In den ärmsten Siedlungen in Nairobi in Kenia spielen kleine Strassenküchen eine wichtige Rolle bei der täglichen Ernährung. 2019 lancierte Khadija Mohamed-Churchill den Pilotbetrieb für das Impact-Unternehmen Kwanza Tukule, das diese Küchen mit Grundnahrungsmitteln beliefert. Durch eine effiziente Lieferkette ermöglicht sie ihnen eine günstige und zuverlässige Beschaffung. Damit leistet sie einen entscheidenden Beitrag, um die ärmste Bevölkerung mit Nahrung zu versorgen. 2021 investierte die elea Foundation for Ethics in Globalization erstmals in Kwanza Tukule.
Wie sind Sie ursprünglich mit elea in Kontakt gekommen?
Es war am Internationalen Frauentag. Als Unternehmensgründerin sollte ich für TechnoServe, ein von elea unterstütztes Unternehmen, eine Rede halten. Eigentlich hatte ich keine Zeit und wollte absagen.
Ich hatte mein Unternehmen mit einer klaren Vision und Mission gegründet.
Khadija Mohamed-Churchill, Gründerin und CEO Kwanza Tukule
Aber Sie haben dennoch teilgenommen?
Ich liess mich überzeugen. In letzter Minute habe ich noch eine Präsentation vorbereitet und mein Unternehmen Kwanza Tukule sowie meine Arbeit vorgestellt. Wegen der Pandemie fand die Veranstaltung online statt. Und zufällig war Andreas Kirchschläger, CEO von elea, im Online-Publikum – so kam der erste Kontakt zustande.

Wie wurde daraus eine Zusammenarbeit?
Als ich mich näher mit elea befasste, stellte ich fest, dass unsere Visionen gut zusammenpassen. Ich hatte mein Unternehmen mit einer klaren Vision und Mission gegründet. Diese waren stark auf Impact ausgerichtet. Und genau darauf legte elea grossen Wert. Als wir zusammen sprachen, lautete die Frage, was versuche ich zu erreichen und wie passt das zu elea. In diesem Sinn war elea für mich der perfekte Partner.
Welche Rolle spielte die finanzielle Investition?
Natürlich war die Finanzierung entscheidend – wir waren gerade in der Aufbauphase. Wir hatten Einnahmen, aber noch keinen Gewinn. Was elea für uns bedeutete: Sie war unser erster Investor.
Was war besonders?
Sobald elea eingestiegen war, folgten weitere Investoren. Gleichzeitig hat uns das Team von elea intensiv im Fundraising-Prozess begleitet. Sie haben uns gezeigt, wie wir unser Unternehmen für Investoren fit machen, für diese attraktiv werden und wie wir mit ihnen sprechen müssen. Vor allem haben sie uns gezeigt, wie wir unser Geschäftsmodell aufbauen und von Tag eins an eine nachhaltige Strategie entwickeln. Das war sehr attraktiv für mich. Auch heute ist elea als aktives Vorstandsmitglied eng eingebunden.
Wir wollen Wirkung erzielen, aber gleichzeitig ein tragfähiges, gewinnbringendes Geschäftsmodell aufbauen.
Khadija Mohamed-Churchill
Folgten Investoren, weil Sie Ihr Unternehmen für Investoren bereit gemacht haben oder war der Name elea der Grund?
Es war beides. Als unser erster Investor hat elea Vertrauen in unser Unternehmen geschaffen. Zusammen mit unserem Geschäftsmodell und unserer Vision sendete das ein starkes Signal: Das ist ein solides Unternehmen, mit dem man gut zusammenarbeiten kann. Gleichzeitig war elea unser Leadinvestor, half uns beim Pitchen und nahm sogar an Investorengesprächen teil.
Suchen Sie heute eher Profit-orientierte Investoren oder arbeiten Sie auch mit weiteren Stiftungen zusammen?
Nachdem wir unsere erste Finanzierungsrunde mit elea abgeschlossen hatten, konnten wir das Unternehmen aus eigenen Mitteln weiter ausbauen. Wir sorgten dafür, dass unser Geschäft profitabel wird, was uns früh gelungen ist. Uns ist wichtig, dass jeder Partner, mit dem wir arbeiten, darauf achtet, dass wir sowohl einen Impact machen als auch profitabel sind. Unsere Partner sollen verstehen: Wir wollen Wirkung erzielen, aber gleichzeitig ein tragfähiges, gewinnbringendes Geschäftsmodell aufbauen. So sichern wir die langfristige Nachhaltigkeit.
Wie ist die Geschäftsidee überhaupt entstanden?
Ich bin in Kenia geboren und aufgewachsen. Dort habe ich studiert und später für eine internationale Bank gearbeitet. Diese Tätigkeit führte mich über einen internen Stellenwechsel nach London. Nach der Finanzkrise 2008 war ich vom Banking desillusioniert. Daraufhin absolvierte ich einen MBA am Imperial College in London. Ich verfolgte immer die Absicht, im Ausland Erfahrungen zu sammeln und zu verstehen, wie dort die Geschäftswelt funktioniert. Danach wollte ich nach Kenia zurückkehren, um in meiner Heimat etwas Eigenes aufzubauen.

