Sie waren für Finanzunternehmen international tätig. Was reizt Sie an der Aufgabe für die Kantonalbank mit einem Leistungsauftrag?
Es sind zwei Dinge: Der exzellente Ruf der Bank und ihr einzigartiger Purpose, der beweist, dass ein Unternehmen im Dienst der Gesellschaft und Umwelt erfolgreich aufgebaut und weiterentwickelt werden kann. Dieser ganzheitliche Ansatz, mit dem wir die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden in einem grösseren Kontext betrachten, hat mich sofort überzeugt. Zudem bietet meine Rolle viel Abwechslung und beinhaltet ein breites Spektrum an Kundensegmenten, von vermögenden Privatkunden über grosse Private-Banking-Beziehungen, Family Offices und externe Vermögensverwalter bis hin zur internationalen Private-Banking-Kundschaft.
Und den Stiftungsbereich …
Über den Stiftungssektor kann echter, nachhaltiger Impact für die Gesellschaft entstehen. Dies entspricht auch einem wachsenden Bedürfnis unserer Kundinnen und Kunden. Deshalb ist es für mich ein besonderes Anliegen, den Bereich auch in Zukunft weiterzuentwickeln, und es freut mich, dafür die Verantwortung zu übernehmen.
Die ZKB hat einen Leistungsauftrag. Ist dieser noch zeitgemäss?
Ein Blick in unsere über 150-jährige Geschichte zeigt, dass sich der Leistungsauftrag über die Jahre hinweg verändert hat. Ursprünglich als Versorgungsauftrag definiert, wurde er später um soziale und ökologische Komponenten ergänzt. Insofern hat sich die Zürcher Kantonalbank stets entlang der Bedürfnisse ihrer Kundinnen und Kunden sowie gesellschaftlicher Belange ausgerichtet. Die ZKB ist somit mehr als eine Bank. Diese ganzheitliche Verantwortung ist aktueller denn je.
Wie ist das zu verstehen?
Unser Eigentümer ist der Kanton und damit gehören wir den Zürcherinnen und Zürchern. Vom Erfolg der ZKB profitieren alle: Wir schütten jedes Jahr einen bedeutenden Anteil des Reingewinns an den Kanton und an seine Gemeinden aus – in den vergangenen zehn Jahren waren es gesamthaft über vier Milliarden Franken. Damit werden vor allem Projekte für die Bevölkerung realisiert, wie Spielplätze oder Vita-Parcours. Zudem wollen wir innerhalb unseres Leistungsauftrags jährliche Leistungen in der Höhe von 100 bis 120 Millionen Franken erbringen, die nicht rein gewinnorientiert sind – 2023 wurde dieses Ziel mit über 161 Millionen Franken übertroffen.
Welche Leistungen sind das?
Dazu gehören über 400 Sponsorings und Vergabungen aus den Bereichen Kultur, Sport und Umwelt. Zudem prägen wir die Zürcher Bildungs- und Innovationslandschaft bedeutend mit und gehören zu den grössten Start-up-Finanzierern der Schweiz. All das zeigt, wie stark sich die Bank für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Lebensqualität und die Wettbewerbsfähigkeit des Kantons engagiert.
Wie sieht die Perspektive der Mitarbeitenden aus?
Auch als Arbeitgeberin wollen wir mehr als eine Bank sein. Wir stellen fest, dass bei unseren Mitarbeitenden der Leistungsauftrag eine besonders wichtige Rolle spielt. Die jüngere Generation stellt sogar sehr bewusst die Frage nach dem Purpose. Insofern hilft der Leistungsauftrag auch bei der Rekrutierung. Die konstant sehr hohe Zufriedenheit der Mitarbeitenden zeigt, dass die Werte der Bank auch nach innen gelebt werden und dort ihre positive Wirkung entfalten.
Hat sich die Rolle der Banken in den vergangenen Jahren verändert?
Die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen ist im Allgemeinen wichtiger geworden und damit im Besonderen auch der Bedarf an Transparenz und Wirkungsorientierung. Das spiegelt sich unter anderem im Reporting, wie in der Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsberichten oder dem kontinuierlichen Dialog mit Stakeholdern in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik.
«Die ZKB ist mehr als eine Bank. Die gesamtheitliche Verantwortung ist aktueller denn je.»
Florence Schnydrig Moser, Leiterin Private Banking der Zürcher Kantonalbank
An der diesjährigen Bilanzmedienkonferenz haben Sie die Gründung der ZKB Philanthropie Stiftung bekannt gegeben. Was sind die Überlegungen?
