Mit dem Schweizer Stiftungsbarometer werden jährlich Stimmungen, Strategien und Trends in der Schweizer Stiftungslandschaft erhoben und die Dynamiken im Schweizer Stiftungssektor sichtbar gemacht. Der Auftakt erfolgte 2019 in Kooperation mit der Zürcher Kantonalbank und proFonds, dem Dachverband gemeinnütziger Stiftungen.
Langjährige Trends
Nach vier Ausgaben ist klar: Viele der aufgezeigten Stimmungsbilder und Tendenzen sind anhaltender Natur. Die grössten Herausforderungen des Sektors sind und bleiben die Finanzierung und Suche nach Förderpartnern, gefolgt von der Schaffung von Aufmerksamkeit für die gemeinnützigen Aktivitäten und Projekte. Hansjörg Schmidt, Leiter Key Clients Stiftungen bei der Zürcher Kantonalbank:
«Uns freut, dass der Trend zu digitaler Kommunikation sich bestätigt, ebenso jener zu nachhaltiger Anlage des Stiftungsvermögens.»
Auch ein Dauerbrenner: der Wunsch nach weniger Bürokratie. Die Anteile der Stiftungsräte, die Spesen (32 Prozent) oder ein Honorar (18 Prozent) beziehen, sind ebenfalls stabil.
Aus Umfrage wird Panel
Diese Ausgangslage spornt an: Das Stiftungsbarometer ist bereit für das nächste Kapitel. Aus der Umfrage wird ein Panel, zu dem alle Nonprofits und Funders herzlich einladen werden. Voraussetzung ist ein (kostenloses) Profil auf stiftungschweiz.ch und eine vollständig ausgefüllte Statistiksektion, die Daten zum Stiftungsvermögen, zu den investierten Förder- oder Projektmitteln und zu den aktuellen thematischen Schwerpunkten enthält.
Ein Panel hat gegenüber der Umfrage zwei grosse Vorteile. Einerseits reduziert sich der Aufwand für die teilnehmenden Organisationen deutlich, da die Vorjahresdaten kopiert und angepasst werden können. Andererseits sind feingliedrige Auswertungen möglich.
Die erste Durchführung wird begleitet von einer wissenschaftlichen Gruppe mit Vertreter:innen der Universitäten Basel, Bern und Genf, zu denen auch Dominik Meier vom Basler Center for Philanthropy Studies zählt:
«Das Panel schafft präzisere Daten – ein Fortschritt, der Vertrauen erfordert.»
Individueller Benchmark
Ohne eine solide Datenlage sind auch statistische Aussagen zum Sektor nicht tragfähig. Lucía Gómez Teijeiro vom Genfer Centre en Philanthropie erläutert:
«Durch den neuen Ansatz verbessert sich die Datenlage zur Schweizer Philanthropie markant – vorausgesetzt, es machen genügend Teilnehmer:innen mit.»
Eine Teilnahme soll sich deshalb lohnen: Neben der statistischen Auswertung zum Sektor ist ein individueller Benchmark Report geplant, der teilnehmenden Organisation zeigt, wo sie in der Schweizer Philanthropie steht, wer ihre Alliierten sind oder sein könnten und wo Handlungsspielräume und Förderlücken liegen. Das Projekt wird gestartet, sobald 300 Organisationen beim Panel mitmachen – auf die Plätze, fertig, los!
Schon heute blicken wir in die Zukunft und präsentieren drei Spezialauswertungen, die in die Tiefe gehen (siehe rechte Seite). Hansjörg Schmidt: «Die Details zeigen spannende Entwicklungen. Und das ist erst der Anfang.» Das neue Panel erlaubt es, künftig noch schneller auf Trends zu reagieren, verlässliche Daten zu erheben und den gesellschaftlichen Beitrag der Philanthropie überzeugend aufzuzeigen.
Künstliche Intelligenz auf dem Vormarsch
Auch die Philanthropie nutzt zunehmend die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz (KI), wobei Funders deutlich vorsichtiger und skeptischer ans Werk gehen als Nonprofits. Neben Effizienzgewinnen liegt die Hoffnung auf der Entwicklung neuer Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen. Das eben erschienene Routledge Handbook on AI & Philanthropy, das von der Fondation Botnar ermöglicht wurde, zeigt konkrete Perspektiven auf. Siddhartha Jha, AI und Digital Innovation Lead bei Botnar: «Schrittweise lernen wir, was KI für die Philanthropie leisten kann und was die Philanthropie für die KI tun kann.»
Vollständige Auswertung online: thephil.ch/24ki
Fachkräftemangel im Nonprofit-Sektor
Die parallel auch von der Carleton Universität in Ottawa, Kanada, durchgeführte Befragung zeigt, dass die Schweiz und Kanada vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Gleichzeitig macht sie markante Unterschiede im Stellenmarkt zwischen Nordamerika und der Schweiz sichtbar. Laetitia Gill, Co-Studiengangleiterin an der Universität Genf: «Während eine erfolgreiche Besetzung in Kanada primär an der Lohnvorstellung der Kandidat:innen scheitert, spüren wir in der Schweiz auch im Nonprofit-Sektor den Fachkräftemangel.» In beiden Märkten gleichbedeutend ist die Digitalisierung: Mehr als die Hälfte aller neu besetzten Positionen erwarten starke digitale Kompetenzen.
Vollständige Auswertung online: thephil.ch/24fach
Digitalisierung scheitert an Kosten
Erstmals untersuchte das Stiftungsbarometer den sogenannten Gesuchsweg: Nimmt eine Stiftung Gesuche weiterhin per Post an, oder steht ausschliesslich ein digitaler Gesuchseingang offen? Digitale Lösungen sind auf dem Vormarsch. In 70 Prozent der Fälle heisst das aber: PDF-Formular herunterladen, ausfüllen und per E‑Mail einreichen, nur 30 Prozent der Befragten haben digitale Systeme im Einsatz. Interessant ist dabei: Die grösste Hürde liegt aus Sicht der Förderorganisationen bei den zu hohen Kosten dieser Systeme. Erst an zweiter Stelle folgt die «fehlende Readiness im Stiftungsrat».