Lokal verankert und nahe bei den Menschen: Die Stiftung Alter in Hottingen wirkt lokal mit einem fokussierten Tätigkeitsfeld. Sie setzt sich für die ältere Generation im Zürcher Quartier Hottingen ein. Stiftungsratspräsident Alfred Gilgen erzählt, welche Herausforderungen die Stiftung meistern musste und wie sie sich neu ausgerichtet hat.
Ihre Stiftung hat eine bewegte Geschichte?
Wir hatten ein Auf und Ab, um das richtige Tätigkeitsfeld zu finden. Ich stiess 2004 zur Stiftung. In den folgenden Jahren prüften wir, in welche Richtung die Stiftung gehen sollte. Und wir haben uns so aufgestellt, dass wir uns seit 2005 allgemein für die Verbesserung der Lebensbedingungen der älteren Bevölkerung in Hottingen einsetzen. Mit viel Elan und Energie überlegten wir uns, wie wir das erreichen können.
Ein einfaches Unterfangen?
Nicht wirklich. Es war eine eher wechselhafte Zeit. Mit grossem Engagement suchten wir gute Projekte. Wir erstellten eine Shortlist mit geeigneten Projekten. Diese wollten wir entweder selbst operativ führen oder wir wollten gemeinnützige Institutionen finden, die ihren Fokus bereits auf der älteren Generation haben und bereit wären, ein Projekt zu realisieren.
Wie sahen diese Projekte aus?
Ein Projekt bspw. hiess Café Santé. An einem fixen Termin sollte älteren Hottingerinnen und Hottingern die Möglichkeit geboten werden, auf Kaffee, Tee und Kuchen vorbeizukommen. Gleichzeitig hätten sie niederschwellig Antworten auf ihre Gesundheitsfragen erhalten. Zur Realisierung des Projekts suchten wir Organisationen mit den entsprechenden Kompetenzen.
Doch diese haben Sie nicht gefunden?
Nein. Leider nicht. In der Folge sind wir nochmals über die Bücher. Wir haben uns gefragt, welche Seniorenangebote es im Quartier eigentlich bereits gibt. Wir wollten eine Bestandsaufnahme machen. Daraus ist 2013 ein Buch entstanden: «In Hottingen älter werden.» Ein sehr schönes Resultat, das vor allem auch den Stiftungsrat zusammengeschweisst hat. Natürlich sind viele Angaben im Buch heute nicht mehr aktuell, weswegen wir mit dem Gedanken spielen, eine aktuelle, interaktive Onlineversion daraus zu entwickeln.
Welche konkreten Projekte haben sich ergeben?
Ein Projekt, auf das wir sehr stolz sind, ist die Nachbarschaftshilfe Hottingen. Dieses unterstützen wir. Sie vermittelt zwischen den Bedürfnissen der älteren Einwohnerinnen und Einwohner und Freiwilliger. Sie bietet verschiedene Dienste an wie kleine Hilfen im Haus und Garten oder auch Vorlesen. Die Nachbarschaftshilfe Hottingen hat ein gut entwickeltes Angebot. Die Universität Zürich hat dazu eine Studie erstellt, die wir finanziert haben.
Was waren die Ergebnisse?
Hilfreich waren insbesondere die eher ernüchternden Ergebnisse. So zeigte sich, dass viele Menschen im Quartier mit Bedürfnissen das Angebot noch nicht kannten. Auch sind sie sehr zurückhaltend beim Hilfe-in-Anspruch-Nehmen. Es ist für ältere Personen schwer, sich aus der Isolation zu begeben. Sie werden im sozialen Verhalten ängstlich und unsicher, was sie noch zurückhaltender werden lässt. Es ist herausfordernd, diese Vereinsamung zu durchbrechen.
«Es ist für ältere Menschen schwer, sich aus der Isolation zu begeben.»
Alfred Gilgen
Könnte die Nachbarschaftshilfe intensiviert werden?
Es gab ein Projekt zur Intensivierung der Nachbarschaftshilfe, doch im Moment steht es still. Die reformierte Kirchgemeinde Zürich reorganisiert sich. Und wie es mit der Nachbarschaftshilfe weitergeht, die vor der Reorganisation in die Kirchgemeinde Hottingen eingebettet war, ist noch nicht klar. Wir sind jedenfalls bereit, uns zu engagieren im Rahmen unserer Möglichkeiten.
Was heisst das?
Wir haben uns 2016 klar positioniert als reine Förderstiftung. Dies entspricht den zeitlichen Möglichkeiten des Stiftungsrates und den finanziellen Mitteln der Stiftung. Wir vergeben pro Jahr rund 100 bis 200’000 Franken. Allerdings reicht hierzu die Rendite auf dem Stiftungsvermögen nicht aus, weshalb wir das Kapital angreifen respektive neue Spenden generieren müssen.
Wie ist die Stiftung ursprünglich entstanden?
In Hottingen herrschte Ende der 60er Jahre Knappheit an Altersheimplätzen. Deshalb gründete die reformierte Kirchgemeinde Hottingen 1971 die Stiftung Altersheim Hottingen. Ziel war es, ein Altersheim zu errichten und selbst zu betreiben.
Steht dieses Altersheim?
Die Idee wurde nie umgesetzt. Der Stif-
tungsrat realisierte, dass ihm die Kapa-zität und die Kompetenz fehlten. So entschied sich das Gremium in der zweiten Hälfte der 70er Jahre, sich stattdessen finanziell an der Erweiterung des Alterszentrums Hottingen zu beteiligen. Damals baute die Diakonie Neumünster, zu welcher dieses Zentrum gehört, das Altersheim Sonnenblick.
Hat sich die Stiftung beteiligt?
Sie hat sich an den Baukosten beteiligt. Als Gegenleistung erhielt die Kirchengemeinde bis zu einem gewissen Grad ein Anrecht auf die Belegung von Altersheimplätzen durch Quartierbewohnerinnen und ‑Bewohner.
Hat sich dies bewährt?
Die Stiftung musste nie von ihrem Recht Gebrauch machen. Also einigten wir uns mit den Vertretern der Diakonie, dass sie uns die Baukostenbeteiligung bis auf einen À‑fonds-perdu-Beitrag zurückzahlen. Damit erhielten wir die Möglichkeit, neue Projekte zur Verbesserung der Wohn- und Lebensbedingungen von älteren Hottingerinnen und Hottingern auch ausserhalb eines Altersheims zu lancieren.
Wie war diese Neuausrichtung mit dem Stiftungszweck vereinbar?
2005 haben wir die erwähnte Fokussierung und Neuausrichtung vorgenommen. Wir haben mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde den bis dahin auf ein Altersheim beschränkten Stiftungszweck erweitert.