Andreas R. Kirchschläger, Geschäftsführer elea Foundation

elea Foun­da­tion: Wissens­trans­fer kennt keine Grenzen

Die elea Foundation setzt im Kampf gegen die Armut auf Unternehmen vor Ort. Jetzt hat die Stiftung erstmals die Gründer:innen der von ihr finanzierten Unternehmen zu einem Treffen nach Lausanne eingeladen. Geschäftsführer Andreas R. Kirchschläger zieht Bilanz des Anlasses und sagt, was im Kampf gegen absolute Armut der Vorteil des unternehmerischen Ansatzes ist.

Sie bekämp­fen Armut mit unter­neh­me­ri­schen Mitteln. Funk­tio­niert dieser Ansatz?

Der grosse Vorteil bei unse­rem Ansatz ist, dass wir in lokal veran­kerte Unter­neh­men inves­tie­ren. Diese Unternehmer:innen lösen lokale Probleme. Wir inves­tie­ren also in Menschen, die vor Ort bereits erfolg­reich an der Lösung der oft viel­fäl­ti­gen Heraus­for­de­run­gen arbeiten.

Und die unter­neh­me­ri­schen Mittel?

Die Inves­ti­tion in ein Unter­neh­men wirkt lang­fris­tig und wirt­schaft­lich nach­hal­tig. Wir alle wissen: Phil­an­thro­pi­sche Mittel sind limi­tiert. Gelingt es uns, möglichst viel Wirkung zu erzeu­gen mit Inves­ti­tio­nen in Orga­ni­sa­tio­nen, die sich über die Zeit selbst finan­zie­ren können, dann sparen wir phil­an­thro­pi­sche Mittel für Dinge, die nur durch kari­ta­tive Unter­stüt­zung möglich sind.

Unternehmer:innen denken in Generationen.

Andreas R. Kirch­schlä­ger, Geschäfts­füh­rer elea Foundation

Sie setzen also auf unter­neh­me­ri­sches Denken?

Unternehmer:innen denken in Gene­ra­tio­nen. Sie haben einen enorm lang­fris­ti­gen Hori­zont. Auf Projekte ausge­rich­tete Finan­zie­run­gen haben dage­gen einen enge­ren Zeit­rah­men und kennen ein Ende. Oft haben wir gerade in der Entwick­lungs­zu­sam­men­ar­beit gese­hen, dass gesamte Projekte stark in Frage gestellt sind, sobald sich die Projekt­ver­ant­wort­li­chen zurück­zie­hen. Ein lokal veran­ker­tes Unter­neh­men und ein:e Unternehmer:in vor Ort stehen für eine unver­gleich­lich längere Lebens­dauer und ihre Wirkung ist somit deut­lich nach­hal­ti­ger. Damit dies gelingt, inves­tie­ren wir nie nur Geld. Wir sind immer auch mit Zeit und Know How sehr aktiv engagiert.

Und weshalb brau­chen diese Unter­neh­men Unterstützung?

Viele der Unter­neh­men sind in einzel­nen Berei­chen sehr stark, haben aber natür­lich auch Schwach­stel­len. Hinzu kommen die viel­fäl­ti­gen zusätz­li­chen Heraus­for­de­run­gen in den Regio­nen, in denen wir aktiv sind. Das sind Regio­nen, in welchen das Pro-Kopf-Einkom­men im Durch­schnitt unter drei Dollar pro Tag liegt. Damit sie trotz all dem über­le­ben und ihr Poten­tial voll entfal­ten können, unter­stüt­zen wir die Unter­neh­men, in die wir inves­tie­ren, über den ganzen Inves­ti­ti­ons­zeit­raum inten­siv mit Rat und Tat.

Gibt es ein Bedürf­nis, das bei allen an erster Stelle steht? Ist es zuerst das Geld oder das Know How?

Meis­tens ist es beides und oft beides gleich­zei­tig. Wir inves­tie­ren nie in Start­ups. Wir suchen Unter­neh­men, welche die ersten Heraus­for­de­run­gen gemeis­tert haben. Sie sind zwei bis drei Jahre alt und begin­nen zu wach­sen. Meist fehlt dazu das Kapi­tal. Vor Ort finden sie dieses kaum und auch inter­na­tio­nale (Impact-)Investoren können zu diesem Zeit­punkt das noch sehr hohe Risiko einer Inves­ti­tion nicht einge­hen. Gleich­zei­tig steigt mit dem Wachs­tum die unter­neh­me­ri­sche Komple­xi­tät. Das stellt neue Anfor­de­run­gen an die Orga­ni­sa­tion, der Markt bringt neue Heraus­for­de­run­gen, Finan­zen und Buch­hal­tung verlan­gen zum Beispiel mehr Profes­sio­na­li­sie­rung als zu Beginn – und dies alles vor dem Hinter­grund der schwie­ri­gen örtli­chen Rahmen­be­din­gun­gen. An diesem Punkt bieten wir Unter­stüt­zung bei der Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung und helfen bei Fragen der Stra­te­gie, des Leader­ship und der Gover­nance, aber natür­lich auch in akuten Krisen, wie gerade eben während der Covid-19 Pande­mie. Wir arbei­ten sehr direkt mit den Unter­neh­men, um diese auf stabile Füsse zu stellen.

