Anlagestrategien werden sich verändern. Zwangsläufig. Denn zunehmend wechseln Vermögen in die Hände der jüngeren Generationen. In der Schweiz wurden im vergangenen Jahr 88 Milliarden Franken vererbt oder verschenkt, schätzt die aktuelle Schweizer Erbschaftsstudie der Zürcher Kantonalbank das Volumen. Das ist fast doppelt so viel, wie jährlich über die AHV verteilt wird. Und das vererbte Vermögen ist in den vergangenen Jahren stark angewachsen. Seit 1990 hat sich das Volumen verfünffacht. Jeder zweite Vermögensfranken in der Schweiz ist vererbt.
Offensichtlich neue Ziele
«Für die jüngeren Generationen ist es ‹offensichtlich›, dass sowohl Unternehmer:innen als auch Investor:innen, wirklich jede und jeder, sich nicht nur um die Maximierung ihrer eigenen Rendite kümmern sollten. Sie müssen sich darauf konzentrieren, einen Unterschied bei der Förderung einer nachhaltigen Lebensweise zu machen», sagt Giuseppe Ugazio. Er ist Professor an der Geneva School of Economics and Management (GSEM). Gerade startet der DAS Strategische und Operative Philanthropie. Dass dieser Kurs mit dem Modul über Philanthropie und Finanzen beginnt, zeigt die Bedeutung, die das DAS dem Thema Finanzen beimisst – und was die Teilnehmenden erwarten. Diese sind sehr daran interessiert, mehr Informationen über erfolgreiche soziale Unternehmer:innen und innovative, nachhaltige Anlagestrategien zu erhalten. «Sie suchen Beispiele von philanthropischen Initiativen, bei denen es gelungen ist, die Interventionen zu skalieren und Marktchancen zu schaffen, um die Anschubfinanzierung zu ersetzen», sagt Giuseppe Ugazio.
«Für die jüngeren Generationen ist es ‹offensichtlich›, dass sowohl Unternehmer:innen als auch Investor:innen sich nicht nur um die Maximierung ihrer eigenen Rendite kümmern sollten.»
Giuseppe Ugazio, Professor Geneva School of Economics and Management
Deshalb ist in der jüngeren Vergangenheit die Trennung zwischen Philanthropie und Finanzinvestitionen durchlässiger geworden. «Die Suche nach attraktiven und effektiven Wegen, um Finanzmittel zur Unterstützung philanthropischer Ziele zu bewegen, war in den letzten Jahren ein sehr wichtiger Trend sowohl in der akademischen Forschung als auch in den Strategien der Fachleute», sagt Giuseppe Ugazio. Neue Finanzinstrumente wie Impact Investing zielen nicht nur auf eine maximale Rendite ab, sondern wollen auch eine gesellschaftliche Wirkung erzielen.
