In der digiÂtaÂlen Reife und der Nutzung von Daten gibt es grosse UnterÂschiede zwischen RegioÂnen, zwischen SektoÂren und innerÂhalb derselÂben. Die UrsaÂchen sind komplex. Der richÂtige Ansatz kann breit wirken.
Ein Problem ist, dass es eine Schere gibt zwischen OrgaÂniÂsaÂtioÂnen mit einem hohen digiÂtaÂlen ReifeÂgrad und solchen, die noch am Anfang stehen – und, dass diese Schere eher grösÂser wird», nennt Sarah Hermes eine ErkenntÂnis aus dem 2020 publiÂzierÂten DigiÂtal-Report. Sie ist LeiteÂrin IT für Non-Profits im Haus des StifÂtens in München. Das SoziÂalÂunÂterÂnehÂmen wurde durch die gemeinÂnütÂzige Brochier StifÂtung gegrünÂdet und gibt den Report heraus.

Dieser hat 2020 den Stand der DigiÂtaÂliÂsieÂrung des dritÂten Sektors in DeutschÂland erhoÂben. Und er zeigt, dass es sehr wohl OrgaÂniÂsaÂtioÂnen gibt, die sehr weit sind. Ebenso weisen die Daten aber darauf hin, dass es gerade im ländÂliÂchen Raum mit schwaÂcher InfraÂstrukÂtur viele OrgaÂniÂsaÂtioÂnen gibt, die noch am Anfang stehen. «Sie sollÂten nicht abgeÂhängt werden», mahnt Sarah Hermes.
DigiÂtaÂler Reifegrad
Knappe finanÂziÂelle Mittel sind ein grundÂleÂgenÂdes Problem im NPO-Sektor. Im IT-Bereich sind diese allerÂdings besonÂders spürÂbar. Weil LeisÂtunÂgen im IT-Bereich teuer sind, potenÂziert sich das Problem. «Für NPO wirkt es erschweÂrend, dass sie nur einen begrenzÂten Anteil an finanÂziÂelÂlen Mitteln für admiÂnisÂtraÂtive und InfraÂstrukÂturÂkosÂten verwenÂden können», sagt Sarah Hermes. Das hindert die FinanÂzieÂrung von IT-ProjekÂten. AllerÂdings zeigt die ErheÂbung, dass InvesÂtiÂtioÂnen in die IT alleine nicht ausreiÂchen. «Der Zugang zu RessourÂcen ist auch vom digiÂtaÂlen ReifeÂgrad einer OrgaÂniÂsaÂtion abhänÂgig», sagt sie. «Je höher dieser ist, desto mehr Zugang zu notwenÂdiÂgen RessourÂcen besteht und desto wirkungsÂvolÂler können diese auch eingeÂsetzt werden.» In Zahlen belegt der Report: Einem DritÂtel der NPO fehlen sowohl RessourÂcen wie Wissen. DageÂgen haben nur 14 Prozent von beidem genug. InsgeÂsamt ist der Mangel an RessourÂcen grösÂser als jener an Wissen. Zehn Prozent der NPO verfüÂgen über das Wissen, nicht aber über die RessourÂcen. Nur ein Prozent hat die RessourÂcen, aber nicht das Wissen. Der Report stellt weiter einen ZusamÂmenÂhang zwischen dem digiÂtaÂlen ReifeÂgrad und den geneÂrelÂlen FähigÂkeiÂten der NPO fest. OrgaÂniÂsaÂtioÂnen mit einer evidenzÂbaÂsierÂten StraÂteÂgie entwiÂckeln sich in der digiÂtaÂlen TransÂforÂmaÂtion schnelÂler. Auch das StreÂben nach InnoÂvaÂtion und die OrienÂtieÂrung an den AnspruchsÂgrupÂpen fördern die DigiÂtaÂliÂsieÂrung. Die VielÂschichÂtigÂkeit der HerausÂforÂdeÂrung und gleichÂzeiÂtig das vorhanÂdene PotenÂzial kommen im DigiÂtal-Report im Umgang mit den Daten zum Ausdruck. Die MehrÂheit der NPO sammelt Daten. Aber die meisÂten nutzen diese nicht konseÂquent. «Das bedeuÂtet», sagt Sarah Hermes, «dass die gesamÂmelÂten Daten beim grössÂten Teil der OrgaÂniÂsaÂtioÂnen eher nicht für die OptiÂmieÂrung ihrer AngeÂbote oder die ÜberÂprüÂfung ihrer ZielÂerÂreiÂchung verfügÂbar gemacht und genutzt werden.» Ein mangelnÂdes BewusstÂsein für das Thema, die starke AuslasÂtung im TagesÂgeÂschäft verbunÂden mit den knapÂpen RessourÂcen sind die HauptÂgründe für diese ungeÂnutzÂten Potenziale.
