Fotos: Pro Infirmis / Dominique Meienberg

«Unser Ziel ist es, eine Basis zu schaffen.»

Die Sozialberatung von Pro Infirmis unterstützt Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen in herausfordernden Situationen. Zunehmend herausfordernd ist auch die Finanzierung der Sozialberatung. Direktorin Felicitas Huggenberger über das strukturelle Defizit von Pro Infirmis, Beratungsgrundsätze und das Recht auf Wahlfreiheit beim Wohnen.

Spon­so­redPro Infir­mis

Frau Huggen­ber­ger, warum ist die Sozi­al­be­ra­tung von Pro Infir­mis so wichtig?

Das Sozi­al­ver­si­che­rungs­sys­tem in der Schweiz ist extrem komplex. Kommt es, beispiels­weise durch einen Unfall, zu einer Behin­de­rung, pras­selt erst einmal viel auf einen ein. Man muss nicht nur mit Trauer und Schmerz zurecht­kom­men, sondern muss sich auch mit unzäh­li­gen admi­nis­tra­ti­ven und finan­zi­el­len Fragen befas­sen. Das wirkt im ersten Moment schlicht über­wäl­ti­gend. Die Sozi­al­be­ra­tung von Pro Infir­mis hilft dabei, eine Ausle­ge­ord­nung zu machen und einen Anfangs­punkt zu finden. Sie schafft eine Basis.

Welchen Grund­satz hat die Sozialberatung?

Für uns ist es am wich­tigs­ten, die Eigen­stän­dig­keit des einzel­nen Menschen zu stär­ken. Gemäss UN-Behin­der­ten­rechts­kon­ven­tion sind Selbst­be­stim­mung und Teil­habe ein Recht, das allen Menschen zusteht – auch in Bezug auf die Wahl­frei­heit beim Wohnen.

Feli­ci­tas Huggen­ber­ger, Direk­to­rin bei Pro Infirmis

Pro Infir­mis ist seit eini­gen Jahren mit einem struk­tu­rel­len Defi­zit konfron­tiert. Woher kommt das?

Kurz gesagt: Die Nach­frage für unsere Sozi­al­be­ra­tung steigt konti­nu­ier­lich. Wir können einen riesi­gen Bedarf ausma­chen, der nicht gedeckt wird. Die Bera­tungs­stun­den, die vom Bund und weite­ren Finanz­quel­len bezahlt werden, reichen bei Weitem nicht.  Eine beson­ders hohe Nach­frage verzeich­nen wir bei Menschen mit psychi­schen Erkran­kun­gen. Gerade diese Menschen brau­chen Unter­stüt­zung bei der Bewäl­ti­gung schwie­ri­ger Situa­tio­nen, in ihrer selbst­be­stimm­ten Lebens­pla­nung und bei der Verwirk­li­chung ihrer Ziele. Die gleich­blei­ben­den Förder­gel­der und die stei­gende Zahl an nach­ge­frag­ten Bera­tungs­stun­den sorgen für eine immer grös­ser werdende Lücke. Die Folge: Das struk­tu­relle Defi­zit wächst. Pro Infir­mis setzt alles daran, diese Lücke mit Spen­den, Lega­ten sowie Stif­tungs- oder Unter­neh­mens­bei­trä­gen zu kompensieren. 

Müsste die Finan­zie­rung der verän­der­ten Situa­tion ange­passt werden?

Unbe­dingt! Nicht nur die Nach­frage ist gestie­gen, auch die Ange­bote für Menschen mit Behin­de­run­gen haben sich verän­dert. Menschen mit Behin­de­run­gen haben heute – zum Glück – sehr viel mehr Wahl­mög­lich­kei­ten. Sie wollen von ihrem Recht auf Gleich­be­rech­ti­gung Gebrauch machen, sie wollen wählen können – gerade auch beim Wohnen. Eine aus unse­rer Sicht längst fällige Entwick­lung, die jedoch einen erhöh­ten Aufwand bei der Sozi­al­ber­ar­tung mit sich bringt. 

Pro Infir­mis musste erst­mals in der über 100-jähri­gen Geschich­ten einen Abbau bei der Sozi­al­be­ra­tung vorneh­men. Was bedeu­tet das im Alltag?

Bisher haben wir in der Sozi­al­be­ra­tung versucht, alle zu bera­ten, die sich an uns wenden. 2024 muss­ten wir erst­ma­lig die Anzahl der Stun­den, die wir leis­ten können, eingren­zen. Wir haben uns gewis­ser­mas­sen selbst einen Stun­den­de­ckel verpasst. Infol­ge­des­sen müssen Menschen mit Behin­de­run­gen mit Warte­fris­ten rech­nen. Etwas, was wir unbe­dingt vermei­den wollten.

Was braucht es, um aus diesem Defi­zit herauszukommen? 

Es braucht neue Finanz­quel­len, und zwar möglichst bald. Von Stif­tun­gen, Unter­neh­men oder von Priva­ten. Zudem ist es wich­tig, die Menschen dafür zu sensi­bi­li­sie­ren, was die Sozi­al­be­ra­tung über­haupt macht: nämlich eine solide Basis schaf­fen, damit Menschen mit Behin­de­run­gen in der Gesell­schaft nicht behin­dert werden. 

James Guyot
Phil­an­thro­pie
Tel. 058 775 26 45 james.guyot@proinfirmis.ch
IBAN CH96 0900 0000 8002 2222 8

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