Kathrin Kern arbeitet als Themen- und Projektleiterin Soziales bei der Direktion Gesellschaft & Kultur beim Migros-Genossenschafts-Bund und ist Co-Programmleiterin des Förderprogrammes «ici.gemeinsam hier.» zur Stärkung kultureller Vielfalt, Bild: zVg

Expert:innen für Viel­falts­di­men­sio­nen finden

Expert:innen mit vielfältigen Biografien sind auf dem Vielfaltsfinder, einer Online-Plattform des Migros-Kulturprozents, zu finden. Kathrin Kern, Themen- und Projektleiterin Soziales bei der Direktion Gesellschaft & Kultur beim Migros-Genossenschafts-Bund, sagt, dass der Vielfaltsfinder ein breites Verständnis von Vielfalt in Vereinen, Organisationen, Unternehmen, öffentlichen Institutionen fördern will.

Sie lancie­ren einen Viel­falts­fin­der. Was muss ich mir darun­ter vorstellen?

Kath­rin Kern: Auf dieser Online-Platt­form des Migros-Kultur­pro­zents stel­len sich Ansprechpartner:innen für gesell­schaft­li­che und kultu­relle Frage­stel­lun­gen mit fach­li­cher und biogra­fi­scher Exper­tise für Viel­falts­di­men­sio­nen vor. Die Expert:innen gehö­ren verschie­de­nen Gene­ra­tio­nen an, leben mit oder ohne Behin­de­rung, spre­chen verschie­dene Spra­chen und haben unter­schied­li­che kultu­relle und/oder reli­giöse Erfah­run­gen sowie unter­schied­li­che Geschlechtsidentitäten.

An wen rich­tet sich das Angebot?

An Inter­es­sierte in Verei­nen, Orga­ni­sa­tio­nen, Unter­neh­men, öffent­li­chen Insti­tu­tio­nen und indi­rekt natür­lich auch an die breite Öffent­lich­keit. An alle, die viel­fäl­tige Perspek­ti­ven in ihren Aufga­ben und Projek­ten einbe­zie­hen möch­ten. Die Expert:innen können beispiels­weise bei der Planung einer kultu­rel­len Veran­stal­tung oder der Quar­tiers­ent­wick­lung unter­stüt­zen sowie grund­sätz­lich diver­si­täts­sen­si­ble Prozesse beglei­ten. Oder sie können in Gremien Einsitz nehmen, offi­zi­elle Fach­ju­rys in verschie­de­nen Berei­chen ergän­zen, Projekt­teams coachen, Refe­rate halten und ihre Perspek­ti­ven vor dem Hinter­grund ihres Erfah­rungs- und Fach­wis­sens einbrin­gen. Aufgrund ihrer biogra­fi­schen und fach­li­chen Exper­tise können sie Ansprechpartner:innen für gesell­schaft­li­che und kultu­relle Frage­stel­lun­gen sein.

Ganz konkret verfol­gen wir mit dem Viel­falts­fin­der das Ziel, ein brei­tes Verständ­nis von Viel­falt in Verei­nen, Orga­ni­sa­tio­nen, Unter­neh­men, öffent­li­chen Insti­tu­tio­nen und damit direkt oder indi­rekt bei der brei­ten Bevöl­ke­rung zu fördern.

Kath­rin Kern, Themen- und Projekt­lei­te­rin Sozia­les bei der Direk­tion Gesell­schaft & Kultur beim Migros-Genossenschafts-Bund

Was ist das Ziel der Plattform?

Es geht uns darum, die gesell­schaft­li­che, wirt­schaft­li­che und kultu­relle Teil­habe aller Menschen in unse­rem Land zu stär­ken und die Chan­cen­ge­rech­tig­keit in unse­rer Gesell­schaft zu fördern. Ganz konkret verfol­gen wir mit dem Viel­falts­fin­der das Ziel, ein brei­tes Verständ­nis von Viel­falt in Verei­nen, Orga­ni­sa­tio­nen, Unter­neh­men, öffent­li­chen Insti­tu­tio­nen und damit direkt oder indi­rekt bei der brei­ten Bevöl­ke­rung zu fördern. Dafür machen wir brei­tes Erfah­rungs- und Fach­wis­sen sicht­bar und nieder­schwel­lig zugäng­lich. Der Viel­falts­fin­der soll mehr Menschen Zugang zu viel­fäl­ti­gen Perspek­ti­ven und Lebens­rea­li­tä­ten ermög­li­chen, die diese in ihren Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­ren und Projek­ten einbe­zie­hen können.

Besteht denn ein Bedürf­nis nach mehr Vielfalt?