Eigenes Engagement
Antonis Schwarz hat an der Harvard Kennedy School den Kurs zu nachhaltigem Investieren von Falko Paetzold besucht. Dieser ist heute Initiator und Managing Director des Center for Sustainable Finance and Private Wealth (CSP) an der Universität Zürich. «Das Thema nachhaltiges Investieren mit einer eigenen Abteilung zu fördern hat mich überzeugt», sagt Antonis Schwarz. Er hat Falko Paetzold deshalb als Co-Gründer des CSP unterstützt. Das Thema ist Antonis Schwarz wichtig. Er ist selbst Impact-Investor. Die Familie des Deutsch-Griechen hat in Deutschland das Pharmaunternehmen Schwarz Pharma gegründet und an die Börse gebracht. Als er 18 Jahre alt war, hat die Familie das Unternehmen verkauft. Auch er hat einen Teil des Vermögens geerbt. Zuerst hat er das Geld nicht angerührt, stattdessen hat er studiert und mit dem Master in Management abgeschlossen. Schliesslich hat er angefangen, sich philanthropisch zu engagieren. In Griechenland initiierte er 2013 die NGO Vouliwatch (Vouli heisst auf Griechisch Parlament). Das Internetprojekt will den Graben zwischen Politiker:innen und Bürger:innen schliessen und bietet bspw. die Möglichkeit, öffentlich Fragen an Abgeordnete zu stellen. 2016 hat Antonis Schwarz in Berlin die Guerrilla Foundation gegründet. Nachdem die Stiftung beim Start auch Flüchtlingsprojekte in Griechenland und Social Entrepreneurships unterstützt hatte, hat sie sich bald auf die Förderung von Graswurzelbewegungen und sozialen Bewegungen fokussiert. Auch mit seinem Vermögen will Antonis Schwarz Wirkung erzielen. Er hat ein Impact-Investment-Portfolio mit einem sehr langen Anlagehorizont. Dabei kommuniziert er auf der Website goodmove-initiatives.org transparent, wo er investiert ist und wo er sich philanthropisch engagiert. Daneben hatte er sein privates Geld zu Beginn in einem Fonds ohne strikte ESG-Kriterien angelegt. Damit er seine eigenen Vorstellungen diesbezüglich umsetzen kann, schichtete er den Grossteil seines Privatvermögens in ein ESG-Mandat bei einem Münchner Vermögensverwalter um. Für Antonis Schwarz war es entscheidend, dass er Titel verkaufen kann, wenn diese nicht seinen Werten entsprechen. Ursprünglich war er ein grosser Verfechter von Devestitionen: Bspw. hatte er alle Unternehmen, die mit fossilen Energien wirtschaften, aus seinem Portfolio entfernt.
Finanzreporting genügt nicht
Neben seinem philanthropischen Engagement ist Antonis Schwarz als Impact-Investmentberater bei dem gemeinnützigen Beratungs- und Analysehaus PHINEO tätig, einer gemeinnützigen AG. Im Jahr 2022 hat PHINEO untersucht, wie sich die neue Generation der Familienunternehmer:innen im deutschsprachigen Raum engagiert. «NextGens respektieren das Engagement der Vorgängergenerationen, möchten jedoch eigene Schwerpunkte setzen», heisst es in der Studie. Sie würden im Vergleich zur Vorgängergeneration mehr Wert auf eine positive gesellschaftliche Wirkung legen. Das verändert auch die Ansprüche an Family Offices. So stellt die Studie fest, dass die neue Generation nicht nur ein Finanzreporting erwartet, sondern auch ein «nichtfinanzielles Reporting» über den Social Impact. Die neue Generation ist Impulsgeberin für neue Wege und neue Produkte. «Impact Investing wird sehr stark von der jüngeren Generation vorangetrieben», sagt Antonis Schwarz.
«NextGens respektieren das Engagement der Vorgängergenerationen, möchten jedoch eigene Schwerpunkte setzen.»
Antonis Schwarz, Philanthrop und Impact ‑Investor
Wobei er deren Wissensstand unterschiedlich einschätzt und darum die Bedeutung von Weiterbildungsangeboten betont. «Die neue Generation will Dinge anders machen, und so langsam kommt sie an das Geld», sagt er. Er verfolgt zudem ein weiteres konkretes Vorhaben, wie aus nachrichtenlosen Bankkonten in Deutschland der Gesellschaft weitere Mittel zufliessen könnten. Heute gehen Gelder von inaktiven Konten in Deutschland nach 30 Jahren an die Bank. «Wir wollen dagegen einen Social Investment Fonds (SIF) schaffen. Falls sich die wahren Eigentümer nicht melden, sollen die Mittel über den SIF zurück an die Gesellschaft gelangen. Zudem wollen wir, dass dies bereits nach zehn Jahren geschieht», sagt Antonis Schwarz. In der Schweiz gehen Gelder aus nachrichtenlosen Konten nach 60 Jahren an den Staat.