Nachhaltigkeit unserer Projekte bei. Mit diesem Ansatz schaffen wir es, unsere Projekte wirkungsvoll umzusetzen und gemeinsam mit unseren Partnern einen nachhaltigen Beitrag zu leisten. Wir sind daran, dieses Jahr ähnliche Partnerschaften mit weiteren Schweizer Firmen und Förderstiftungen im Verbund auf- und auszubauen.
Sie bedienen sich eines ganzheitlichen Ansatzes. Können Sie uns die wichtigsten Elemente des Ansatzes erläutern?
Unser ganzheitlicher Ansatz wurde aus der Erkenntnis geboren, dass Herausforderungen wie Gesundheit, Bildung und Lebensgrundlagen eng miteinander verknüpft sind und nicht isoliert betrachtet werden können.
Wie ist es dazu gekommen?
Alles begann mit einem Pilotprojekt, das darauf abzielte, medizinische Unterstützung für ländliche Gemeinden rund um La Paz zu leisten. Doch schnell wurde uns klar, dass die Verbesserung der Gesundheit allein nicht ausreicht. Themen wie prekäre Lebensbedingungen, der eingeschränkte Zugang zu Bildung und Wasserprobleme beeinflussen den Alltag der Menschen ebenso stark.
Daher basiert unsere Arbeit auf drei miteinander verbundenen Säulen: Gesundheit, Bildung und Lebensgrundlagen.
Unsere Arbeit beruht auf drei miteinander verbundenen Säulen: Gesundheit, Bildung und Lebensgrundlagen. Ursula Kuhn, Gründerin und Präsidentin des Stiftungsrates der Stiftung Suyana.
Im Gesundheitsbereich legen wir besonderen Wert auf Prävention, arbeiten eng mit lokalen Behörden zusammen und stärken die öffentlichen Gesundheitssysteme. In der Bildung verbessern wir den Zugang zu Wissen, fördern die Entwicklung von Fähigkeiten und unterstützen die Kapazitäten öffentlicher Schulen. Gleichzeitig ermutigen wir in unseren Lebensgrundlagen-Projekten Gemeinschaften, stabile Einkommensquellen zu schaffen, und sensibilisieren sie für den Umweltschutz.
Wir setzen unsere Projekte hauptsächlich in Lateinamerika eigenständig um, arbeiten aber auch mit Projektpartnern in Afrika zusammen und beteiligen uns an diversen Initiativen, die unser Wirkungsfeld ergänzen. Unsere Partner:innen wählen wir mit Bedacht aus, bilden sie gezielt weiter und arbeiten eng mit ihnen zusammen, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Dieser kollaborative und umfassende Ansatz ermöglicht es uns, nachhaltige Veränderungen zu bewirken und die Lebensbedingungen der Menschen langfristig zu verbessern. Aktuell sind wir daran, unsere Präsenz für die Region Ruanda, Sierra Leone und Uganda auszubauen, denn langfristig möchten wir dort ein eigenes Büro eröffnen, um das holistische Modell vor Ort noch stärker umsetzen zu können
Welche Strategien verfolgt Suyana, um die Nachhaltigkeit ihrer Projekte langfristig zu sichern?
Nachhaltigkeit ist für uns der Schlüssel zum Erfolg. Unsere Projekte werden gezielt auf die lokalen Bedürfnisse abgestimmt, sodass wir nicht nur kurzfristige Unterstützung leisten, sondern auch langfristige Veränderungen bewirken können. Durch die enge Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinschaften und Behörden stellen wir sicher, dass unsere Massnahmen tief in den Strukturen der Gemeinden verankert sind und eine nachhaltige Wirkung entfalten.
Ein zentraler Bestandteil unserer Strategie ist es, die Menschen vor Ort aktiv in die Projekte einzubinden, ihnen Verantwortung zu übertragen und ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Mit den richtigen Werkzeugen und Perspektiven befähigen wir sie, ihre Lebensbedingungen selbst zu gestalten – ein Wandel, der weit über die Laufzeit der Projekte hinausgeht. Dieser Ansatz fördert nicht nur Eigenverantwortung, sondern verändert nachhaltig Denkweisen und eröffnet neue Zukunftsperspektiven.
Darüber hinaus stärken wir lokale Institutionen wie Schulen und Gesundheitseinrichtungen, um deren Kapazitäten langfristig zu sichern. So schaffen wir die Grundlage dafür, dass bewährte Praktiken in den Gemeinden fest verankert werden und die Menschen aktiv an der Entwicklung ihrer Gemeinschaft mitwirken.
Wie tragen Ihre Ausbildungsprogramme dazu bei, systemische Veränderungen in ländlichen Regionen zu fördern?
