The Philanthropist: Dieses WochenÂende ist Ostern. Welche Rolle spielt das Fest für ihre Sammeltätigkeit?
Bernd Nilles: Die FastenÂzeit ist für uns sehr wichÂtig. Es hat TradiÂtion. Seit über 60 Jahren sammeln wir in dieser Zeit vor Ostern. Die Menschen orgaÂniÂsieÂren SammelÂakÂtioÂnen. Wir nutzen die Zeit aber auch zur SensiÂbiÂliÂsieÂrung. Neben dem GeldÂsamÂmeln gehört es zu unseÂren drei AufträÂgen, die Menschen in der Schweiz für die Probleme in der Welt zu sensibilisieren.
Und was ist der dritte Auftrag?
Wir machen gesellÂschaftÂliÂche und poliÂtiÂsche Vorschläge, wo wir mögliÂche VerbesÂseÂrunÂgen sehen. All das machen wir nicht nur, aber insbeÂsonÂdere stark in der FastenÂzeit durch die ÖkumeÂniÂsche Kampagne.
Sie sind ein HilfsÂwerk der Katholik*innen. Welche BedeuÂtung hat der christÂliÂche Glaube für Ihre Spender*innen?
Für viele Spender*innen ist er releÂvant. BeispielsÂweise erfahÂren wir UnterÂstütÂzung in GottesÂdiensÂten. Aber uns unterÂstütÂzen auch über 50’000 EinzelÂperÂsoÂnen, zudem Kantone und Bund, ebenso GemeinÂden und StifÂtunÂgen. Diese haben verschieÂdene MotiÂvaÂtioÂnen. Wir sind auch ausserÂhalb der Kirche bekannt. Das ist toll.
Wir sind zwar christÂlich motiÂviert, aber unsere Arbeit ist neutral.
Bernd Nilles, GeschäftsÂleiÂter Fastenaktion
Worauf schliesÂsen Sie das?
Wir sind zwar christÂlich motiÂviert, aber unsere Arbeit ist neutral. Wir arbeiÂten auch in musliÂmiÂschen Ländern und mit den unterÂschiedÂlichsÂten ProjektÂpartÂnern. Wenn wir mit einer OrgaÂniÂsaÂtion im Süden zusamÂmenÂarÂbeiÂten, ist es entscheiÂdend, dass sie das Problem am besten lösen kann und nicht ob sie christÂlich ist. Auch in der Schweiz spüren wir, dass dies den Menschen wichÂtiÂger ist. Sie legen Wert darauf, dass eine OrgaÂniÂsaÂtion transÂpaÂrent ist und dass sie das ZEWO-Siegel hat. Spender*innen wollen wissen, wohin ihr Geld fliesst und was sie damit bewirken.
Ihr reforÂmierÂter PartÂner ist HEKS, Brot für alle. Wie funkÂtioÂniert die Zusammenarbeit?
HEKS, Brot für alle und die FastenÂakÂtion haben mit der ÖkumeÂniÂschen KampaÂgne stark zur Ökumene in der Schweiz beigetraÂgen. Wir konnÂten damit die ZusamÂmenÂarÂbeit der Kirchen in der Schweiz fördern. Es ist eine tolle Geschichte, dass die beiden grössÂten Kirchen in der Schweiz bei der ArmutsÂbeÂkämpÂfung im globaÂlen Süden zusamÂmenÂsteÂhen. Wir wollen dies auch in Zukunft weiter vorantreiben.
Einen Schritt in die Zukunft hat die FastenÂakÂtion zum JahresÂbeÂginn mit einem neuen Namen – zuvor FastenÂopÂfer – und einem neuen Logo gemacht. Wie sind die Reaktionen?
Ich war posiÂtiv überÂrascht. Wir haben nach 60 Jahren das Logo geänÂdert. Da hätte ich mehr kritiÂsche RückÂmelÂdunÂgen erwarÂtet. NatürÂlich gab es solche. Doch es waren wenige. Das neue Logo und der neue Name stosÂsen auf grosse Akzeptanz.
Was glauÂben Sie, war der Grund für die gelunÂgene Umstellung?
Mein Gefühl ist, dass viele Menschen darauf gewarÂtet haben. Es wirkt jetzt jünger und agiler. Im Zentrum steht die Aktion und nicht das «Opfer». PosiÂtiv wurde aufgeÂnomÂmen, dass der Claim «GemeinÂsam Hunger beenÂden» den Kern unseÂrer Aktion wiederÂgibt. GleichÂzeiÂtig haben wir darauf geachÂtet, dass die WiederÂerkenÂnung bleibt.
Wurde im Logo das Kreuz zu einer Person angepasst?
