Als Beispiel, wofür sich Innovate 4 Nature (I4N) engagiert, nennt Sibylle Grass Mangrovenwälder: Als natürliche Klimalösungen tragen sie dazu bei, den Klimawandel zu bekämpfen. Sie unterstützen die natürliche Bindung von Kohlendioxid, sind Lebensraum für viele Tierarten und schützen die Küstengebiete vor Erosion. Zudem bietet ihr Anbau der lokalen Bevölkerung ein Einkommen.
Ein weiteres Beispiel seien Kreislauflösungen mit Produkten aus umweltfreundlichen, biologisch abbaubaren oder vollständig recycelbaren Materialien wie Kork. «Es sind solche Projekte, die wir möglichst rasch möglichst gross machen möchten», sagt Sibylle Grass, die bei der Stiftung zuständig für Marketing und Fundraising ist.
Innovate 4 Nature versteht sich als «Accelerator», als Beschleuniger für naturbasierte Lösungen: Start-ups, die Massnahmen zum Erhalt oder zur Wiederherstellung von natürlichen Ökosystemen anbieten, werden mit Unternehmen, Investoren oder Stiftungen zusammengebracht, die ebenfalls ein Interesse daran haben, dem Biodiversitätsverlust entgegenzuwirken. Diese naturbasierten Lösungen wiederum sollen den Wandel hin zu einer regenerativen Wirtschaft unterstützen, einer Wirtschaft also, die Rücksicht nimmt auf natürliche Ressourcen oder diese sogar fördert.
Stiftungsstruktur stabilisiert
Innovate 4 Nature wurde 2021 von den vier Organisationen InTent, Waterpreneurs, engageability und IN-FINITUDE AG sowie mit Unterstützung des Migros-Pionierfonds gegründet, zunächst als Verein, seit Mai 2024 ist man als Stiftung organisiert. Stiftungsratspräsident ist André Hoffmann, Vizepräsident des Verwaltungsrates von Roche, Präsident von Massellaz sowie Gründer und Co-Vorsitzender von InTent. «Wir sind auf lange Sicht angelegt und sind überzeugt, dass uns die Stiftungsstruktur mehr Stabilität und Glaubwürdigkeit verleiht», sagt Sibylle Grass. Verändert hat sich auch die Strategie: Zu Beginn fungierte I4N als «Marktplatz», auf dem sich Start-ups als Anbieter von naturbasierten Lösungen und potenzielle Investoren treffen konnten. «Wir haben aber gemerkt, dass wir neben Investoren auch gezielt Firmen unterstützen können, die sich des Themas Biodiversität annehmen müssen, und haben das Angebot dahingehend erweitert», sagt Sibylle Grass. Das Thema sei zwar nicht neu, stehe aber immer noch im Schatten des grossen Themas Klima und CO2-Reduktion. Heute wendet sich I4N direkt an Unternehmen, Stiftungen und Investoren auf der ganzen Welt. Viele Unternehmen sind gefordert, in Bezug auf den Erhalt der Biodiversität zu handeln, einerseits aus Reputationsgründen, weil die Kundschaft ein entsprechendes Engagement erwartet, andererseits aber auch, um ihre eigenen Lieferketten widerstandsfähiger zu gestalten. Als Anfang Jahr ein Grossteil der Kakaoernte in Westafrika durch extremes Wetter und Krankheiten zerstört wurde, stieg der Schokoladenpreis zum Ostergeschäft stark an. Sibylle Grass: «Die Hälfte aller Unternehmen weltweit ist direkt, die andere Hälfte indirekt von der Natur beziehungsweise natürlichen Ressourcen abhängig. Wenn ein Ökosystem kollabiert, wirkt sich das unmittelbar auf das Geschäft der Unternehmen aus.»
Konzentrierte sich Innovate 4 Nature anfangs auf Projekte und Organisationen in der Schweiz, ist die Stiftung heute global aktiv: «Es gibt überall so viele spannende Projekte, da möchten wir uns keine Grenzen setzen», sagt Sibylle Grass. Es geht heute nicht mehr primär um «klassisches» Investment, sondern um die Kollaboration der verschiedenen Interessengruppen. Die Stiftung stellt den Unternehmen dabei ihr breites Netzwerk und Know-how im Bereich Natur und Biodiversität zur Verfügung, etwa durch die Präsentation von Best-Practice-Beispielen. «Wir möchten hier eine Vordenkerrolle einnehmen», erklärt die Marketingspezialistin. Den Start-ups verhilft I4N nicht nur zu Geld, sondern vor allem auch zu mehr Sichtbarkeit, damit sie für Drittinvestoren interessant werden. Dafür veröffentlicht I4N auf ihrer Website über 140 naturbasierte Lösungen in einer «Solution Gallery». Die Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 mindestens 100 qualitativ hochwertige, Natur-positive Lösungen zu fördern.
1. I4N AWARD interessiert
Für Sichtbarkeit sorgt auch der
I4N AWARD, den die Stiftung dieses Jahr zum ersten Mal vergibt. Mehr als 400 Bewerbungen von Start-ups aus der ganzen Welt seien eingegangen: «Wir wurden regelrecht überrannt.» Im Rahmen des diesjährigen «I4N Day», der in diesem Monat im französischen Arles stattfindet, werden schliesslich die Preisträger:innen in vier Kategorien ausgezeichnet. «Das wird ein Meilenstein für uns werden.» Ziel sei es, den mit insgesamt 100’000 Franken dotierten Award künftig jährlich zu vergeben. Um Preisgelder zu erhöhen und beispielsweise Firmen, die gezielt auf der Suche nach Lösungen innerhalb ihrer Industrie sind, noch besser zu unterstützen, ist die Ausschreibung von Partnerawards geplant. Zudem sei man daran, ein Instrument zu entwickeln, um die Wirkung sämtlicher geförderten Lösungen messen und darstellen zu können.
Finanziell wird Innovate 4 Nature derzeit von InTent unterstützt und konnte kürzlich die Stiftung Fourfold als Partnerin gewinnen. Mittelfristig soll die Organisation selbsttragend werden. Sibylle Grass: «Die Gelder, die von Partnerorganisationen zu uns fliessen, sollen vollumfänglich den Start-ups zugutekommen.»