Unsere Ausbildungsprogramme sind darauf ausgerichtet, die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen in ländlichen Regionen nachhaltig zu verändern. Durch praxisorientierte Schulungen und der Weiterentwicklung der Curricula ihrer lokalen Schulen vermitteln wir den Menschen nicht nur Wissen, sondern auch die Fähigkeiten, eigenständig Lösungen für ihre Herausforderungen zu finden. Indem wir junge Menschen in Bereichen wie nachhaltiger Landwirtschaft oder Unternehmertum ausbilden, schaffen wir Perspektiven vor Ort, reduzieren die Abwanderung in die Städte und fördern die lokale Wirtschaft. Ein Beispiel ist die Suyana School in Peru, wo Jugendliche lernen, klimaresistente Anbaumethoden anzuwenden und ihre Gemeinden mit innovativen Techniken zu stärken. Wir haben diese letztes Jahr eröffnet und die erste Kohorte von 40 Schüler: innen konnten kürzlich ihren Abschluss feiern und den nächsten Schritt ihrer beruflichen Karriere in Angriff nehmen.
Welche spezifischen Kompetenzen stehen bei der Ausbildung im Fokus?
Wir konzentrieren uns auf Fähigkeiten, die sowohl individuell als auch gemeinschaftlich wirken sollen. In der Bildung fördern wir beispielsweise grundlegende Schulkenntnisse und berufliche Qualifikationen, die den Menschen helfen, bessere Arbeitsmöglichkeiten zu finden. Im Bereich der Lebensgrundlagen vermitteln wir Kompetenzen in nachhaltiger Landwirtschaft, Finanzmanagement und unternehmerischem Denken. Für das Gesundheitswesen legen wir auch besonderen Fokus auf Prävention und Hygiene, um langfristig die Lebensqualität zu steigern. Durch diese praxisorientierten Ansätze stellen wir sicher, dass die Menschen Fähigkeiten erwerben, die ihnen und ihren Gemeinschaften langfristig zugutekommen.
Mit welchen Ansätzen wollen Sie in ihren landwirtschaftlichen Programmen die Ernährungs- und Versorgungssicherheit verbessern?
Unsere landwirtschaftlichen Programme setzen auf innovative und klimaresiliente Methoden, die speziell an die lokalen Gegebenheiten angepasst sind. Wir schulen die Menschen in nachhaltigen Anbaumethoden, fördern den Einsatz regionaler, resistenter Pflanzensorten, fördern den Baumbestand sowie den Anbau von Gemüse und Fungi und schaffen damit auch das Bewusstsein für den verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen. Gleichzeitig unterstützen wir die Gemeinschaften beim Zugang zu Märkten, damit sie nicht nur ihre Eigenversorgung sichern, sondern auch ein stabiles Einkommen generieren können. Unsere Programme zielen darauf ab, die Ernährungssicherheit zu verbessern und gleichzeitig die Umwelt zu schützen.
Wie messen Sie die Auswirkungen ihrer Projekte auf die lokalen Gemeinschaften und deren wirtschaftliche Prosperität??
Wir setzen ein umfassendes Monitoring- und Evaluierungssystem ein, da wir seit vielen Jahren daten über unsere Programme sammeln und auswerten. Dieses System ermöglicht es uns, die Wirksamkeit unserer lokalen Initiativen systematisch zu bewerten und wo nötig Anpassungen vornehmen. Durch eine strukturierte Datenerhebung, die Auswertung der Ergebnisse und das daraus resultierende kontinuierliche Lernen entwickeln wir unsere Projekte stetig weiter, um nachhaltige Verbesserungen in den Gemeinschaften zu erzielen.
Eine der grössten Herausforderungen besteht darin, die gewonnenen Erkenntnisse effektiv zu nutzen, um nicht nur unsere Projekte zu optimieren, sondern auch bedeutsame Veränderungen in den betroffenen Gemeinden und innerhalb unserer Organisation herbeizuführen. Unsere Verpflichtung gegenüber MEAL unterstreicht unseren Anspruch auf Transparenz, Rechenschaftspflicht und die kontinuierliche Verbesserung unserer Arbeit.
Dieser Ansatz stärkt nicht nur die Wirkung unserer Projekte, sondern positioniert Suyana auch als verlässlichen und wirkungsvollen Partner in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Begünstigten und unseren Partnern stellen wir sicher, dass die erzielten Fortschritte sichtbar und nachhaltig sind.
Welche Lehren hat die Stiftung aus ihren 20 Jahren Arbeit im Bereich Bildung, Gesundheit und Lebensgrundlagen gezogen, die für andere Organisationen relevant sein könnten?
Eine der wichtigsten Lehren ist die Bedeutung eines ganzheitlichen und gemeinschaftsorientierten Ansatzes. Die Kombination von Gesundheit, Bildung und Lebensgrundlagen ermöglicht es, die Herausforderungen der Gemeinschaften umfassend zu adressieren. Wir haben gelernt, dass lokale Eigenverantwortung der Schlüssel für nachhaltige Veränderungen ist. Wenn Menschen aktiv in Projekte eingebunden werden, ihre Fähigkeiten entwickeln und Verantwortung übernehmen, wirkt dies weit über die Projektlaufzeit hinaus.
Ausserdem hat sich gezeigt, dass die enge Zusammenarbeit mit lokalen Behörden und Institutionen essentiell ist, um Projekte nachhaltig in den lokalen Strukturen zu verankern. Dies im fragilen politisch – wirtschaftlichen Kontext einiger Länder in welchen wir im Ausland aktiv sind. Diese Erkenntnisse können für andere Organisationen als Inspiration dienen, um Entwicklungsprojekte effektiver und nachhaltiger zu gestalten.