Das Ange­bot dockt an die Erkennt­nisse der Studie des Gott­lieb Dutt­wei­ler Insti­tuts GDI «Gemein­sam verschie­den?» an, die das Migros-Kultur­pro­zent 2024 in Auftrag gege­ben hat: In der Schweiz haben wir nämlich oft nur Kontakt mit Menschen, die ähnlich leben und denken wie wir. Das führt dazu, dass wir weni­ger häufig von ande­ren Blick­win­keln profi­tie­ren. Die Studie zeigt jedoch auch, dass viele Menschen in der Schweiz sich der ähnli­chen Sicht­wei­sen in ihrem Umfeld bewusst sind und dies ändern möch­ten. Sie wollen sich stär­ker mit ande­ren austau­schen, deren Leben und Ansich­ten durch unter­schied­li­che Umstände beein­flusst werden. In der Tendenz ist unser Umfeld also gar nicht so divers, wie wir es gerne hätten. Der Viel­falts­fin­der nimmt Orga­ni­sa­tio­nen nicht ab, die Moti­va­tion dafür zu entwi­ckeln, unter­schied­li­che Perspek­ti­ven einzu­be­zie­hen. Aber wenn eine Orga­ni­sa­tion das tun will, fehlen manch­mal Kontakte und Ansprech­per­son. Dort setzt der Viel­falts­fin­der an. 

Die Studie zeigt jedoch auch, dass viele Menschen in der Schweiz sich der ähnli­chen Sicht­wei­sen in ihrem Umfeld bewusst sind und dies ändern möchten. 

Inwie­fern ist es ein Problem für Betriebe und Insti­tu­tio­nen, wenn sie viel­fäl­tige Lebens­rea­li­tä­ten nicht berücksichtigen?

Bei manchen Planungs- und Entschei­dungs­gre­mien in öffent­li­chen Insti­tu­tio­nen, der Wirt­schaft oder in der Zivil­ge­sell­schaft spie­gelt sich die Viel­falt der Bevöl­ke­rung teil­weise nicht wider. Das führt dazu, dass Ange­bote wenig bis gar nicht mit den Bedürf­nis­sen der diver­sen Anspruchs­grup­pen abge­gli­chen sind. Das gefähr­det die Wirk­sam­keit der erar­bei­te­ten Projekte und Ange­bote. Hier erhof­fen wir mit dem Viel­falts­fin­der anzu­set­zen und nach­hal­tige Wirkung zu erzie­len, indem wir auf der Online-Platt­form genau dieje­ni­gen Perso­nen sicht­bar machen, deren Exper­ti­sen und Biogra­fien die eige­nen Prägun­gen ergän­zen und in Entschei­dungs­pro­zes­sen einbe­zo­gen werden können.

Wer entschei­det, wer in die Liste aufge­nom­men wird?

Die Ansprechpartner:innen im Pilo­ten des Viel­falts­fin­ders haben in den vergan­ge­nen Jahren verschie­dent­lich in Projek­ten der Direk­tion Gesell­schaft und Kultur des Migros-Genos­sen­schafts-Bundes mitge­wirkt. Es handelt sich um Perso­nen aus unse­rem eige­nen Netzwerk.

Wir sind uns bewusst, dass wir nicht alle Perspek­ti­ven und Kombi­na­tio­nen abbil­den. Im Pilo­ten ist eine erste Auswahl von Perspek­ti­ven reprä­sen­tiert, von der wir hoffen, sie in Zukunft erwei­tern zu können. 

Wie viel­fäl­tig sind die aufge­führ­ten Expert:innen tatsächlich?

Bei der Rekru­tie­rung von Expert:innen versu­chen wir, Viel­falts­di­men­sio­nen zu berück­sich­ti­gen, die tenden­zi­ell unter­re­prä­sen­tiert sind. Einige Expert:innen verei­nen mehrere Viel­falts­di­men­sio­nen in sich, was komplexe Reali­tä­ten abbil­det. Apro­pos Reali­tä­ten: Wir sind uns bewusst, dass wir nicht alle Perspek­ti­ven und Kombi­na­tio­nen abbil­den. Im Pilo­ten ist eine erste Auswahl von Perspek­ti­ven reprä­sen­tiert, von der wir hoffen, sie in Zukunft erwei­tern zu können. Wenn neben unse­rer Erwei­te­rung des Viel­falts­fin­ders, Menschen dazu inspi­riert werden, auch in eige­nen Netz­wer­ken gezielt neue Perspek­ti­ven einzu­bin­den, ist das fantas­tisch. Und wir sind offen für Anregungen!

Handelt es sich um ein zeit­lich beschränk­tes Projekt oder soll das Ange­bot lang­fris­tig bestehen?

Der Viel­falts­fin­der wird über einen Zeit­raum von sechs Mona­ten getes­tet, um Erfah­rungs­werte zu sammeln, die zur Verbes­se­rung der Platt­form beitra­gen. Ausser­dem gibt es Viel­falts­ka­te­go­rien, die wir noch nicht genü­gend abde­cken und noch beset­zen möch­ten. Es wäre schön, wenn der Viel­falts­fin­der länger bestehen würde und wir mehr Expert:innen für das Projekt gewin­nen könnten.


Hier gehts zum Viel­falts­fin­der

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