DatenÂkluft wird grösser
Auch Kriss DeiglÂmeier, Chief Social Impact OffiÂcer bei Splunk, sieht in den fehlenÂden finanÂziÂelÂlen Mitteln eine der grosÂsen HerausÂforÂdeÂrunÂgen. Als globaÂles TechÂnoÂloÂgieÂunÂterÂnehÂmen bietet Splunk die führende und einheitÂliÂche SicherÂheits- und MoniÂtoÂringÂplattÂform. Diese hilft OrgaÂniÂsaÂtioÂnen, Daten jegliÂchen Umfangs zu nutzen, um widerÂstandsÂfäÂhiÂger zu werden. So können sie InnoÂvaÂtioÂnen agil und schnell umsetÂzen. Kriss DeiglÂmeier sieht NPO insgeÂsamt vor einer HerausÂforÂdeÂrung – der Datenkluft.

Diese besteht zwischen der zunehÂmenÂden Nutzung von Daten zur SchafÂfung von wirtÂschaftÂliÂchem Erfolg und der vergleichsÂweise schwaÂchen Nutzung von Daten zur Lösung soziaÂler und ökoloÂgiÂscher HerausÂforÂdeÂrunÂgen. «Ja, der Mangel an finanÂziÂelÂlen Mitteln ist ein erhebÂliÂches HinderÂnis für die ÜberÂbrüÂckung der Kluft», sagt sie. Aber es fehlt nicht nur am Geld. VielÂmehr sind alte FinanÂzieÂrungsÂmoÂdelle von staatÂliÂchen und philÂanÂthroÂpiÂschen FördeÂrern die Wurzel des Problems. Sie nennt drei MerkÂmale, die den soziaÂlen und ökoloÂgiÂschen FortÂschritt verhinÂdern: Geber:innen fördern Projekte, nicht OrgaÂniÂsaÂtioÂnen. Sie finanÂzieÂren oft zweckÂgeÂbunÂden und nicht allgeÂmein die BetriebsÂkosÂten. Zudem begrenÂzen sie die GemeinÂkosÂten von OrgaÂniÂsaÂtioÂnen. Dieser begrenzte Ansatz hindert OrgaÂniÂsaÂtioÂnen daran, ihre Daten optiÂmal zu nutzen. OrgaÂniÂsaÂtioÂnen können nicht in DatenÂstrukÂtuÂren oder Talente invesÂtieÂren, die für eine effekÂtive und wirkungsÂvolle Arbeit entscheiÂdend sind. Aber genau hier liegt das PotenÂzial. Kriss DeiglÂmeier sagt: «In einer digiÂtaÂlen und datenÂgeÂtrieÂbeÂnen WirtÂschaft sind Daten ein VermöÂgensÂwert, der Wissen freiÂsetzt und uns klüger macht. In einer datenÂgeÂstützÂten Welt sind Daten ein wichÂtiÂger BestandÂteil, um LösunÂgen zu finden, die funkÂtioÂnieÂren und reproÂduÂzierÂbar sind.» Wenn nicht in die DatenÂkaÂpaÂziÂtäÂten von OrgaÂniÂsaÂtioÂnen invesÂtiert würde, litten am Ende Mensch und Umwelt. Die DatenÂkluft hat nicht einen einziÂgen Grund, sondern mehrere komplexe, miteinÂanÂder verflochÂtene FaktoÂren sind für diese verantwortlich.
