Das Poten­zial des Umbruchs

Die Medienlandschaft hat sich dramatisch verändert. Sterbende Regionalmedien lassen Landesteile ohne unabhängige Berichterstattung zurück. Branchen wie Kultur und Forschung erhalten kaum mehr Raum. Für die Philanthropie eröffnet dieser Umbruch neue Handlungsfelder.

Die Digi­ta­li­sie­rung prägt die Medi­en­land­schaft, fordert sie heraus, hat sie in mancher Hinsicht auch zersetzt. Sie verän­dert die Arbeits­weise der Journalist:innen und bringt eine Viel­zahl neuer Konkur­renz­an­ge­bote ins Infor­ma­ti­ons­uni­ver­sum. Vor allem aber hat sie die bewähr­ten Finan­zie­rungs­mo­delle versenkt. Und viele Zeit­schrif­ten, Zeitun­gen und die abhän­gige Druck­bran­che mit in die Tiefe geris­sen (vgl. S. 39). Doch es gibt auch heute Medi­en­häu­ser, die gutes Geld verdie­nen – auch wenn sie dieses nicht mehr in den Jour­na­lis­mus inves­tie­ren. Dies offen­bart die eigent­li­che Frage­stel­lung: Wer soll Jour­na­lis­mus künf­tig bezah­len? Und weshalb?

Kompo­nente der demo­kra­ti­schen Ordnung

Weshalb? Der Jour­na­lis­mus ist die vierte Gewalt im Staat. Er ist demo­kra­tie­re­le­vant. Journalist:innen infor­mie­ren bei Abstim­mun­gen und Wahlen, sie decken auf, und haken nach und schaf­fen eine gemein­same Infor­ma­ti­ons­ba­sis für die Meinungs­bil­dung. Dies beruht auf der Prämisse, dass die Bevöl­ke­rung eine demo­kra­ti­sche Gesell­schaft sein will. Dies aller­dings wird heute in Frage gestellt: Die Wahlen in den USA und auch die Entwick­lung in vielen euro­päi­schen Nach­bar­staa­ten zeigen, dass ein gemein­sa­mes Verständ­nis dazu keine Selbst­ver­ständ­lich­keit mehr ist. Rechts­po­pu­lis­ti­sche Strö­mun­gen fordern die kultu­rell gewach­se­nen demo­kra­ti­schen Struk­tu­ren heraus. Demo­kra­tie stär­kende Kräfte können sich nicht darauf beschrän­ken, zu zeigen, was eine funk­tio­nie­rende Demo­kra­tie braucht. Der Jour­na­lis­mus als vierte Gewalt muss erklä­ren, weshalb für unsere Gesell­schaft Demo­kra­tie die rich­tige Staats­form ist. Das ist eine Heraus­for­de­rung. Dies kann nur funk­tio­nie­ren, solange es eine Medi­en­viel­falt gibt. Digi­ta­li­sie­rung, Social Media und KI bieten dabei neue Möglich­kei­ten, die jour­na­lis­ti­sche Grund­ab­de­ckung auf eine solide Basis zu stel­len. Gerade für regio­nale und lokalste Bericht­erstat­tun­gen bieten sie kosten­güns­tige Möglich­kei­ten. Sie ermög­li­chen eine Alter­na­tive zu einem unifor­men Infor­ma­ti­ons­an­ge­bot einer von Medi­en­kon­zen­tra­tion gepräg­ten Medi­en­land­schaft. Hier braucht es inno­va­tive, enga­gierte Medienunternehmer:innen wie We.Publish und Pola­ris. Doch auch diese Modelle kosten.