Was Sie dann auch taten?
Ja, 2018 kehrten mein Mann und ich zurück nach Kenia. Ich machte ein Sabbatical und engagierte mich ehrenamtlich für verschiedenen NGOs. Ich arbeitete mit Grassroot-Organisationen in Kenia zusammen. Wir versuchten, die Menschen für mehr Rechte und Repräsentation in der Politik zu aktivieren. In dieser Zeit fragte ich mich, was ich mit meinem Leben machen wollte. Mein MBA in London hatte den Schwerpunkt Entrepreneurship. Ich wollte mich den Herausforderungen unseres Landes widmen und dachte an die Bereiche Wasser, Nahrung oder Gesundheitswesen. Wasser war zu stark reguliert und das Gesundheitswesen kam nicht in Frage, da ich keine Ärztin bin. So blieb die Ernährungssicherheit.
So haben Sie Kwanza Tukule gegründet?
Kwanza Tukule bedeutet in Swahili «lasst uns essen». Also dachte ich, ich starte mit einem Lieferdienst für Bohnen. Viele Menschen in Kenia essen Bohnen, weil sie günstig und proteinhaltig sind. Wir lieferten sie schon gekocht an Strassenküchen. Das funktionierte gut. Doch dann kam Covid. Und bis zur erwähnten Rede am Internationalen Frauentag hatten wir das Geschäftsmodell bereits angepasst. Denn die Strassenküchen fragten uns nach Wasser, Reis und Öl. Weil kein Bedarf für gekochte Bohnen mehr da war, fuhren wir diesen Teil runter. In diesem Moment habe ich elea kennengelernt und realisierte gleichzeitig, dass unser Unternehmen wachsen könnte. Doch dazu musste ich Gelder finden. elea half mir schliesslich bei dieser Transformation.
Wir möchten zeigen, wie dieses Engagement andere dazu inspirieren kann, Firmen zu gründen, die reale Probleme lösen.
Khadija Mohamed-Churchill
Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung?
Ja. Dank viel harter Arbeit, Schweiss und Tränen. Wir sind stark gewachsen und in drei Regionen aktiv. Im vergangenen Jahr hatten wir 16 Millionen US-Dollar Umsatz, dieses Jahr sollen es 20 Millionen werden. Wir haben rund 5000 Strassenküchen und Lebensmittelverkäufer, die täglich von uns kaufen. Wir decken aber nur einen kleinen Teil des Landes ab und wir sehen Potenzial, um in andere Länder zu expandieren.

Sie kennen London und das Banking: Was müssen Investoren aus Europa bieten für eine erfolgreiche Zusammenarbeit?
Der Ansatz von elea ist einzigartig. Sie machen eine strenge Selektion, bevor sie mit einem Unternehmen zusammenarbeiten. Während des Due Diligence-Prozesses sprach ich persönlich mit Peter Wuffli, Gründer von elea, und Andreas Kirchschläger. Das Schöne an der Zusammenarbeit mit elea ist ihre Geduld. Sie haben diese langfristige Sicht, die andere Investoren nicht haben. Sie verstehen die Herausforderungen, die Unternehmen durchleben: Ein Unternehmen in einem Land wie Kenia zu führen ist chaotisch und herausfordernd. Du kannst sehr schnell graue Haare bekommen.
Diese Woche sind Sie bei elea in Zürich: Was erwarten Sie sich davon?
Wir treffen verschiedene Stakeholder und Investoren von elea. Es ist mir ein Anliegen, dass sie die Arbeit sehen und die Entrepreneurs erleben, in die sie investieren. Unternehmerinnen wie ich selbst, die die Banking- und Corporatewelt verlassen haben, um eigene Unternehmen aufzubauen. Wir möchten zeigen, wie dieses Engagement andere dazu inspirieren kann, Firmen zu gründen, die reale Probleme lösen. Wir wollen zeigen, dass es Modelle gibt, die funktionieren – auch wenn wir mit Herausforderungen kämpfen, die nicht einfach zu lösen sind. Hier zu sein, ist unsere Art, den Investoren, die uns ihr Vertrauen schenken, etwas zurückzugeben. Und natürlich möchte ich mich auch mit anderen Netzwerken verknüpfen. Zu diesen Impact-Investoren hier in Zürich hätte ich in Nairobi keinen Zugang.



