Max Heinzer, Präsident des Schweizer Fechtverbandes Swiss Fencing, Bild: zVg.

Für eine erfolg­rei­che Karriere müssen wir alle Hebel in Bewe­gung setzen

Der 19-fache EM- und WM-Medailliengewinner Max Heinzer wurde im vergangenen Jahr Präsident des Schweizer Fechtverbandes Swiss Fencing. Er spricht über die Herausforderungen einer Karriere bis zum Spitzensportler, welche Finanzierungsmöglichkeiten jungen Sportler:innen offen stehen und was er von der U17/U20 WM erwartet.

The Philanthropist: Am 5. April star­tet in Wuxi in China die U17/U20 WM. Was erwar­ten Sie von den Schwei­zer Teilnehmer:innen?

Max Hein­zer: In Wuxi sind viele junge Athlet:innen mit viel Poten­zial dabei. Trotz­dem blei­ben wir realis­tisch und sagen, dass eine Top acht Klas­sie­rung einer Einzelathlet:in oder eines Teams in diesem Jahr eine schöne Über­ra­schung wäre. Das vorran­gige Ziel in den Kate­go­rien U17 und U20 ist die Vorbe­rei­tung auf die Elite und eine mögli­che Olym­pia­qua­li­fi­ka­tion mit dem Team. Der Team­wett­kampf in Wuxi stellt dabei einen wich­ti­gen Meilen­stein dar. Neben der Weiter­ent­wick­lung der physi­schen, tech­ni­schen und takti­schen Fähig­kei­ten sollen solche Gross­ver­an­stal­tun­gen auch den Team­geist stär­ken und die Moti­va­tion der Athlet:innen fördern.

Wie finan­ziert sich die Schwei­zer Delegation?

Als Verband stel­len wir allen Athlet:innen zwei unse­rer Natio­nal­trai­ner für die Betreu­ung und das Coaching vor Ort zur Verfü­gung, über­neh­men alle Start­gel­der und die Kosten für die obli­ga­to­risch zu stel­len­den Kampfrichter:innen. Darüber hinaus können wir die Athlet:innen, die alle unsere Selek­ti­ons­kri­te­rien erfüllt haben, voll­um­fäng­lich subven­tio­nie­ren – alle ande­ren müssen ihre Reise- und Hotel­kos­ten selbst tragen. Für die WM in Wuxi belau­fen sich die Kosten auf etwas mehr als 1000 Fran­ken pro Athlet:in.

Eine sehr wich­tige Rolle spielt auch die Schwei­zer Armee.

Max Hein­zer, Präsi­dent Swiss Fencing

Auf welche Förde­run­gen können junge Spitzensportler:innen bauen, um eine profes­sio­nelle Karriere aufzubauen?

Es gibt verschie­dene Möglich­kei­ten der Finan­zie­rung. Die Schwei­zer Sport­hilfe hat beispiels­weise ein Paten­schafts­sys­tem ins Leben geru­fen, bei dem Athlet:innen bis zu 2000 Fran­ken pro Jahr erhal­ten können, wenn sie über ihre Platt­form eine Patin oder einen Paten finden. Ab dem Über­gang zur Elite sind Beträge zwischen 12’000 und 24’000 Fran­ken für sehr erfolg­rei­che Athlet:innen realis­tisch – dafür braucht es aber inter­na­tio­nale Erfolge. Eine sehr wich­tige Rolle spielt auch die Schwei­zer Armee. Nach erfolg­rei­chem Abschluss der Spit­zen­sport-RS in Magg­lin­gen können bis zu 130 Tage pro Jahr durch die Armee finan­ziert werden. Einige der Athlet:innen können sich auch über Unter­stüt­zung durch Schwei­zer Stif­tun­gen freuen oder gene­rie­ren einen Zustupf über Crowd-Funding-Platt­for­men. Um eine profes­sio­nelle Karriere einschla­gen und verfol­gen zu können, müssen wir Fechter:innen alle Hebel in Bewe­gung setzen, denn unsere finan­zi­el­len Möglich­kei­ten als Verband sind doch sehr überschaubar.

Was muss ein:e Sportler:in inves­tie­ren können, um bis in die inter­na­tio­nale Spitze vorzustossen?

Um als Fechter:in an die inter­na­tio­nale Spitze vorstos­sen zu können, sind beacht­li­che finan­zi­elle Mittel nötig. Im Vergleich zu Sport­ar­ten, bei denen es beispiels­weise haupt­säch­lich um Best­zei­ten geht, ist es im Fech­ten entschei­dend, gegen möglichst viele verschie­dene Athlet:innen rund um den Globus zu fech­ten, um im Duell Situa­tio­nen blitz­schnell einschät­zen und reagie­ren zu können. Deshalb sind Teil­nah­men an inter­na­tio­na­len Trai­nings­la­gern oder gros­sen Wett­kämp­fen im In- und Ausland ein Muss. Kürz­lich habe ich das aktu­elle Budget einer U17 Athle­tin von Swiss Fencing gese­hen. Die jähr­li­chen Ausga­ben für Trai­nings- und Wett­kampf­kos­ten, Mate­ri­al­auf­wand und Mitglie­der­bei­träge belie­fen sich auf gut 17’000 Fran­ken. Mit dieser Kosten­auf­stel­lung und den geplan­ten Ausga­ben für die EM bin ich an die Stif­tung Pila­tus Akade­mie heran­ge­tre­ten. Per Dring­lich­keits­an­trag wurden sie und ihre Kolle­gin aus Luzern mit je 3000 Fran­ken unter­stützt – eine sehr erfreu­li­che Botschaft für die beiden und auch für uns als Verband.

