Spenden ist mehr als eine einfache Transaktion. Der Akt des Spendens ist die bewusste Auseinandersetzung mit Defiziten in unserer Gesellschaft. Es ist ein Akt der Solidarität, der in einem liberalen Verständnis des eigenen Handelns jedem und jeder die Möglichkeit gibt, unabhängig von staatlichen Vorgaben und privatwirtschaftlichen Mechanismen einen Impact in der Gesellschaft zu erzielen. 80 Prozent der Haushalte in der Schweiz spenden gemäss Zewo-Spendenreport zumindest hin und wieder.
Die Community bewegen
Spenden ist enorm vielfältig. Es kann ein individueller Akt zu Hause am Küchentisch als Reaktion auf ein Spendenmailing oder ein gesellschaftlicher Anlass sein – und das nicht erst seit den digitalen GoFundMe-Aktionen und dem Crowd-funding. Da ist die Kollekte in der Kirche oder der Schoggitaler, den Schulkinder seit 1946 verkaufen, mit dem Argument, eine gemeinnützige Organisation zu unterstützen. Solche Sammelaktionen verankern das Bewusstsein für die Möglichkeiten, die jeder und jede Einzelne haben, um gemeinnützige Ideen zu fördern. Populär ist auch das Engagement an Spendenläufen wie dem Lauf gegen Rassismus. Bei solchen Aktionen wirkt die Spendentätigkeit doppelt. Der Onkel bezahlt seiner Nichte für jeden gelaufenen Kilometer einen kleinen Betrag. Er schenkt Freude, spornt an – und er unterstützt eine gute Sache.
Spenden ist Macht
Das Gemeinschaftliche am Spenden motiviert – und es schafft gleichzeitig Druck, nicht nur bei Kleinstbeträgen. 2010 haben sich 40 der wohlhabendsten Menschen der USA auf Initiative von Warren Buffett, Melinda French Gates und Bill Gates zur Giving Pledge bekannt. Sie haben sich verpflichtet, den Grossteil ihres Vermögens für die Minderung der grössten Probleme der Menschheit zu spenden. So grosszügig diese Taten sind, sie stehen zu Recht auch in der Kritik. Zum einen stellt sich die Frage, ob die Anhäufung dieser Vermögen nicht gerade mit den Problemen wie der globalen sozialen Ungleichheit zusammenhängt. Zum anderen kann der Einfluss dieser Gelder auf mögliche Lösungen sehr bedeutend werden. Die Bill und Melinda Gates Foundation verfügt für 2024 über ein Budget von 8,6 Milliarden Dollar und sie zählt neben den USA, UK und Deutschland zu den wichtigsten Spenderinnen der WHO. So können Stiftungen mit zweckgebundenen Spenden den Kurs internationaler Organisationen beeinflussen – und dies vorbei an nationalen demokratischen Entscheidungsprozessen.
Für eine andere Verteilung der Verantwortung setzen sich Vermögende in der Initiative taxmenow im deutschsprachigen Raum ein. Sie fordern eine höhere Besteuerung von Millionenvermögen. Das bedeutet das pure Gegenteil zur Spende für gemeinnützige Organisationen, die von der Steuer befreit sind. Weil Gemeinnützigkeit eine der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung ist, urteilt heute die Steuerbehörde über die Gemeinnützigkeit. Diese Steuerbefreiung ist für die Organisationen wiederum relevant, damit Spenden von der Steuer abgezogen werden können. Für die Spender:innen kann dies zwar ein Anreiz für eine Spende sein. Das gute Gefühl, etwas zu bewirken, stellt jedoch den weitaus wichtigeren Treiber dar. So heisst es im Spendenreport, dass der wichtigste Treiber 2022 das Solidaritätsgefühl war: Nicht der eigene Überfluss ist Anlass des Spendens. Menschen mit wenig Vermögen spenden genauso.
Gesellschaftlich relevant
Spenden sind für eine Gesellschaft eine relevante Ergänzung. Allerdings können sie weder staatliche noch privatwirtschaftliche Mittel ersetzen. Doch sie ermöglichen Reparaturen am gesellschaftlichen System. Sie machen Verbesserungen möglich, die der Staat nicht übernehmen kann oder darf, weil er dazu keine Mittel oder keinen Auftrag hat. Und die Wirtschaft kann oder will sie nicht leisten, weil kein Geschäftsinteresse dahinter steht. Aber auch Unternehmen nutzen über Corporate Giving die Möglichkeit, über ihr eigentliches Geschäftsfeld oder Geschäftsmodell hinaus gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.