Neben den finanÂziÂelÂlen RessourÂcen nennt sie als zweiÂten wichÂtiÂgen Grund, dass der Sektor bei der EntwickÂlung eines robusÂten Daten-ÖkosysÂtems weit im RückÂstand sei. Darüber hinaus sind StrukÂtur, PlattÂforÂmen und WerkÂzeuge zur EntscheiÂdungsÂhilfe massÂgeÂbend. Wenn BehörÂden Daten in einer Art sammeln, die externe SoftÂwareÂproÂgramme nicht verarÂbeiÂten können, dann können die Daten nicht sinnÂvoll genutzt werden. «OrgaÂniÂsaÂtioÂnen müssen ihre Systeme und DenkÂweiÂsen öffnen, um eine robusÂtere und umfasÂsenÂdere DatenÂerÂfasÂsung und ‑nutzung zu ermögÂliÂchen», fordert Kriss DeiglÂmeier. «Um jedoch die DatenÂkluft wirkÂlich zu überÂwinÂden und soziale und ökoloÂgiÂsche AuswirÂkunÂgen zu erzieÂlen, ist eine sektorÂüberÂgreiÂfende ZusamÂmenÂarÂbeit erforÂderÂlich.» Sie fordert ein langÂfrisÂtiÂges EngaÂgeÂment und eine globale ZusamÂmenÂarÂbeit zwischen UnterÂnehÂmen, ZivilÂgeÂsellÂschaft und RegieÂrunÂgen. Die GesellÂschaft fängt erst an, die Rolle von Daten und die DatenÂkluft zu versteÂhen. Umso mehr müsse das VerständÂnis jetzt geförÂdert werden. «Die gute NachÂricht ist, dass in der BranÂche bereits entscheiÂdende Arbeit geleisÂtet wird, die den Aufbau dieses funkÂtioÂnieÂrenÂden ÖkosysÂtems und die notwenÂdiÂgen zukunftsÂweiÂsenÂden VeränÂdeÂrunÂgen erleichÂtert», sagt sie und folgert: «Um den Wert der Daten für eine gerechÂtere, nachÂhalÂtige und wohlÂhaÂbende Welt zu nutzen, müssen wir mutig genug sein, ein kompletÂtes System aufzuÂbauen, und uns nicht mit StückÂwerk zufrieÂden geben.»

UnverÂzichtÂbare Kompetenz
Um dies zu erreiÂchen, braucht es laut Kriss DeiglÂmeier einen grösÂseÂren gesellÂschaftÂliÂchen Wandel. «Wir müssen DatenÂkomÂpeÂtenz als unverÂzichtÂbare LebensÂkomÂpeÂtenz anerÂkenÂnen», sagt sie. Sie vergleicht DatenÂkomÂpeÂtenz mit FinanzÂkomÂpeÂtenz: Es braucht grundÂleÂgenÂdes Wissen, um in der GemeinÂschaft zu funkÂtioÂnieÂren. Und da die Welt immer stärÂker von Daten bestimmt wird, ist DatenÂkomÂpeÂtenz unabÂdingÂbar. «Wir müssen alle in der Lage sein, Daten zu lesen, zu versteÂhen, zu erstelÂlen und zu kommuÂniÂzieÂren, denn sie sind der SchlüsÂsel zur InforÂmaÂtiÂonsÂaufÂnahme und zum WissensÂaufÂbau», sagt Kriss
DeiglÂmeier. Bei NGO müssen MitarÂbeiÂtende aller Ebenen in den BereiÂchen Programm, KommuÂniÂkaÂtion, FinanÂzieÂrung und PersoÂnal über entspreÂchende DatenÂkenntÂnisse verfüÂgen. «In diese DatenÂkomÂpeÂtenz und in entspreÂchende FähigÂkeiÂten zu invesÂtieÂren, muss eine PrioÂriÂtät für NGO-Leiter:innen und Geldgeber:innen sein», sagt sie.
«Wir müssen Daten als unverÂzichtÂbare LebensÂkomÂpeÂtenz anerkennen.»
