Nils Güggi, Leiter der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht ESA

eESA: Es geht auch ohne Unterschrift

Am 30. Juni ist ein wichtiger Termin für viele der über 4900 Stiftungen, die der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht ESA unterstellt sind. Sie müssen ihren Jahresbericht eingereicht haben. Der Leiter der ESA Nils Güggi spricht im Interview, weshalb sie bei jeder Einreichung ein Formular verlangen und über die Vorteile der Digitalisierung.

Am 30. Juni ist Abga­be­ter­min für den Jahres­be­richt. Nutzen viele Stif­tun­gen die gesamte Frist?

Bei rund 99 Prozent der Stif­tun­gen unter Aufsicht der ESA endet das Geschäfts­jahr am 31. Dezem­ber. Diese müssen bis am 30. Juni den Jahres­be­richt an uns einrei­chen. Bis zu 900 Berichte haben wir zwar bereits erhal­ten. Der Haupt­harst kommt aber etwa zehn Tage vor und nach dem Termin – und einige verpas­sen die Frist noch viel deutlicher.

Sind Jahres­be­richte nicht Routineaufgaben?

Eigent­lich ist es in der Tat Routine. Deswe­gen antwor­ten wir im Normal­fall auch, wenn jemand drei Monate im Voraus wegen einer Frist­er­stre­ckung anfragt, dass drei Monate reichen müssen. Natür­lich gibt es spezi­elle Vorkomm­nisse, die eine Sitzung verun­mög­li­chen, dazu gehört beispiels­weise auch eine Revi­si­ons­stelle, die noch nicht so weit ist.

Sind Jahres­be­richte auch für die ESA Routi­ne­auf­ga­ben? Gibt es Spezi­al­fälle, etwa wegen Covid?

Die Auswir­kun­gen von Covid sehen wir höchs­ten noch bei den Tätig­kei­ten, wenn sich diese verän­dert haben. Beispiels­weise kann eine Verla­ge­rung in Covid-Unter­stüt­zung statt­ge­fun­den haben oder die digi­tale Umstel­lung hat ein grös­se­res Gewicht erhal­ten. In unse­rer tägli­chen Arbeit ist Covid aber keine grosse Heraus­for­de­rung mehr.

Der Haupt­harst kommt aber etwa zehn Tage vor und nach dem Termin.

Nils Güggi, Leiter ESA

Wie lange hat die ESA, um einen Jahres­be­richt zu prüfen?

Dies hängt von der Grösse der Stif­tung ab. Das heisst, entschei­dend ist, wie breit die Stif­tung mit ihren Tätig­kei­ten aufge­stellt und wie komplex die Bilanz ist. Probleme können so schwie­ri­ger gefun­den werden. Der Aufwand mit allen admi­nis­tra­ti­ven Vorar­bei­ten, Sich­tung, Prüfung durch die Juris­ten und die ganze Korre­spon­denz rund­herum liegt meist zwischen zwei und sieben Stunden.

Wie sieht es mit Spezi­al­fäl­len aus?

Anspruchs­voll wird es vor allem, wenn eine Stif­tung Vorbe­mer­kun­gen im Vorjahr hatte, wenn etwas bean­stan­det wurde und wenn es Fragen gab, dann kann dies weitere Mass­nah­men auslö­sen. Zusätz­li­cher Aufwand kann die Folge sein. Gene­rell sind Jahres­be­richte aber Daily Busi­ness. Aller­dings sind sie für uns immer auch eine gute Gele­gen­heit, Stif­tun­gen genauer anzu­schauen. Und auch für die Stif­tun­gen selbst ist es ein guter Zeitpunkt.

Weshalb?

Sie können ihre Tätig­kei­ten genauer anschauen. Viel­leicht stellt eine Stif­tung fest, dass sie gar nicht mehr sonder­lich aktiv ist und über­legt sich, wie sie sich auflö­sen kann, sie merkt, dass sie ihr Regle­ment anpas­sen sollte oder dass der Stif­tungs­zweck zu restrik­tiv formu­liert ist und dass sie heute gar nicht mehr sinn­voll arbei­ten kann. Dann ist der Moment des Jahres­be­richts der passende, um dies mit der Stif­tungs­auf­sicht anzu­spre­chen. Deswe­gen erhal­ten wir viele Fragen rund um den 30. Juni. Dass dies statt­fin­det, ist gut. Wir sind einfach dank­bar für etwas Geduld, weil sich diese Anfra­gen jetzt häufen.

