Die Viel­falt an quee­ren Lebens­wel­ten sicht­bar machen

Selbstbestimmt

Seit gut 30 Jahren unter­stützt die Förder­stif­tung Stone­wall Projekte und Anlie­gen von LGBTQ-Menschen. Gegrün­det wurde sie 1989 in Basel von einer Gruppe schwu­ler Männer.

Am 28. Juni 1969 stürmt die Poli­zei die Schwu­len­bar Stone­wall Inn in der Chris­to­pher Street in New York. Zum ersten Mal setzen sich Homo- und Trans­se­xu­elle gegen diese will­kür­li­che Diskri­mi­nie­rung zur Wehr. Die Proteste bilden den Anfang der moder­nen Homo­se­xu­el­len­be­we­gung und der Gay-Pride-Märsche. 20 Jahre später grün­det eine Gruppe schwu­ler Männer in Basel eine Stif­tung, die sie nach der New Yorker Szene­bar benennt und die sich gemäss ihren Leit­sät­zen für ein gesell­schaft­li­ches Klima einsetzt, «in dem Menschen unab­hän­gig von ihrer sexu­el­len und geschlecht­li­chen Iden­ti­tät ein gleich­be­rech­tig­tes und selbst­be­stimm­tes Leben führen können». Seit nunmehr gut 30 Jahren unter­stützt die Stif­tung Stone­wall in der Deutsch­schweiz Projekte aus den Berei­chen Kultur, Wissen­schaft, Bildung und Gesell­schafts­po­li­tik, wie zum Beispiel das Zürcher Pink Apple Festi­val oder Aufklä­rungs­ar­bei­ten an Schu­len.  Mit dem Stone­wall Award zeich­net sie zudem Projekte und Perso­nen aus, die sich für den Schutz und die Sicht­bar­keit von Schwu­len und Lesben in der Schweiz engagieren.

Homo­se­xua­li­tät sicht­bar machen

Am Anfang der Stif­tung stand ein finan­zi­el­ler Über­schuss. «1989 fand in Basel die Ausstel­lung ‹Männer­ge­schich­ten› statt, die erst­mals das Leben schwu­ler Männer thema­ti­sierte», erzählt die heutige Stif­tungs­rats­prä­si­den­tin Cordula Niklaus. «Nach der Ausstel­lung hatten die Orga­ni­sa­to­ren noch gut 100’000 Fran­ken übrig, die sie schliess­lich in eine Stif­tung über­führ­ten.» Die Idee der Grün­der, zu denen unter ande­rem der spätere Basel­bie­ter Natio­nal- und Stän­de­rat Claude Janiak gehörte, war, das Geld aus der Ausstel­lung als Start­ka­pi­tal zu verwen­den, um Projekte im Bereich Homo­se­xua­li­tät zu fördern. «Zu dieser Zeit gab es noch keine weite­ren Orga­ni­sa­tio­nen und Insti­tu­tio­nen, die sich für die Rechte von Homo­se­xu­el­len und Trans­per­so­nen einsetz­ten», erklärt Niklaus. Die Lesben­or­ga­ni­sa­tion Schweiz LOS wurde eben­falls erst Ende 1989 gegrün­det, ihr Pendant Pink Cross, der natio­nale Dach­ver­band der schwu­len und bise­xu­el­len Männer, besteht seit 1993. Auch gab es erst wenige Lokale, in denen sich Homo­se­xu­elle offen tref­fen konn­ten. Die Stif­tung Stone­wall wollte diese «ande­ren» Lebens­wel­ten in der Schweiz sicht­bar machen. In der Broschüre zum 30-jähri­gen Bestehen der Stif­tung heisst es zu den Anfän­gen: «Wir hatten Schutz­räume hinter verdun­kel­ten Fens­tern und Mauern geschaf­fen, um körper­li­chen Angrif­fen zu entge­hen. Wir hatten uns versteckt, um uns für ein paar Stun­den nicht verste­cken zu müssen. Diese Zeit ist vorbei, wir wollen sehen und gese­hen werden.» 

Podium in der Helf­e­rei Zürich, v.r.n.l., ehema­lige und aktu­elle Stiftungsrät:innen Mari­anne Dahin­den, Claude Janiak, Oliver Fritz und Cordula Niklaus.

Ernst Oster­tag, Schwu­len­ak­ti­vist, an der Ausstel­lung anläss­lich des 30-Jahre-Jubiläums.

Von der Bevöl­ke­rung akzeptiert

Seit­her hat sich in der Gesell­schaft eini­ges verän­dert: Es gibt heute zahl­rei­che Orga­ni­sa­tio­nen und Verbände wie Pink Cross, LOS, Trans­gen­der Network Switz­er­land, den Dach­ver­band Regen­bo­gen­fa­mi­lien oder den Schwei­zer Verein für inter­ge­schlecht­li­che Menschen Inter Action, die sich für LGBTQ-Anlie­gen einset­zen. Auch in der Arbeits­welt ist das Thema ange­kom­men: Seit 2019 wird das von Wyber­Net, dem Netz­werk für enga­gierte lesbi­sche Berufs- und Führungs­frauen, und Network, dem Berufs­netz­werk schwu­ler Fach- und Führungs­kräfte lancierte LGBTI-Label an Unter­neh­men und Orga­ni­sa­tio­nen verge­ben, die sich um mehr Diver­si­tät und Inklu­sion am Arbeits­platz bemü­hen. In jüngs­ter Zeit hätten vor allem die klaren Zustim­mun­gen zum Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­ge­setz und
zur «Ehe für alle» gezeigt, dass die Akzep-tanz für queere Lebens­wel­ten bei der Mehr­heit der Bevöl­ke­rung vorhan­den sei, meint Niklaus. «Tatsäch­lich stel­len wir uns immer mal wieder die Frage, ob es die Stif­tung in ihrer heuti­gen Funk­tion als Brücken­baue­rin noch braucht.» Zumal sie auf private Gönne­rin­nen und Gönner ange­wie­sen ist. Das Budget ist entspre­chend beschei­den: Pro Jahr vergibt Stone­wall Förder­gel­der in der Höhe von 8000 bis 10’000 Franken. 

Nach­frage besteht noch immer

Ursprüng­lich widmete sich die Stif­tung den Rech­ten von homo­se­xu­el­len Männern, erst ein paar Jahre nach der Grün­dung sties­sen auch lesbi­sche Frauen zum Stif­tungs­rat. 2015 über­nahm das heutige Gremium, dem neben der Präsi­den­tin Cordula Niklaus auch Sofia Hilge­vo­ord, Pierre André Rosse­let und Oliver Fritz ange­hö­ren. Cordula Niklaus: «Wir über­nah­men das Amt vor rund sieben Jahren im Hinblick auf das 30-jährige Bestehen der Stif­tung 2019. Dieses Jubi­läum woll­ten wir dazu nutzen, uns noch einmal in der Öffent­lich­keit zu zeigen.» Seit­her sind schon wieder drei Jahre vergan­gen, die aller­dings wegen der Coro­na­pan­de­mie ruhig verlie­fen. Aber eine Nach­frage nach Förder­gel­dern besteht nach wie vor: So unter­stützt Stone­wall aktu­ell die Auftritte einer quee­ren Musi­ke­rin und ein Bera­tungs­an­ge­bot für queere Jugend­li­che in der Ostschweiz. 

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