Bild: Das Prototype Fund Team Leads (zVg Florin Hasler)

Der Proto­type Fund: Tech­no­lo­gi­sche Lösun­gen für gesell­schaft­li­che Herausforderungen

Das Förderprogramm Prototype Fund ist eine gemeinsame Initiative von Opendata.ch und der Stiftung Mercator Schweiz. Florin Hasler, Geschäftsführer von Opendata.ch sagt, wie sie die Open-Source-Projekte fördern und wie sie die Projekte in Zukunft finanzieren wollen.

Welche Art Projekte fördert der Proto­type Fund?

Aus unse­rer Sicht gibt es gesell­schaft­li­che Probleme, die mit Tech­no­lo­gie gelöst werden können. Um solche Anwen­dun­gen zu entwi­ckeln, fehlen in der Schweiz die Mittel und Expe­ri­men­tier­räume. Gewisse Projekte brau­chen einfach eine Anschub­fi­nan­zie­rung. Andere Projekte sind so ausge­legt, dass es unrea­lis­tisch ist, zu erwar­ten, dass sie je selbst­tra­gend werden. Gerade im Demo­kra­tie­kon­text ist es nicht unbe­dingt erstre­bens­wert, dass solche Projekte Geld erwirt­schaf­ten. Wenn man ein Geschäft darauf aufbauen kann, wird es der Markt­lo­gik gehor­chen und der demo­kra­ti­sche Prozess dieser untergeordnet.

Der Proto­type Fund ist ein Gemein­schafts­pro­jekt von Opendata.ch mit der Stif­tung Merca­tor Schweiz. Wie ist diese Zusam­men­ar­beit entstanden?

Im Rahmen einer part­ner­schaft­li­chen Zusam­men­ar­beit haben Opendata.ch und Merca­tor Schweiz die Idee in der Schweiz lanciert. Das Programm Proto­type Fund gab es zuvor bereits in Deutsch­land, wird dort jedoch vom Bund finanziert.

Florin Hasler, Geschäfts­füh­rer von Opendata.ch

Ist die Zusam­men­ar­beit auf die Förder­mit­tel fokussiert?

Der Proto­type Fund ist quasi eine Mini­stif­tung, die von der Stif­tung Merca­tor Schweiz finan­ziert wird. Es findet aber ein enger Austausch statt. Wir profi­tie­ren von ihrem Know­how. Beispiels­weise entspricht die Förder­ver­ein­ba­rung, die der Proto­type Fund mit Projekt­teams trifft, sehr jenen der Stif­tung Merca­tor Schweiz. Sie haben uns struk­tu­rell unter­stützt. Auch die Teil­neh­men­den des Proto­type Fund-Programm profi­tie­ren von der Part­ner­schaft. Die Stif­tung Merca­tor Schweiz unter­stützt uns auch in Form von Work­shops für unsere Mitar­bei­ten­den etwa zu Themen wie Human Cent­red Design oder Kommunikation.

Der Proto­type Fund hat gerade die dritte Förder­runde abge­schlos­sen. Fünf Projekt­teams erhal­ten insge­samt 500’000 Fran­ken Förder­gel­der. Sie unter­stüt­zen sie mit Coaching und die Teams profi­tie­ren von Ihrem Netz­werk. Was brau­chen die Projekt­teams am stärksten?

In der Regel brau­chen die Teams Unter­stüt­zung auf allen drei Ebenen, Coaching, finan­zi­elle Mittel und Netz­werk. Unser Förder­an­satz ist menschen­zen­triert, inter­dis­zi­pli­när, offen und kolla­bo­ra­tiv mit einem flexi­blen Programm, das sich den Bedürf­nis­sen jeder Kohorte anpasst. Wir unter­stüt­zen sie nicht nur finan­zi­ell, sondern auch opera­tiv. Die Zusam­men­set­zung der Teams ist für uns dabei sehr wichtig.

Was heisst das?

Diver­si­tät ist von gros­ser Bedeu­tung: unter­schied­li­che Hinter­gründe und Erfah­run­gen sind ein Schlüs­sel zum Erfolg. Wir schauen auch auf einen Mix, wie lange die Teams schon zusam­men­ar­bei­ten: ist es ein bestehen­der Verein oder haben sich die Team­mit­glie­der erst für die Projekt­ein­gabe gefun­den. Die Teams werden nicht nur Top-down von uns und unse­rem Netz­werk oder in Work­shops gecoacht, sondern lernen auch vonein­an­der. Dieses Lernen auf Augen­höhe wird sehr geschätzt.

Diver­si­tät ist von gros­ser Bedeu­tung: unter­schied­li­che Hinter­gründe und Erfah­run­gen sind ein Schlüs­sel zum Erfolg.

Florin Hasler, Geschäfts­füh­rer von Opendata.ch

Diver­si­tät kann aber auch herausfordern?

Die Teams haben sehr unter­schied­li­che Fähig­kei­ten und Erfah­run­gen. Das macht das Planen von Work­shops heraus­for­dernd, sodass sie allen etwas brin­gen. Wir gestal­ten die Work­shops darum sehr prak­tisch. Bisher hat dies gut funk­tio­niert, aber wir lernen stets dazu.

Welche Themen bear­bei­tet Ihr in den Workshops?