Zuallererst wollen wir unseren Kundinnen und Kunden eine Möglichkeit zur effizienten Verwirklichung ihrer philanthropischen Ideen bieten, da das Gründen und Führen einer selbstständigen Stiftung sehr aufwendig ist. Zusätzlich ermöglicht sie uns, einen Teil unseres gesellschaftlichen Engagements noch wirksamer zu gestalten. Das Stiftungskapital von 25 Millionen Franken soll vor allem für Organisationen und Projekte mit Wirkung im Wirtschaftsraum Zürich eingesetzt werden. Hierbei stehen die Themenfelder Gesundheit und Sport, Natur und Ökologie, Soziales, Kunst und Kultur sowie Bildung, Wissenschaft und Forschung im Vordergrund.
Inwiefern spielen bei einer solchen Initiative Kundenbedürfnisse eine Rolle?
Die Bedürfnisse und Werte unserer Kundinnen und Kunden in Bezug auf ihr Vermögen sind sehr individuell. Wir stellen jedoch fest, dass immer mehr Privatpersonen mit ihrem Geld etwas Gutes bewirken wollen: Die Motivation für ihr philanthropisches Engagement ist dabei so vielfältig, wie es unsere Gesellschaft auch ist. Ab einer Million Franken kann eine Unterstiftung effizient mit einem individuellen, gemeinnützigen Zweck gegründet werden, bei der die Dachstiftung die Geschäftsführung sowie Stiftungsräte und ‑rätinnen stellt. Kundinnen und Kunden, die eine eigene Stiftung – sinnvoll ab zehn Millionen Franken – gründen möchten, werden von unserem spezialisierten Team beraten.
Wann kann die erste Unterstiftung eröffnet werden?
Der operative Start der ZKB Philanthropie Stiftung ist für Frühherbst 2024 vorgesehen. Als moderne und digitale Stiftung arbeiten wir eng mit unserer Partnerin StiftungSchweiz zusammen, um eine digitale Anfrage und Bearbeitung zu ermöglichen. Gesuche können somit noch effizienter bearbeitet und Entscheide der Stiftung noch schneller erwirkt und kommuniziert werden. Wir freuen uns sehr, dass wir mit Dr. Joëlle Pianzola eine ausgewiesene Expertin gewinnen konnten, die ab Ende August 2024 die ZKB Philanthropie Stiftung als Geschäftsführerin leiten wird.
Seit wann bietet die Zürcher Kantonalbank Dienstleistungen im Stiftungsbereich?
Bereits seit 2018 haben wir ein spezialisiertes Team im Private Banking, welches Stiftungen und Non-Profit-Organisationen umfassend berät und begleitet.
Seit April sind Sie Präsidentin des Verwaltungsrates von StiftungSchweiz. Was erwarten Sie vom Start-up?
Ebenfalls 2018 hat sich die Zürcher Kantonalbank an StiftungSchweiz beteiligt. Wir möchten mit unserem Engagement dazu beitragen, dass dank StiftungSchweiz der Sektor künftig noch sichtbarer wird und wir digitale Lösungen entwickeln, die es allen Stakeholdern erlauben, sich effizient und effektiv philanthropisch zu engagieren.
Ist das philanthropische Engagement die Weiterführung einer nachhaltigen Anlagestrategie?
Auf dem Weg in eine nachhaltigere Zukunft setzen wir als Bank auf zwei Hebel: Einerseits fördern wir neue Nachhaltigkeits- und Klimainnovationen, beispielsweise durch unsere Start-up-Finanzierung und Private-Equity-Lösungen. Andererseits begleiten wir Firmen- und Privatkundinnen und ‑kunden mit unseren nachhaltigen Angeboten im Anlage- und Finanzierungsgeschäft. Unser philanthropisches Engagement ist insofern eine logische Weiterführung des nachhaltigen Angebots der Zürcher Kantonalbank. Für unsere Kundinnen und Kunden ist es vor allem eine Möglichkeit zur effizienten Verwirklichung ihrer eigenen philanthropischen Ideen.
Wie werden die Sponsoringaktivitäten für Kultur, Bildung und Sport mit den neuen Engagements der Stiftung zusammenspielen?
Die über 400 Engagements der Bank werden unabhängig von der Fördertätigkeit der Stiftung eingegangen. Dementsprechend wird die Zürcher Kantonalbank, nebst ihrem Stiftungsangebot, auch weiterhin eine wichtige Sponsoring-Partnerin bleiben.
Gibt es keine Verschiebung hin zur Nachhaltigkeit?
Im Rahmen unserer Beratungsgespräche für Anlagen erfassen wir sowohl die finanziellen Ziele als auch die Nachhaltigkeitspräferenzen der Kundinnen und Kunden systematisch. In unseren Lösungen berücksichtigen wir unterschiedliche Nachhaltigkeitsaspekte, streben damit aber keine direkte gesellschaftliche Wirkung im Sinne eines Impact-Investings an. Wir stellen jedoch ein zunehmendes Interesse unserer Kundinnen und Kunden an Nachhaltigkeitsthemen fest. Grundsätzlich steht der Vermögenserhalt oder die Gewinnmaximierung nicht im Widerspruch mit einem wertebasierten Anlageansatz.