Wie können Sie als Verband Nachwuchsportler:innen unterstützen?

Jedes Jahr führen wir die PISTE-Tests durch, um die besten Fecht­ta­lente der Schweiz zu rekru­tie­ren. Diese Talente profi­tie­ren dann von einer erst­klas­si­gen Trai­nings­in­fra­struk­tur, gut ausge­bil­de­ten Trainer:innen und adäqua­ten Trai­nings­for­ma­ten. Die Infra­struk­tur wird nach Möglich­keit von unse­ren 53 Mitglied­ver­ei­nen in der ganzen Schweiz zur Verfü­gung gestellt und vom Verband pro Trai­ning entschä­digt. Somit schaf­fen wir opti­male Rahmen­be­din­gun­gen – für Athlet:innen und Trainer:innen – und für möglichst erfolg­rei­che Teil­nah­men an Wett­kämp­fen. Ausser­dem stehen unse­ren jungen Athlet:innen jeder­zeit kompe­tente Ansprech­per­so­nen (u.a. Chef Leis­tungs­sport, Chef Nach­wuchs) für Fragen zu rele­van­ten Themen zur Verfü­gung und wir unter­stüt­zen sie bei der Mittel­be­schaf­fung – wo und wie immer wir können. Zudem legen wir Wert darauf, dass die Athlet:innen gut vernetzt sind und vom gegen­sei­ti­gen Austausch profi­tie­ren können – natio­nal und international.

Zum Glück sind wir von Natur aus kämp­fe­risch und werden die nächs­ten Monate nutzen, um die vielen Schwei­zer Stif­tun­gen, die gezielt Rand­sport­ar­ten wie das Fech­ten unter­stüt­zen, direkt anzusprechen. 

Max Hein­zer

Fech­ten erhält in den Medien nicht densel­ben Raum wie etwa Fuss­ball. Wie wirkt sich dies auf das Akqui­rie­ren von Spen­den­gel­dern von Stif­tun­gen und Mäzen:innen aus?

Unsere Medi­en­prä­senz ist in der Tat sehr gering und es klopft kaum jemand an unsere Tür, um uns einfach so finan­zi­elle Unter­stüt­zung anzu­bie­ten. Zum Glück sind wir von Natur aus kämp­fe­risch und werden die nächs­ten Monate nutzen, um die vielen Schwei­zer Stif­tun­gen, die gezielt Rand­sport­ar­ten wie das Fech­ten unter­stüt­zen, direkt anzu­spre­chen. Viel­leicht hilft dieses Inter­view ja schon, das Inter­esse von Stif­tun­gen und Mäzen:innen für unse­ren tradi­ti­ons­rei­chen und schö­nen Sport zu wecken 😊. Sie müssen verste­hen, dass einige unse­rer Athlet:innen sich ihre Fecht­kar­riere nur dank ihrer Spen­den finan­zie­ren können. In diesem Zusam­men­hang möchte ich auch erwäh­nen, dass wir neben den Degenfechter:innen auch Florett‑, Säbel- und Rollstuhlfechter:innen haben, die in den letz­ten Jahren wenig bis gar keine Unter­stüt­zung von unse­rem Verband oder ande­ren Orga­ni­sa­tio­nen erhal­ten haben – auch das soll sich in naher Zukunft ändern.

Arbei­ten Sie mit Stif­tun­gen über die finan­zi­elle Unter­stüt­zung hinaus zusammen?

Leider nein. Das Thema Stif­tun­gen wurde bisher ledig­lich über die Finan­zie­rung unse­rer Athlet:innen defi­niert – eine Zusam­men­ar­beit mit uns als Verband ist auf jeden Fall erstre­bens­wert, in welcher Form auch immer – wir sind offen.

Welche Rolle spielt die Stif­tung Masque d’Or bei der Förde­rung des Fechtsports?

Nach meinen Infor­ma­tio­nen ist das Stif­tungs­ka­pi­tal der Stif­tung Masque d’Or leider nur noch so hoch, dass die Stif­tung selbst am Leben erhal­ten werden kann. Im Moment spielt sie also keine Rolle und konnte in letz­ter Zeit auch keine Athlet:innen unterstützen. 

In den letz­ten Jahren konn­ten wir einige schöne Erfolge feiern.

Max Hein­zer

Wie steht es gene­rell um den Nach­wuchs im Fechtsport?

In den letz­ten Jahren konn­ten wir einige schöne Erfolge feiern, wie z.B. den U20-Welt­meis­ter­ti­tel und den U20-Vize­eu­ro­pa­meis­ter­ti­tel im Degen­fech­ten. Auch die aktu­el­len Jahr­gänge zeich­nen sich durch gros­ses Poten­zial aus, wenn­gleich die Medail­len­er­war­tun­gen in diesem Jahr nicht im Vorder­grund stehen. Ein heraus­ra­gen­des Beispiel für die erfolg­rei­che Nach­wuchs­ar­beit ist Ian Hauri (22), der am vergan­ge­nen Wochen­ende beim Grand Prix in Buda­pest über­ra­schend die Silber­me­daille in der Elite-Kate­go­rie gewann, obwohl er selbst vor kurzem noch Junior war. Gross­ver­an­stal­tun­gen sind stets von hoher Bedeu­tung, da sie den aktu­el­len Leis­tungs­stand der Athlet:innen aufzei­gen. Für den Verband steht jedoch ihre lang­fris­tige Entwick­lung im Vorder­grund. Vorran­gi­ges Ziel ist es, unse­rem Nach­wuchs eine umfas­sende fech­te­ri­sche Ausbil­dung zu ermög­li­chen, damit sie auch später in den höhe­ren Kate­go­rien konstante Leis­tun­gen erbrin­gen können.

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