Dennis Bühler. Bild: Marina Joss / Cédric Sulser

Das Geschäfts­mo­dell der Schwei­zer Medien funk­tio­niert nicht mehr

Dennis Bühler ist Bundeshaus- und Medienredaktor beim Onlinemagazin «Republik». In einem Watchblog protokolliert er seit Jahren die Entwicklung der Schweizer Medienlandschaft – und attestiert ihr desolate Zukunftsaussichten. Wir haben Dennis Bühler einige Fragen zum Zustand seiner Branche gestellt.

Die Medi­en­viel­falt in der Schweiz nimmt ab, es gibt immer weni­ger Zeitungs­ti­tel, Redak­tio­nen werden zusam­men­ge­legt und Stel­len gestri­chen. Was sind die Folgen dieser Medi­en­kon­zen­tra­tion?
Wenn die Medi­en­viel­falt sinkt, nimmt der Wett­be­werb unter den Redak­tio­nen ab. Doch eine gesunde Konkur­renz ist wich­tig, damit die Medien die Kontroll­funk­tion wahr­neh­men können, die ihnen als vierte Gewalt im Staat zukommt.

Laut eurem Watch­blog «Chro­no­lo­gie der Schwei­zer Medi­en­kon­zen­tra­tion» fielen allein in den letz­ten zwei Jahren über 560 Stel­len von Medi­en­schaf­fen­den weg. Dazu kommen fast 350 Stel­len bei Drucke­reien, die aufgrund von Aufla­ge­rück­gän­gen und Zusam­men­le­gun­gen von Zeitungs­ti­teln gestri­chen werden. Wie sehen Sie den Stel­len­ab­bau in den Redak­tio­nen?
Der massive Stel­len­ab­bau der letz­ten zwei Jahre zeigt, dass das Geschäfts­mo­dell der Medien nicht mehr funk­tio­niert: Inse­rate und Klein­an­zei­gen sind zu inter­na­tio­na­len Tech-Gigan­ten wie Google sowie zu Markt­plät­zen wie Ricardo abge­wan­dert, gleich­zei­tig hat die Anzahl Print­le­ser dras­tisch abge­nom­men – und die Zahlungs­be­reit­schaft der Schwei­zer Bevöl­ke­rung für Online­jour­na­lis­mus verharrt seit Jahren auf sehr tiefem Niveau: Gemäss dem Digi­tal News Report von Reuters sagen nur gerade 17 Prozent , sie hätten im vergan­ge­nen Jahr für Online­jour­na­lis­mus Geld ausge­ge­ben. Die Gross­ver­lage reagie­ren auf diesen struk­tu­rel­len Wandel stra­te­gie­los: Ihnen fällt nichts ande­res ein, als zu sparen, wodurch die Quali­tät des Ange­bots weiter abnimmt.

Für Themen auf natio­na­ler und inter­na­tio­na­ler Ebene fallen diese Entwick­lun­gen weni­ger ins Gewicht, da fast immer alter­na­tive Infor­ma­ti­ons­an­ge­bote zur Verfü­gung stehen. Was aber sind die gesell­schaft­li­chen Auswir­kun­gen der Reduk­tion an regio­na­len Zeitungs­ti­teln und News-Ange­bo­ten?
Auf kommu­na­ler und kanto­na­ler Ebene sind die Folgen von poli­ti­schen Entschei­dun­gen für die gesamte Bevöl­ke­rung direkt spür­bar. Deshalb ist es auf diesen Staats­stu­fen beson­ders wich­tig, dass sich Bürge­rin­nen und Bürger infor­mie­ren können, bevor sie über Sach­fra­gen abstim­men sowie Parla­mente und Regie­run­gen wählen. Einen offe­nen, unvor­ein­ge­nom­me­nen Diskurs gewähr­leis­ten ledig­lich Medien, die mit einer mit den notwen­di­gen perso­nel­len und finan­zi­el­len Ressour­cen ausge­stat­te­ten Redak­tion vor Ort präsent sind. Studien aus ande­ren Ländern zeigen, dass Korrup­tion und Intrans­pa­renz wach­sen und die Kluft zwischen Arm und Reich grös­ser wird, wenn es vor Ort keine oder fast keine Jour­na­lis­tin­nen mehr gibt.

Einen offe­nen, unvor­ein­ge­nom­me­nen Diskurs gewähr­leis­ten ledig­lich Medien, die mit einer mit den notwen­di­gen perso­nel­len und finan­zi­el­len Ressour­cen ausge­stat­te­ten Redak­tion vor Ort präsent sind.

Dennis Bühler, Bundes­haus- und Medi­en­re­dak­tor beim Online­ma­ga­zin «Repu­blik»

In den letz­ten zehn Jahren hat sich die Anzahl von Zeitungs­ti­teln in der Schweiz von 304 auf 245 verrin­gert, das entspricht einem Rück­gang um 20 Prozent. Haben Print­zei­tun­gen über­haupt noch eine Zukunft in einem digi­ta­li­sier­ten Zeit­al­ter?
Es wird so lange Print­zei­tun­gen geben, wie der mit ihnen zu erzie­lende Ertrag die Ausga­ben mini­mal über­trifft: So lange also die Einnah­men von Inse­ra­ten und Abon­ne­ments höher sind als die Kosten für Druck, Vertrieb und eine – klein gesparte – Rumpf­re­dak­tion. Jede Print­zei­tung hat ihr eige­nes Ablauf­da­tum, doch es ist anzu­neh­men, dass sich die Anzahl Zeitungs­ti­tel in den nächs­ten zehn Jahren erheb­lich stär­ker redu­zie­ren wird als in den letz­ten zehn Jahren, dass es in der Schweiz also schon bald weni­ger als 200 Zeitun­gen geben wird. Doch auch im digi­ta­len Bereich ist der Erfolg alles andere als garan­tiert. Klar ist: Mittel­fris­tig über­le­ben Redak­tio­nen nur, wenn es ihnen gelingt, mit Online­jour­na­lis­mus Geld zu verdie­nen, oder wenn sie vom Staat oder durch Stif­tun­gen substan­zi­ell unter­stützt werden.

Wie schät­zen Sie gene­rell den Zustand der Medi­en­land­schaft in der Schweiz ein?
Die Schwei­zer Medien befin­den sich in einer tief­grei­fen­den struk­tu­rel­len Krise. Noch ist ihre Quali­tät nicht so schlecht, ihre Zukunfts­aus­sich­ten aber sind deso­lat. Die Frage, wie das Medi­en­an­ge­bot auf allen Staats­ebe­nen erhal­ten und verbes­sert werden kann, muss drin­gend öffent­lich verhan­delt werden – noch aber haben leider weder die Poli­tik noch die breite Bevöl­ke­rung die Zeichen der Zeit erkannt.

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