Wir prüfen pro Jahr ca. 1000 Unter­neh­men und inves­tie­ren am Ende in fünf bis sieben.

Andreas R. Kirch­schlä­ger, Geschäfts­füh­rer elea Foundation

Wie finden Sie diese Unter­neh­men? Oder kommen diese etwa auf Sie zu?

In manchen Regio­nen haben wir zwar unter­des­sen eine gewisse Bekannt­heit erreicht und ein star­kes Netz­werk aufge­baut, aber grund­sätz­lich finden meist wir die Unter­neh­men. Wir suchen sehr gezielt nach Inves­ti­ti­ons­mög­lich­kei­ten im Rahmen unse­rer Schwer­punkt-Themen in verschie­de­nen Ländern und Regio­nen. Haben wir in einem Land oder einer Region mehrere poten­zi­ell inter­es­sante Unter­neh­men eruiert, reisen wir für eine «Scou­ting Tour» vor Ort. Es folgt die Entschei­dung, ob wir in eine vertiefte Due Dili­gence einsteigen.

Von wie vielen Unter­neh­men spre­chen wir?

Wir prüfen pro Jahr ca. 1000 Unter­neh­men und inves­tie­ren am Ende in fünf bis sieben. Unsere Aspi­ra­tion ist, dass je mehr erfolg­rei­che Unter­neh­men wir fördern konn­ten, umso mehr neue Unter­neh­men auf uns zukommen.

Wie defi­nie­ren Sie erfolg­reich? Zählt alleine das finan­zi­elle Über­le­ben oder sind weitere Fakto­ren von Bedeu­tung, etwa die soziale Wirkung?

Letz­tere ist entschei­dend. Die soziale Wirkung ist der Grund, weshalb wir inves­tie­ren. Wir wollen eine posi­tive Verän­de­rung der Lebens­ver­hält­nisse der Menschen vor Ort errei­chen. Wir haben unsere eigene Metho­dik entwi­ckelt, um zu messen, ob ein Impact entsteht, ob dieser nach­hal­tig ist und wie sich die Lebens­ver­hält­nisse wie vieler Menschen konkret verbes­sern  . Das verfol­gen wir Jahr für Jahr.

Und welche Bedeu­tung haben die Finanzen?

Der wirt­schaft­li­che Erfolg des Unter­neh­mens ist das zweite Krite­rium, also ob  ein Unter­neh­men es schafft, selbst lebens­fä­hig zu werden. Denn nur dann bleibt der Impact lang­fris­tig bestehen. Ob diese beiden Aspekte erreich­bar sind, prüfen wir sehr genau. Es gibt tolle Unter­neh­men, bei welchen wir aber fest­stel­len müssen, dass der Impact zu beschei­den ist – und es gibt ebenso solche mit einem star­ken Impact, die aber ohne den dauern­den Zufluss von frem­dem Geld nicht funktionieren.

Die elea Entre­pre­neurs Community.

Nun haben Sie im Rahmen eines «Leading for Impact Program» Vertreter:innen der Unter­neh­men, in die Sie inves­tiert sind, ans IMD in Lausanne einge­la­den. Wie sieht Ihre Bilanz aus?

Der Erfolg dieser Woche am IMD hat unsere hohen Erwar­tun­gen sogar noch über­trof­fen. Die verant­wort­li­chen Professor:innen haben uns viel wert­vol­len Input vermit­telt. Zudem profi­tie­ren die Unternehmer:innen enorm vonein­an­der. Es war begeis­ternd zu sehen, wie schnell eine Vertrau­ens­ba­sis geschaf­fen werden konnte und sie mitein­an­der auch kriti­sche Themen offen austausch­ten. Sie haben sofort fest­ge­stellt, dass sie mit ähnli­chen Heraus­for­de­run­gen kämp­fen, unab­hän­gig davon, in welchen Sekto­ren und Ländern sie tätig sind.

Haben auch Sie als Stif­tung etwas gelernt?

Wir haben als Team in vieler­lei Hinsicht von diesen gemein­sa­men Tagen profi­tiert. Wir konn­ten u.a. die persön­li­chen Bezie­hun­gen zu «unse­ren» Unternehmer:innen durch das gemein­same Erleb­nis weiter vertie­fen, einige ihrer Heraus­for­de­run­gen von einer ande­ren Perspek­tive aus kennen und somit ihre Bedürf­nisse besser verste­hen lernen und auch das grosse Poten­tial dieser span­nen­den Gemein­schaft besser konkret erfassen.

Nach welchen Krite­rien hatten Sie die Teil­neh­men­den eingeladen?

Einge­la­den waren alle Mitglie­der unse­rer elea Entre­pre­neurs Commu­nity. Diese besteht aus den Gründer:innen und/oder Geschäftsführer:innen der Unter­neh­men, die wir unterstützen.