Was kann ein Stif­tungs­rat unter­neh­men, wenn das Gremium jetzt reali­siert, dass es zeit­lich nicht reicht?

Wir sind sehr libe­ral, auch seit Corona. Sitzun­gen können digi­tal oder im Zirku­lar­ver­fah­ren durch­ge­führt werden. Wenn die Statu­ten einer Stif­tung keine lange Vorlauf­frist für Sitzun­gen vorge­ben kann theo­re­tisch morgen eine Sitzung des Stif­tungs­rats online durch­ge­führt werden. Funk­tio­niert es dennoch nicht, kann eine Frist­ver­län­ge­rung verlangt werden. Im Normal­fall geben wir 1,5 Monate. In dieser Zeit sollte die notwen­dige Sitzung möglich sein. Wir sind übri­gens auch bezüg­lich Unter­schrif­ten weni­ger streng als früher.

Das heisst?

Früher war die ESA sehr streng. Alle Stif­tungs­räte und ‑rätin­nen muss­ten Proto­koll und Rech­nung unter­schrei­ben. Heute reicht es in der Praxis, wenn der Proto­koll­füh­rer oder die Proto­koll­füh­re­rin dieses unter­zeich­net und er bestä­tigt, dass alle gemäss Proto­koll abge­stimmt haben. Noch einfa­cher geht es übri­gens über Easy­Gov, unse­rem digi­ta­len Portal. Hier benö­ti­gen wir gar keine Unter­schrift. Die Person, die sich im System als Bevoll­mäch­tigte einer Orga­ni­sa­tion regis­triert hat, kann für die Stif­tung handeln. Das ist eine enorme Erleichterung.

Dass schon über 1000 Stif­tun­gen mitma­chen, ist genial.

Nils Güggi, Leiter ESA

Im April hat die ESA mit dem Digi­ta­li­sie­rungs­pro­jekt eESA die Möglich­keit einge­führt, Kunden­kon­takte über Easy­Gov voll­stän­dig digi­tal abzu­wi­ckeln. Was ändert sich mit der Einfüh­rung für den Jahres­be­richt 2021?

Schon über 1000 Stif­tun­gen haben sich für die voll­stän­dige digi­tale Lösung entschie­den und die Nutzungs­be­din­gun­gen akzep­tiert. Wir arbei­ten voll digi­tal zusam­men. Das ist super. Was wir auch dieses Jahr einge­führt haben ist, dass jedes Einrei­chen von Unter­la­gen mit einem saube­ren digi­tal ausge­füll­ten Formu­lar erfolgt. Egal ob man die Unter­la­gen digi­tal oder per Post einreicht.

Weshalb verlan­gen Sie dieses Formular?

Das Formu­lar ist für uns wich­tig, damit wir die einge­reich­ten Unter­la­gen einfa­cher tria­gie­ren können. Bei den Jahres­be­rich­ten stel­len wir viele Fragen, etwa in Bezug auf Inter­es­sens­kon­flikte und finan­zi­elle Aspekte. In den vergan­ge­nen Jahren haben wir fest­ge­stellt, dass die Antwor­ten nicht immer in den Stif­tungs­un­ter­la­gen enthal­ten sind oder recht mühsam extra­hiert werden müssen. Mit dem Formu­lar stel­len sicher, dass wir diese Infos haben. Von den vorher erwähn­ten bereits erhal­te­nen 900 Jahres­be­richt­erstat­tun­gen müssen wir übri­gens einen Teil davon wieder zurück­schi­cken, weil das Formu­lar dazu fehlt und ohne das funk­tio­niert es für uns nicht.

Im Mai haben Sie eESA einge­führt. Wie sieht eine erste Bilanz aus?

Dass schon über 1000 Stif­tun­gen mitma­chen, ist genial. Auch haben wir erreicht, dass alle Unter­la­gen bei uns digi­tal ankom­men. Unter­la­gen, die per Post kommen, werden gescannt und so elek­tro­nisch in den Prozess einge­fügt. Wir haben aller­dings noch viele Dossiers in Papier­form. Diese werden nun digi­ta­li­siert. Was wir etwas unter­schätzt haben ist bei einzel­nen Abläu­fen deren Komple­xi­tät. Hier werden wir in den nächs­ten Mona­ten Korrek­tu­ren vorneh­men. Aber insge­samt lässt sich sagen, dass eESA ein gros­ser Erfolg ist: ein gros­ser Schritt zur Digitalisierung.

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