Quali­tät kostet

Wer Medi­en­viel­falt und unab­hän­gi­gen Jour­na­lis­mus will, muss bereit sein, dafür zu zahlen. Dazu gehö­ren Verlage, die mit Platt­for­men Gewinne erzie­len, ebenso wie die Konsument:innen. Wie viel der Staat beitra­gen soll, wird aktu­ell in der Poli­tik disku­tiert. Geht man von einer funk­tio­nie­ren­den Demo­kra­tie mit einer vier­ten Gewalt aus, steht dieser in der Pflicht. Gewisse Kantone sehen das so. Unter­neh­men, KMU und NPO müssen sich fragen, wo und wie sie präsent sein wollen. Sie alle sind auf einen einord­nen­den, zuver­läs­si­gen Jour­na­lis­mus ange­wie­sen. Auch für die Phil­an­thro­pie eröff­nen sich Hand­lungs­fel­der. Wer gemein­nüt­zig enga­giert ist, sollte die Förde­rung ganz­heit­lich denken. Dies gilt nicht nur für Projekte, die konkret die Stär­kung der Demo­kra­tie bezwe­cken. Die Frage gilt ebenso für Förder­ge­biete wie Kultur und Forschung. Ihre gesell­schaft­li­che Rele­vanz lebt auch von der Rezep­tion. Etwas hat erst statt­ge­fun­den, wenn es in der Zeitung stand. Ein Thea­ter oder eine Ausstel­lung oder bahn­bre­chende Forschungs­er­geb­nisse entfal­ten ihre volle Wirkung für die Gesell­schaft erst durch die jour­na­lis­ti­sche Bericht­erstat­tung. Hier ist die Phil­an­thro­pie gefordert. 

Stif­tun­gen  sind engagiert

Stif­tun­gen sind sich dieser Aufgabe bewusst. Einige wenige sind heute schon aktiv in der Medi­en­för­de­rung. Der Media Forward Fund ist dieses Jahr mit einem beacht­li­chen Förder­vo­lu­men von neun Millio­nen Euro gestar­tet. Die Initiant:innen möch­ten noch mehr Mittel einsam­meln. Die Förder­al­li­anz beab­sich­tigt, einen gemein­wohl­ori­en­tier­ten Jour­na­lis­mus und bereits funk­tio­nie­rende Formate in der Wachs­tums­phase zu unter­stüt­zen. Stif­tun­gen können Medien am Leben halten – wie die Stif­tung Aven­ti­nus, die in der Roman­die 2021 das Medium «Le Temps» von Ringier Axel Sprin­ger Schweiz über­nom­men hat. Oder sie können einzelne Projekte fördern. Die Fonda­tion Liliane, Rosa­lie et Robert Jordi pour le jour­na­lisme in Colom­bier vergibt Stipen­dien für eine vertiefte Recher­che­ar­beit. Auch andere Fonds fördern gezielt einzelne Repor­ta­gen, wie der Journa­FONDS. Die Gebert Rüf Stif­tung hat zusam­men mit der Fonda­tion Leen­aards im vergan­ge­nen Herbst den Inno­va­ti­ons­fonds für multi­me­dia­len Jour­na­lis­mus lanciert. Als Schwer­punkt des «Scientainment»-Programms setzt sich die Initia­tive zum Ziel, multi­me­diale Formate im Schwei­zer Jour­na­lis­mus stär­ker zu veran­kern. Der Fonds ist mit einer halben Million Fran­ken dotiert. 

Fokus Medi­en­kom­pe­tenz 

Den Wert von Jour­na­lis­mus wieder erken­nen: Dazu braucht es Medi­en­kom­pe­tenz. Im Rahmen des Scien­tain­ment-Programms unter­stützt die Gebert Rüf Stif­tung das Projekt PUMAS. Dieses bietet Schu­len Medi­en­wo­chen oder ‑tage. Sie ermög­li­chen es den Schüler:innen, ihre Medi­en­kom­pe­tenz zu stär­ken in einer Welt, in der eine Viel­zahl von Medi­en­ka­nä­len Fake News genauso attrak­tiv darstel­len wie Fakten. Weil solche Kanäle einfach und gratis zugäng­lich sind, ist die Medi­en­kom­pe­tenz der jungen Bürger:innen heraus­ge­for­dert. Doch es reicht nicht, falsche Infor­ma­tio­nen als solche zu benen­nen. Es geht darum, den Wert sorg­fäl­tig recher­chier­ter Fakten wieder zu erken­nen. Jour­na­lis­mus funk­tio­niert nicht ohne inter­es­sierte Leser:innen, Hörer:innen und Zuschauer:innen. Am Ende sind die Konsument:innen gefragt. 

StiftungSchweiz engagiert sich für eine Philanthropie, die mit möglichst wenig Aufwand viel bewirkt, für alle sichtbar und erlebbar ist und Freude bereitet.

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