Um vonein­an­der zu lernen?

Ja, und noch viel mehr: Wir wollen die Unternehmer:innen unse­rer Port­fo­lio-Unter­neh­men mitein­an­der verbin­den und so eine Gemein­schaft von Gleich­ge­sinn­ten schaf­fen, die vonein­an­der lernen, sich inspi­rie­ren und sich auch gegen­sei­tig unter­stüt­zen können.

Ihre Mitglie­der sind alle Entre­pre­neurs, die ihr ganzes Leben einer Ambi­tion widmen: Menschen in Armut ein besse­res Leben zu ermög­li­chen. Dabei beob­ach­ten wir, dass sie auf ihrer Reise oft einsam sind. Selbst die Mitmen­schen in ihrem Umfeld und in ihren Fami­lien verste­hen teils nicht, weshalb sie ihr Talent nicht in einem gros­sen Unter­neh­men oder beim Staat für einen besse­ren Lohn und mit weit gerin­ge­rem persön­li­chen Risiko einset­zen. Für diese Fragen ist die Gruppe als Spar­rings­part­ner sehr wert­voll. Die Unternehmer:innen merken, dass sie nicht alleine auf ihrer Mission unter­wegs sind.

Hier­für sind wir auch auf der Suche nach weite­ren Part­nern und Stif­tun­gen, die ähnli­che Ziele verfol­gen und diese Arbeit unter­stüt­zen möch­ten. Das Poten­tial ist enorm.

Andreas R. Kirch­schlä­ger, Geschäfts­füh­rer elea Foundation

Die Unternehmer:innen haben sich jetzt einmal getrof­fen. Wie geht es weiter?

Das Programm in Lausanne war – nach eini­gen virtu­el­len Veran­stal­tun­gen zur Vorbe­rei­tung – der Auftakt, um die Gemein­schaft zu stär­ken. Wir sind über­zeugt, dass vieles virtu­ell möglich ist. Trag­fä­hige Verbin­dun­gen entste­hen jedoch erst durch die persön­li­che Begeg­nung. Wir beob­ach­ten mit Freude, wie die Teil­neh­men­den ihre Kontakte nun über verschie­dene Kanäle weiter pfle­gen. Es entste­hen bila­te­rale Koope­ra­tio­nen. Wir wissen, dass sich einzelne Unternehmer:innen in ihren Regio­nen auch physisch tref­fen. Für nächs­tes Jahr haben wir darüber hinaus weitere Anlässe geplant, um die Mitglie­der der elea Entre­pre­neurs‘ Commu­nity auf den einzel­nen Konti­nen­ten zusam­men­zu­brin­gen, die am selben Thema arbei­ten. Hier­für sind wir auch auf der Suche nach weite­ren Part­nern und Stif­tun­gen, die ähnli­che Ziele verfol­gen und diese Arbeit unter­stüt­zen möch­ten. Das Poten­tial ist enorm.

Sie arbei­ten mit ande­ren Stif­tun­gen und NGOs zusammen?

Wir sind von der Bedeu­tung star­ker Part­ner­schaf­ten über­zeugt. Unsere Entre­pre­neurs‘ Commu­nity besteht aus einer einzig­ar­ti­gen Gruppe von Menschen, die  sehr viel bewir­ken. Das ist eine span­nende Platt­form, für die wir mit ande­ren zusam­men­ar­bei­ten können. elea sucht daher auch Part­ner, die unsere Über­zeu­gung teilen, dass wir die Lebens­be­din­gun­gen der Menschen in abso­lu­ter Armut nach­hal­tig und mess­bar verbes­sern können, wenn wir lokale Unter­neh­men stär­ken und dadurch Zugang zu Einkom­men, Arbeits­plät­zen, Ausbil­dung, lebens­not­wen­di­gen Gütern und Infra­struk­tur schaffen.

Die Unternehmer:innen haben am Leading for Impact Program Erfah­run­gen ausge­tauscht. Werden auch ganze Konzepte über­nom­men, ähnlich einem Franchisemodell?

Wir hatten tatsäch­lich einen Fall, in dem ein Unter­neh­mer fest­stellte, dass die Lösung eines ande­ren Unter­neh­mens für ihn prak­tisch eins zu eins passen könnte. Nun arbei­ten wir gemein­sam an der Frage, ob und unter welchen Umstän­den ein konkre­ter Trans­fer tatsäch­lich möglich wäre. Aber oft betraf der Austausch auch sehr konkrete stra­te­gi­sche und opera­tive Themen wie zum Beispiel Fragen der Gover­nance, der Stra­te­gie­ent­wick­lung oder auch der Gestal­tung der IT-Infrastruktur.

Hat dieser Austausch meist zwischen Vertreter:innen dessel­ben Kultur­krei­ses stattgefunden?

Dass es viele kultur­spe­zi­fi­sche Themen geben würde, hatten wir im Vorfeld ange­nom­men. Fest­ge­stellt haben wir das Gegen­teil. Der Trans­fer hat quer über die Konti­nente stattgefunden.

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