Kriss DeiglÂmeier, Chief of Social Impact bei Splunk
PotenÂzial oder Nachteil
InterÂnaÂtioÂnal zeigt die DatenÂkluft unterÂschiedÂliÂche BenachÂteiÂliÂgunÂgen und PotenÂziale. EntwickÂlungsÂlänÂder sind bei der ÜberÂbrüÂckung der DatenÂkluft im NachÂteil, weil ihren RegieÂrunÂgen und den lokaÂlen NGO oft die InstruÂmente und RessourÂcen für den Zugang und zur Nutzung von Big Data fehlen. «Sie werden wahrÂscheinÂlich weiter zurückÂfalÂlen», schätzt Kriss DeiglÂmeier. StatisÂtiÂken veranÂschauÂliÂchen eine deutÂliÂche SpalÂtung: Laut einem Bericht der InterÂnaÂtioÂnal Data CorpoÂraÂtion (IDC) überÂstieÂgen die AusgaÂben für Big-Data- und AnalyÂseÂlöÂsunÂgen im Jahr 2021 215 MilliÂarÂden US-Dollar. Mehr als die Hälfte wurde in den VereiÂnigÂten StaaÂten ausgeÂgeÂben. Mit neuen techÂnoÂloÂgiÂschen EntwickÂlunÂgen kommen ChanÂcen: «Wenn wir in Länder invesÂtieÂren und sie in die Lage versetÂzen, Daten zu nutzen, um ihre soziaÂlen und ökoloÂgiÂschen HerausÂforÂdeÂrunÂgen zu bewälÂtiÂgen, erhöht sich die WahrÂscheinÂlichÂkeit, dass sie erfolgÂreich sind», sagt Kriss DeiglÂmeier. Ärmere Länder können zu Ländern mit höheÂrem EinkomÂmen aufschliesÂsen, und zwar in kreaÂtiÂver und innoÂvaÂtiÂver Weise. Ein Beispiel ist die EntwickÂlung in der KommuÂniÂkaÂtiÂonsÂtechÂnoÂloÂgie. Mit der EinfühÂrung des MobilÂteÂleÂfons umginÂgen die EntwickÂlungsÂlänÂder alte Systeme, die eine teure InfraÂstrukÂtur erforÂderÂten. Sie konnÂten ihre Länder günsÂtiÂger und effekÂtiÂver verbinÂden. Aber die IndusÂtrieÂlänÂder müssen die weniÂger entwiÂckelÂten Länder auf diesem Weg unterÂstütÂzen. Kriss DeiglÂmeier sieht globale PhilÂanÂthroÂpie, staatÂliÂche Hilfe und UnterÂnehÂmen in der Pflicht, mit ihren InvesÂtiÂtioÂnen als auch mit ihren Daten und datenÂunÂterÂstütÂzenÂden RessourÂcen großÂzüÂgig zu sein. «Es ist von entscheiÂdenÂder BedeuÂtung, dass alle NGO Zugang zu den Daten haben, die sie benöÂtiÂgen, um ihre MissioÂnen voranÂzuÂtreiÂben. Um dies zu erreiÂchen, müssen alle Akteure ihren Beitrag leisÂten», sagt sie. «LetztÂlich liegt das Schöne an Daten darin, dass sie gemeinÂsam genutzt werden können. Dann können beispielsÂweise Länder und RegioÂnen, die über GesundÂheitsÂdaÂten verfüÂgen, lokaÂlen NGO helfen, die dieselÂben oder ähnliÂche BevölÂkeÂrungsÂgrupÂpen betreuen. Und das ist erst der Anfang.»
NachÂfrage steigt
Bei der digiÂtaÂlen Reife der NGO dürfte DeutschÂland im globaÂlen Umfeld aktuÂell relaÂtiv gut dasteÂhen, auch wenn Sarah Hermes im euroÂpäiÂschen Umfeld andere Länder weiter vorne sieht. MitentÂscheiÂdend für die EntwickÂlung eines Landes sind Kultur und GesellÂschaft, aber auch die NetzÂabÂdeÂckung und die VerfügÂbarÂkeit. Um die DigiÂtaÂliÂsieÂrung des Sektors in DeutschÂland weiter voranÂzuÂtreiÂben, erkennt Sarah Hermes mehrere Ansätze. Neben der finanÂziÂelÂlen FördeÂrung, die bereits mit diverÂsen InitiaÂtiÂven voranÂgeÂtrieÂben wird, hebt sie den Zugang zu Know-how hervor. «Im Haus des StifÂtens merken wir bei verschieÂdeÂnen AngeÂboÂten wie beispielsÂweise bei kostenÂloÂsen WebiÂnaÂren oder IT-WorkÂshops eine steiÂgende NachÂfrage der NPO», sagt sie. Es zeigt sich eine wachÂsende BereitÂschaft, sich mit dem Thema zu befasÂsen. Dies schlägt sich auch in der Nutzung der Tools nieder. Waren digiÂtale Tools lange vor allem als Mittel zur ArbeitsÂerÂleichÂteÂrung verstanÂden worden, erkennt Sarah Hermes, wie der Sektor diese vermehrt einsetzt, um die Wirkung zu erhöÂhen: «In den Krisen der letzÂten Jahre, CoroÂnaÂpanÂdeÂmie, FlutÂkaÂtaÂstroÂphe in DeutschÂland, UkraiÂneÂkrieg, hat das Thema sichtÂbar Fahrt aufgeÂnomÂmen und die NotwenÂdigÂkeit zur Nutzung digiÂtaÂler Tools deutÂliÂcher gemacht.» Und sie stellt fest, «dass durch die Nutzung von Online-PlattÂforÂmen bei der SpenÂdenÂverÂmittÂlung eine deutÂlich schnelÂlere Wirkung erzielt werden kann, und dies auch seitens der Non-Profits vermehrt angeÂnomÂmen wird.