Jeder kann dies anders interÂpreÂtieÂren. Wer Jesus am Kreuz sehen will, sieht dies weiterÂhin. Aber wir haben das Logo so weiterÂentÂwiÂckelt, dass jemand ohne grosse christÂliÂche VerbunÂdenÂheit einen Menschen erkennt. Das spieÂgelt unsere Arbeit wider: Der Mensch steht im Zentrum. Der unterÂbroÂchene Kreis steht symboÂlisch für die ungeÂrechte Welt; durch Kriege, KlimaÂkaÂtaÂstroÂphen oder Menschenrechtsverletzungen.
Das «Fasten» tragen Sie weiterÂhin im Namen. War auch dies in Frage gestellt?
Wir haben es tatsächÂlich überÂprüft. Dabei stand das AnlieÂgen im VorderÂgrund einen Namen zu finden, der in allen SprachÂreÂgioÂnen funkÂtioÂniert. Aber wir hatten keinen befrieÂdiÂgenÂden Vorschlag, der in allen SprachÂreÂgioÂnen funkÂtioÂniert hätte.
Welche BedeuÂtung hat die FastenÂzeit heute noch?
Nach meiner EinschätÂzung ist fasten in unseÂrer GesellÂschaft posiÂtiv besetzt, nicht nur in christÂliÂchen KreiÂsen. Es wird weniÂger mit EntbehÂrung denn mit KonsumÂkriÂtik verbunÂden. Mir scheint, wir sind an einem WendeÂpunkt. Die Idee des christÂliÂchen Fastens geht auf die ganze GesellÂschaft über.
Es wird weniÂger mit EntbehÂrung denn mit KonsumÂkriÂtik verbunden.
Bernd Nilles, GeschäftsÂleiÂter Fastenaktion
Sie sind als StifÂtung orgaÂniÂsiert. Was ist der Vorteil?
Wir haben starke Gremien. Sie gewährÂleisÂten eine gute FunkÂtioÂnaÂliÂtät. WichÂtiÂger aber als die jurisÂtiÂsche Form ist die VernetÂzung. Wir sind nicht isoliert unterÂwegs. Wir sind in starÂken AlliÂanÂzen eingeÂbunÂden, bspw. in AlliÂance Sud. Und vor zwei Jahren haben wir eine grosse AlliÂanz, SufoÂsec, für nachÂhalÂtige ErnähÂrungsÂsiÂcheÂrung gegründet.
Seit 61 Jahren engaÂgiert sich die FastenÂakÂtion gegen den Hunger. Sind die HerausÂforÂdeÂrunÂgen heute kompleÂxer geworden?
Die KlimaÂkrise ist eine grosse HerausÂforÂdeÂrung, gerade für ärmere RegioÂnen. Sie bringt Hunger, Flucht und Not. Wir halten mit unseÂren MöglichÂkeiÂten dageÂgen. Was sich gezeigt hat ist, dass Kleinbäuer*innen mit einer nachÂhalÂtiÂgen LandÂwirtÂschaft besser auf den KlimaÂwanÂdel reagieÂren als Bauern, die auf HochÂleisÂtungsÂsorÂten setzen. Mit unseÂrer ProjektÂarÂbeit fördern wir AgrarÂökoÂloÂgie und sichern damit den Zugang zu Nahrung.
Wo sehen Sie den grössÂten Hebel, den die Schweiz im Kampf gegen die Armut und den Hunger einsetÂzen kann?
PotenÂzial hat sie noch bei den AusgaÂben für die EntwickÂlungsÂzuÂsamÂmenÂarÂbeit. Die UNO defiÂniert das Ziel, dass ein Land 0,7 Prozent des BrutÂtoÂnaÂtioÂnalÂeinÂkomÂmens für die EntwickÂlungsÂhilfe einsetÂzen sollte. Die Schweiz liegt bei knapp 0,5 Prozent – was zu wenig ist. Die Schweiz leisÂtet auch einen Beitrag gemäss interÂnaÂtioÂnaÂlen KlimaÂverÂeinÂbaÂrunÂgen, damit EntwickÂlungsÂlänÂder MassÂnahÂmen gegen den KlimaÂwanÂdel ergreiÂfen können. Diesen finanÂziert die Schweiz aus dem Beitrag für EntwickÂlungsÂhilfe. Meiner Meinung nach sind das aber AusgaÂben, die zusätzÂlich geleisÂtet werden müssten.
Die Schweiz kann zusätzÂlich posiÂtiv Einfluss nehmen, wenn sie klimaÂneuÂtral wird, SteuÂerÂflucht aus ärmeÂren Ländern verhinÂdert und bei HandelsÂbeÂzieÂhunÂgen mit diesen Ländern darauf besteht, dass diese fair sind und auch die ÄrmeÂren in diesen Ländern profitieren.