Der grosse Saal im Verkehrshaus Luzern war voll. Praktisch jeder Sitz war besetzt. 350 Anwesende aus dem Nonprofit- und Stiftungssektor kamen aus der ganzen Schweiz Mitte November an die grosse ProFonds-Tagung. Von Jahr zu Jahr steigt das Interesse. Die Tagung hat sich zum eigentlichen Treffen der gemeinnützigen Branche entwickelt. In seiner Begrüssung wies François Geinoz, Präsident der proFonds auf die Relevanz des Stiftungssektors für die Schweiz hin. Die hohe Stiftungsdichte sei eine grosse Chance, betonte er. Gewichtige Stiftungen wie IKRK oder WWF haben ihre Wurzeln in der Schweiz. Er forderte die anwesenden Vertreterinnen und Vertreter, Philanthropinnen und Philanthropen auf, wie bis anhin «nicht nur Steine zu behauen sondern Kathedralen zu bauen».
Jakob Kellenberger, ehemaliger Staatssekretär und Präsident (bis 2012) des IKRK eröffnete mit einer eindrücklichen Rede. Er legte dar, wie sich die Arbeit beim IKRK in den letzten Jahren entwickelt hat. Die Konflikte seien länger und vielschichtiger geworden, die Welt insgesamt viel unvorhersehbarer. Damit verbunden sei heute das Sicherheitsmanagement eine der grössten Herausforderungen. Ein wichtiger Teil der Veranstaltung folgte anschliessend mit der Information zu den politischen und rechtlichen Entwicklungen im 2019. Christoph Degen und Sebastian Rieger, die Juristen der proFonds Geschäftsstelle zeigten auf, wie sie sich in den vergangenen Monaten gegen Regulierungen gewehrt haben, welche die Arbeit der Stiftungen erheblich erschwert hätten.
Zwei Podien trugen zum lebendigen Stiftungstag bei: Das erste behandelte das Thema «Umwelt- und Klimaschutz eine globale Herausforderung». Christian Stamm, Präsident der Stiftung Praktischer Umweltschutz Schweiz (PUSCH), Stephen Neff, CEO der Stiftung myclimate und Nicole Clot, Expertin bei Helvetas erläuterten ihre langjährigen und erfolgreichen Projekte. Diese sind allesamt breit abgestützt und seit vielen Jahren auch von Stiftungen unterstützt. Nichtsdestotrotz braucht es Jahr für Jahr einen grossen Effort für das Fundraising. Den «Öffentlichen Medien unter Druck» widmete sich das zweite Podium. Die Digitalisierung verändert die Medienwelt grundlegend. Herkömmlichen Medien brechen die Werbeeinnahmen weg. Die Marketinggelder fliessen zu Informationsplattformen wie Google und sozialen Medien wie Facebook und LinkedIn. Weil der Zerfall des Medienmarktes noch relativ jung ist, gibt es erst wenige Stiftungen, die sich der Medienunterstützung annehmen. Professor Mark Eisenegger erläuterte die Ergebnisse des neusten und zehnten «Jahrbuch Qualität der Medien», ein durch Stiftungsgelder gefördertes Projekt. Neue Initiativen, wie higgs.ch oder die «Stiftung Wissen für alle» bemühen sich, dem Medienzerfall und dem damit verbundenen Demokratieverlust entgegenzuwirken. Beat Glogger, Gründer von higgs.ch, Stefanie Bosshard, Geschäftsleiterin des Dachverbands der Schweizer Jugendparlamente und Mark Eisenegger diskutierten über die Schwierigkeiten der Mittelbeschaffung für Projekte im Medienumfeld.
Nachdem Franziska Juch, Leiterin Fundraising der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi aufgezeigt hatte, wie sie hierarchiefrei und mit neuen Zusammenarbeitsmodellen den Kostenaufwand für die Stiftung reduziert zeigten Marco Solari, Präsident des Fimfestival Locarno und Peter Rothenbühler, Journalist und Buchautor in einem witzigen verbalen «Pas de deux» auf, dass «Stiftung und Kultur» ein Traumpaar sind. Der Dialog führte die Anwesenden durch die Geschichte des Filmfestivals Locarno. Er beschrieb, wie der Anlass im Laufe der Jahre dank Stiftungsfinanzierung zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor für das Tessin geworden ist. Passend war es an einem Tessiner, mit einem letzten Höhepunkt das Programm zu schliessen. Aussenminister Ignazio Cassis nahm die Chance wahr, dem Publikum seine aussenpolitische Vision AVIS 28 darzulegen.
proFonds ist der schweizerische Dachverband der gemeinnützigen Stiftungen und Vereine aller Tätigkeits- und Finanzierungsformen. Gegründet wurde er 1990 und zählt heute rund 470 Mitglieder. Der Verband vermittelt Fachwissen mittels Newsletter und einer praxisorientierten Schriftenreihe. Er führt Fachtagungen durch und unterhält kostenlose Arbeitskreise. Zudem berät er zu allen stiftungs- bzw. gemeinnützigkeitsrelevanten Fragen.