Zur Weihnachtszeit führen Sie für Ihre Kundinnen und Kunden jeweils eine grosse Spendenaktion durch. Wie funktioniert diese?
Die Idee für die Spendenaktion zu Weihnachten entstand im Frühling 2020. Anstelle von klassischen Weihnachtsgeschenken sollten unsere Kundinnen und Kunden ein Präsent erhalten, das sinnhaft ist und die Werte unserer Bank verkörpert. Gemeinsam mit StiftungSchweiz haben wir daraufhin die Aktion «Spenden und Schenken» entwickelt: Ausgewählte Kundinnen und Kunden erhalten zu Weihnachten einen Gutschein, mit dem sie eine wohltätige Stiftung oder einen gemeinnützigen Verein unterstützen können – finanziert durch die Zürcher Kantonalbank. Die Aktion war ein grosser Erfolg, weshalb wir sie beibehalten und weiterentwickelt haben. Letztes Jahr konnten unsere Mitarbeitenden Organisationen vorschlagen und darüber abstimmen, welche berücksichtigt werden sollen.
Eine partizipative Aktion …
Genau. Wir sind von Vorschlägen der Mitarbeitenden überhäuft worden und hatten die Qual der Wahl. Letztes Weihnachten konnten unsere Kundinnen und Kunden aus 21 Stiftungen wählen. Natürlich werden wir die Aktion auch dieses Jahr wieder mit Freude durchführen.
Der Kanton Zürich hat sich dazu entschieden, den Stiftungsstandort zu stärken und die Rahmenbedingungen zu verbessern. Sehen Sie weiteren Handlungsbedarf?
Der Kanton Zürich hat Anfang Februar 2024 mit Klarstellungen zur Gemeinnützigkeit einen wichtigen und richtigen Schritt zur Steigerung der Attraktivität des Kantons als Stiftungsstandort gemacht. Wir können davon ausgehen, dass mit der angemessenen Entschädigung von Stiftungsräten die Professionalisierung des Sektors voranschreitet. Gefreut hat mich vor allem, dass mit der angepassten Steuerpraxis unternehmerische Fördermethoden wie Darlehen oder Beteiligungen einfacher möglich sind. Ausserdem wird nun die Auslandtätigkeit von Stiftungen mit dem gleichen Massstab gemessen wie die Inlandtätigkeit. Zwingenden weiteren Handlungsbedarf sehe ich derzeit nicht. Es muss sich zeigen, wie die neuen Vorgaben in der Praxis umgesetzt werden.
Wie konkurrenzfähig ist der Stiftungsstandort Zürich international?
Mit den hervorragenden Universitäten und Hochschulen ist der Kanton ein wichtiger Forschungsstandort. Dies ist für viele Stiftungen zentral. Aber auch die politische Stabilität oder die hohe Lebensqualität sind wichtige Faktoren. Mit den unternehmerischen Fördermethoden, die nun auch für gemeinnützige Stiftungen möglich sind, gewinnt Zürich international an Attraktivität. Ich gehe davon aus, dass grosse Stiftungen vermehrt einen Sitz im Kanton in Erwägung ziehen.
Sie persönlich engagieren sich als Stiftungsrätin bei der Hasler Stiftung – eine Herzenssache?
Absolut. Es ist mir ein grosses persönliches Anliegen, dass die Schweiz bei Wissenschaft und Technologie auch in Zukunft eine führende Stellung innehat und dass sich mehr Frauen in diesem Bereich engagieren. Mit der Förderung von Informations- und Kommunikationstechnologien leistet die Hasler Stiftung einen wichtigen Beitrag dazu. Unter anderem sprechen wir Stipendien und unterstützen Start-ups sowie Professuren. Die Stiftung führt eine Förder- und eine Finanzkommission. Die Förderkommission wählt die Themen aus; die Finanzkommission, in der ich Mitglied bin, kümmert sich um die Finanzen respektive um das Stiftungsvermögen. Es ist sehr bereichernd, gemeinsam mit den inspirierenden Persönlichkeiten in den Gremien das Engagement voranzutreiben sowie meinen Zugang zur Stiftungswelt zu vertiefen. Die Hasler Stiftung gibt es schon lange. Sie kann auf einen breiten Erfahrungsschatz aufbauen und mit einem zukunftsgerichteten, relevanten Zweck – und ausgestattet mit genügend Kapital – noch lange viel bewirken.