Die jüngste Studie der Ethos Stiftung zu den Nachhaltigkeitsberichten börsenkotierter Schweizer Unternehmen zeigt gravierende Mängel auf: Von den 140 Unternehmen, die gesetzlich verpflichtet waren, ihren Nachhaltigkeitsbericht zur Abstimmung vorzulegen, veröffentlichten lediglich 75 Berichte, die internationalen Standards wie der Global Reporting Initiative (GRI), den Sustainability Accounting Standards Board (SASB) oder den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) entsprechen. Gemäss dem Bericht haben zudem nur 61 dieser Unternehmen eine externe Prüfung veranlasst und lediglich sechs Unternehmen liessen ihren gesamten Bericht unabhängig prüfen.
Uneinheitliche Berichterstattung und Transparenzdefizite
Ein zentrales Problem, das die Studie aufzeigt, ist die fehlende Vergleichbarkeit der Berichte. International anerkannte Standards sind entscheidend, um sicherzustellen, dass Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsleistung transparent und nachvollziehbar darstellen. Ohne diese Standards bleiben viele Berichte unvollständig und schwer bewertbar. Besonders kritisch sieht Ethos, dass nur eine Minderheit der Unternehmen umfassend über ihre CO₂-Emissionen berichtet und die Emissionen, die in der Wertschöpfungskette entstehen, die als indirekte Scope-3-Emissionen bezeichnet werden, einschliessen. Nur 44 Prozent veröffentlichten die Emissionen ihrer Zulieferer und nur 15 Prozent legten die Emissionen offen, die durch die Nutzung ihrer Produkte entstehen.
Bundesrat plant Gesetzesverschärfung
In Reaktion auf diese Defizite unterstützt Ethos die Pläne des Bundesrats, die gesetzlichen Anforderungen zu verschärfen. Der Entwurf zur Änderung des Obligationenrechts (Art. 964a–c), der im Sommer 2024 in die Vernehmlassung ging, sieht strengere Regeln für die Nachhaltigkeitsberichterstattung vor. Ethos fordert insbesondere, dass alle börsenkotierten Unternehmen verpflichtet werden, Berichte nach anerkannten Standards zu erstellen und diese vollständig extern prüfen zu lassen. Zudem sollten die Berichte nicht nur zur Abstimmung, sondern zu einer verbindlichen Entscheidung durch die Aktionär:innen vorgelegt werden. Ethos betont, dass eine Ablehnung durch das Aktionariat im Bericht vermerkt und Konsequenzen haben sollte, wie die Konsultation der Hauptaktionär:innen.
Die Rolle der Aktionärinnen und Aktionäre und mangelnde Erfahrung
An den Generalversammlungen wurden die Nachhaltigkeitsberichte im Durchschnitt mit 97 Prozent Zustimmung angenommen, was auf den ersten Blick positiv erscheint. Ethos erklärt dieses Ergebnis jedoch mit der mangelnden Erfahrung vieler Investor:innen im Umgang mit diesen Berichten und dem hohen Aufwand, der für eine tiefgehende Prüfung erforderlich wäre. Ethos selbst genehmigte nur 46 Prozent der Berichte aufgrund der unzureichenden Qualität und Transparenz.
Weichenstellung für eine nachhaltige Zukunft
Die Studie der Ethos Stiftung unterstreicht, dass die Nachhaltigkeitsberichte derzeit noch kein verlässliches Instrument sind, um die Leistungen im Bereich Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Environmental, Social and Governance, ESG) der Unternehmen zu bewerten. Durch die geplanten Gesetzesverschärfungen erhofft sich Ethos, dass in Zukunft nicht nur die Qualität der Berichte, sondern auch die Verantwortung der Unternehmen in punkto Nachhaltigkeit steigt. So könnten die Anleger:innen einen entscheidenden Einfluss auf die ökologische und soziale Leistung der Unternehmen ausüben.