Human Cent­red Design, also für und mit der Ziel­gruppe Lösun­gen für reale Probleme entwi­ckeln, ist zentral. Auch Commu­nity Buil­ding, Kommu­ni­ka­tion oder Fund­rai­sing sind wich­tige Themen. Wir wollen den Projekt­teams vor allem die Augen öffnen, woran sie denken müssen. Inter­dis­zi­pli­näre Teams haben es da leichter.

Gibt es Kompe­ten­zen, die typi­scher­weise fehlen, bspw. Finanzkompetenz?

Wir wählen in der Regel Teams aus, die breit aufge­stellt sind. Viele sind selb­stän­dig und haben ein unter­neh­me­ri­sches Know How. Was wir mantra­ar­tig predi­gen und was nicht nur in der Soft­ware­ent­wick­lung extrem wich­tig ist: Entwi­ckelt nicht im stil­len Kämmer­lein und präsen­tiert am Schluss die fertige Lösung, sondern testet früh und immer wieder eure Ideen mit eurer Ziel­gruppe. Findet heraus, was sind die Probleme, was die Bedürf­nisse und löst euer Projekt diese wirk­lich. Es ist ein itera­ti­ver Prozess.

Wer sind die Ziel­grup­pen. Handelt es sich um Entwickler:innen oder Endnutzer:innen?

Gemeint sind die Endnutzer:innen. Es ist wich­tig im System einge­bet­tet zu sein, in dem das Projekt funk­tio­nie­ren soll. Das Projekt Cross­roads bspw. ist im Bereich der Inter­kul­tu­ra­li­tät an Schu­len einge­bet­tet. Das Team arbei­tet mit der Pädago­gi­schen Hoch­schule St. Gallen (PH) zusam­men und testet es an Schu­len. Die Logik von Lehr­mit­teln und wie ein Projekt im Schul­be­reich reüs­siert ist sehr heraus­for­dernd und ohne Austausch mit der PH nicht möglich. Das Projekt Demo­kra­tis rich­tet sich an Orga­ni­sa­tio­nen im Poli­tik­be­reich, die sich in der Advo­cacy enga­gie­ren. Seit dem Beginn hat das Projekt bei verschie­de­nen Verei­nen mehrere Feed­back­schlau­fen durch­lau­fen. Die Entwick­lung ist ein «never ending Loop».

Sie haben in den vergan­ge­nen Jahren 160 Projekt­an­träge erhal­ten und 90 Perso­nen in 13 Projek­ten geför­dert. Hat sich bei diesen Anträ­gen ein Schwer­punkt heraus­kris­tal­li­siert, ein Problem, das von vielen bear­bei­tet wird?

In den ersten beiden Jahren lag der inhalt­li­che Fokus auf Parti­zi­pa­tion und Demo­kra­tie. Für die dritte Runde haben wir die Förder­the­men erwei­tert. Wir such­ten jegli­che Open-Source-Projekt für Lösun­gen gesell­schaft­li­cher Probleme.

Weshalb diese Ausweitung?

Der Proto­type Fund ist selbst ein Proto­typ. Wir wollen expe­ri­men­tie­ren. Wir woll­ten sehen, was es in ande­ren Berei­chen noch gibt. Zudem woll­ten wir verhin­dern, dass wir Gefahr laufen, zu wenig Projekt­ideen im Bereich Parti­zi­pa­tion und Demo­kra­tie zu erhal­ten. Der dritte Grund ist die Finan­zie­rung. Das Programm «Digi­ta­li­sie­rung und Gesell­schaft» der Merca­tor Schweiz wird ab der vier­ten Runde noch unsere Over­head-Kosten finan­zie­ren, aber die Projekte nicht mehr.

Der Proto­type Fund ist selbst ein Proto­typ. Wir wollen experimentieren.

Florin Hasler

Sie brau­chen neue Fördermittel?

Wenn wir bei den Themen brei­ter aufge­stellt sind, glau­ben wir, auch einfa­cher weitere Förder­mit­tel­ge­ber und Stif­tun­gen für unsere Projekte zu finden. Für diese bieten wir die einma­lige Chance, dass sie ihre Förder­the­men mit einem Tech­no­lo­gie­an­satz, mit offe­ner Inno­va­tion und Parti­zi­pa­tion verknüp­fen können. Wir über­neh­men dann die ganze in diesem Kontext mehr­fach erprobte Projekt­be­treu­ung und sie wissen, dass am Schluss etwas dabei raus­schauen wird. Zudem schlägt das Programm die Brücke zwischen der Tech­no­lo­gie- und ande­ren Commu­ni­ties. Von diesem Austausch profi­tie­ren dann alle.


Proto­type Fund

Der Proto­type Fund unter­stützt aktu­ell fünf Projekte. Am Demo Day im Februar haben die fünf Teams ihre Lösungs­an­sätze vorge­stellt. Mehr Infor­ma­tio­nen zu den fünf Projek­ten Climate Gains, Cross­roads, Demo­kra­tis, ExoDAO, Bootis gibt es hier.

Mehr Infor­ma­tio­nen zu Opendata.ch lesen ab morgen in der neuen Ausgabe von The Philanthropist: Daten­se­gen – Datenfluch.

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